Lehrstellenbarometer – Neue Zahlen, ähnliche Problematik

Auch dieses Jahr hat das SBFI wieder das Lehrstellenbarometer erhoben. Trotz den neuen Zahlen zeigt sich, dass sich grundsätzlich nicht allzu viel verändert hat. Im Jahr 2016 ist das Angebot an Lehrstellen mit 94‘500 fast gleich geblieben. Auch dieses Jahr blieben wieder 10‘000 Lehrstellen unbesetzt, am meisten im verarbeitenden Gewerbe. Dort ist der Anteil vergebener Lehrstellen aller Branchen wie schon im Vorjahr am niedrigsten, allerdings mit einem Rückgang auf 72%.

LehrstellenbarometerDoch trotz der vielen offenen Lehrstellen finden auch dieses Jahr wieder viele Jugendliche keine Lehrstelle. Wie der Tagesanzeiger berichtet fallen zwei Drittel der freien Lehrstellen auf Bau, Handel, Schönheitsgewerbe, Elektrizität und Gastgewerbe. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Laut dem Artikel liegt es teilweise aber an den mangelnden schulischen Grundforderungen, aber teilweise auch an den tiefen Löhnen. Ein entscheidendes Kriterium für Jugendliche, um sich gegen eine bestimmte Lehre auszusprechen.

Bei den beliebtesten Lehrstellen zeigt sich indes ein relativ ähnliches Bild wie in den Jahren zuvor. Die KV-Lehre gehört nach wie vor zu den gefragtesten, aber auch Ausbildungen in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Informatik erfreuen sich grösster Beliebtheit.

Den Lohn alleine als Indikator für die unbesetzten Lehrstellen zu nehmen, ist aber nicht möglich. Im Gegenteil, die Baubranche z.B. kämpft besonders in urbanen Gebieten um jeden einzelnen Lernenden und das obwohl sowohl Lehrgehalt wie auch die Einstiegsgehälter und die Weiterbildungsmöglichkeiten nach der Lehre absolut top sind.

Viele Länder – Das gleiche Problem

Doch das Ranking widerspiegelt nicht einfach ein schweizerisches Problem. Ein Blick nach Deutschland zeigt das gleiche Bild. Laut einem Bericht der Zeit sind in Deutschland über 24‘000 Ausbildungsberufe unbesetzt. Dabei schafft es in Deutschland mittlerweile bereits jedes dritte Unternehmen nicht mehr alle Lehrstellen zu besetzen. Dies liege vor allem auch an einer zunehmenden Akademisierung, da viele Schüler lieber noch ein paar Jahre bis zur Fachhochschulreife oder dem Abitur dranhängen. Auch in Deutschland unterscheidet sich die Beliebtheitsskala nicht entscheidend, von derjenigen in der Schweiz. Klassische kaufmännische Berufe erfreuen sich ebenfalls grösster Beliebtheit.

Gestiegene Anforderungen erschweren den Einstieg ins Berufsleben

Die Anforderungen an junge Menschen vor dem Eintritt in das Berufsleben wachsen aber gleichzeitig auch stetig. Die Kriterien, die sie erfüllen müssen, damit Sie überhaupt eine Chance haben sich erfolgreich auf eine Lehrstelle zu bewerben, sind immens. Viele Lehrbetriebe verlangen heutzutage von den Jugendlichen bereits sehr gute Fremdsprachenkenntnisse, wenn möglich gleich in mehreren Sprachen. Solche Kriterien finden sich mittlerweile auch bei Ausschreibungen von Firmen, die nicht mal überregional tätig sind. Nebst Mehrsprachigkeit sind aber bei vielen Lehrstellen auch gute Computerkenntnisse gefordert wie z.B. stilsicherer Umgang mit Microsoft Office. Eine gute Schulbildung ist sowieso Grundvoraussetzung. Oftmals werden eine Matura oder zumindest 12 Schuljahre verlangt oder sogar bevorzugt. Durch die gestiegenen Anforderungen finden viele Lehrbetriebe keine Bewerbenden, die überhaupt alles Gewünschte erfüllen können. Anstatt diese allenfalls zu überdenken und vielleicht mal einem jungen Menschen eine Chance zu geben, der vielleicht nicht die besten Noten hat, aber vielleicht sehr viel Talent und Wissbegierde mitbringt, wird dieser Platz lieber gleich gar nicht besetzt.

Unattraktive Lehrstellen

Damit aber die sogenannt unattraktiven Lehrstellen an Beliebtheit gewinnen, gibt es durchaus Massnahmen und Aktionen. Viele Betriebe wie auch Verbände investieren bereits hohe Summen in die Vermarktung von Lehrstellen, aber auch um neue Wege in der Ausbildung zu gehen. In Anbetracht der tausenden freien Lehrstellenplätze hat es aber nicht die gewünschte Wirkung. Doch um wieder junge Menschen davon begeistern zu können, diesen tollen Tätigkeiten nach zu gehen, ist wohl auch der Staat gefordert. Denn man kann die Fachkräfte nicht herzaubern, auch nicht mehr aus dem Ausland. Sie müssen ausgebildet werden. Dazu muss aber auch ein Umdenken stattfinden, denn seit Jahren wirbt der Staat dafür endlich mehr Lehrplätze zu schaffen. Doch die Anzahl ist ja augenscheinlich nicht das Problem. Es hätte ja anscheinend mehr als genug. Nur nicht genug von den Beliebten. Doch wir brauchen auch in Zukunft tausende von Fleischfachleuten, Landwirte, Maurern, Köche, Bäcker, Restaurantionsfachleute usw.

Doch nach den grossen Bemühungen seitens der Wirtschaft das Problem in irgendeiner Form zu lösen, wäre da nun sicherlich auch der Staat mal mit einem konkreten Vorschlag gefordert. Ein Thema, dass dieser sicherlich angehen muss, ist die Diskriminierung am Arbeitsplatz. Es gibt nach wie vor auch Jugendliche, die keine Lehrstelle finden auf Grund Ihrer Herkunft, auf Grund von Diskriminierung. Es darf nicht sein, dass Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, obwohl es geeignete Bewerbende gäbe.

JANZZ.jobs auch für die Lehrstellensuche.

Natürlich haben auch wir von JANZZ kein Patentrezept gegen unbesetzte Ausbildungsplätze und wir können auch nicht 100 Fleischfachmänner/-frauen auftreiben, aber gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz kann unsere Technologie was machen. Sie setzt nämlich konsequent auf das anonyme Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität. Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Lernende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.

Ebenfalls stellen wir allen Menschen unter 25 Jahren unsere Plattform kostenlos zur Verfügung. So stellen wir unser Knowhow und Können im Jobmatching, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zur Verfügung.

Wir freuen uns so über jede Lehrstelle, die dank unserer Technologie besetzt werden konnte. Hoffentlich findet sich auch bald eine gute Lösung, damit wir nicht jedes Jahr zum Lehrstellen-Start einen ähnlichen Blog verfassen müssen. Allen jungen Erwachsenen, die in die Lehre und somit in den Berufsalltag gestartet sind, wünschen wir viel Erfolg und Spass bei der Arbeit.

Arbeitsmarkt Ü65: Rüstig statt rostig – Pensionierte, die eigentlich gar keine sind.

Wer am Tag des 65igsten Geburtstags morgens zur Arbeit erscheint, dem fallen von Weitem bereits die Geschenke und Dankeskarten auf dem Schreibtisch ins Auge. Der Chef hält noch kurz eine kleine Dankesrede und die langjährige Empfangsdame verdrückt ein Tränchen und der Schreibtisch wird langsam leergeräumt und steht bereit für den Nachfolger. Zeit zu gehen – Zeit einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen: die Rente. Doch ist dem wirklich so? Ein Bericht des Spiegel’s zeigt immer wie weniger. Das statistische Bundesamt teilte im besagten Artikel mit, dass der Anteil der 65 bis 69-Jährigen an Erwerbstätigen sich von 2005 bis 2015 mehr als verdoppelt hat, von 6,5 auf 14,5 Prozent. Als erwerbstätig gilt übrigens jeder, der mindestens eine Stunde pro Woche arbeitet.

Desweiteren geht aus den Zahlen hervor, dass deutlich mehr Männer als Frauen über die Rente hinaus arbeiten. Die Zahlen variieren von Region zu Region aber stark. Ein Grund für die regionalen Unterschiede ist die Wirtschaftskraft. In starken Regionen gebe es generell mehr Arbeitsmöglichkeiten – auch für Ältere. Zudem hätten Rentner wegen der höheren Lebenshaltungskosten in den Boomregionen zum Teil auch ein größeres Interesse an einem Job. In anderen EU-Staaten liegt der Prozentsatz der Erwerbstätigen über 65-Jährigen sogar deutlich höher. In Estland etwa beträgt der Prozentsatz demnach fast 30 Prozent, in Schweden fast 22 Prozent, in Großbritannien rund 21 Prozent. Im EU-Durchschnitt arbeiteten im vergangenen Jahr fast zwölf Prozent der über 65-Jährigen.

Das alte Eisen rostet noch lange nicht.
Was an der Statistik aber deutlich hervor geht: Je gebildeter ein Rentner ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie sich auch noch nach dem Renteneintritt weiter im Beruf engagiert. Das habe auch damit zu tun, dass höher Gebildete oft Tätigkeiten nachgingen, die keine starke körperliche Belastung mit sich bringen, und dass sie in ihrem Berufsbild mehr Wahlmöglichkeiten für eine Weiterbeschäftigung nach dem Ende des regulären Berufslebens hätten.

Verlässliche Fachkräfte ohne Risiko
Ein weiterer Fakt wird sicherlich auch sein, dass im Zuge des so viel zitierten Fachkräftemangel solch erfahrene Arbeitskräfte von einmal wieder viel mehr gefragt sind. Viele wechseln auch nach der Pensionierung noch Ihre Stelle oder arbeiten teilzeit oder projektbezogen. Sie sind also eine gute Alternative für Firmen um personelle Engpässe ausgleichen und gleichzeitig von einer Fachkraft profitieren zu können. Dabei haben viele Rentner oftmals sehr moderate Lohnvorstellungen nach Ihrer Pension. Das hat meist einen ganz simplen und sehr entscheidenden Grund. Senioren möchten nach der Pensionierung weiter arbeiten, weil es Ihnen Spass macht.
Doch gilt es leider immer noch gewisse Klischees aus dem Weg zu räumen. Viele Menschen und Unternehmen behaupten nach wie vor, dass man Rentner nicht online rekrutieren kann und es deswegen sehr schwer ist, überhaupt an diese heranzutreten. Dies kann klar widerlegt werden. Eine Statistik aus dem 2015 von Bitkom zeigt, dass die Hälfte der Senioren das Internet aktiv nutzt. 91% der aktiven „Online-Rentner“ verfügt über eine Emailadresse, 57% kauft Waren online ein u.s.w.

Suchen und Finden
Das Tool zur Rekrutierung ist die mehrsprachige Jobmatching-Plattform JANZZ.jobs. Denn das einzigartige Matching von JANZZ ermöglicht einen exakten Abgleich aller relevanten Kriterien in Echtzeit. JANZZ User, sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen suchen nicht mehr – «Suchen» gibt es bei JANZZ nicht. Die Maxime lautet: «Gefunden werden». Die User erfassen die geforderten Informationen wie Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen und das System zeigt in Real Time wer das bietet was Sie suchen und umgekehrt. Zudem berücksichtigt das System auch noch weitere Kriterien wie z.B. Vollzeit- oder Teilzeitpensum, Arbeits-/Einsatzort oder Salärvorstellungen, Aus- und Weiterbildungen sowie Sprachniveau.

Genau weil JANZZ.jobs nicht nur einfach die Tätigkeiten miteinander abgleicht, ist es die perfekte Plattform für Rentner. So können diese eben ihren spezifischen Kompetenzen und Erfahrungen erfassen und diese werden ebenfalls mit dem Gegenüber gematcht. Denn die wenigsten Senioren befinden sich nach Ihrer Pensionierung auf einer klassischen Jobsuche. Sie möchten aber gerne Ihren Erfahrungsschatz einsetzen und weiter geben. Da bringt eine klassische Suche nie ein zufriedenstellendes Resultat. Ein Mehrwert der also nur JANZZ.jobs Ihren Usern bieten kann.

Kommt es auf Grund der erfassten Daten zu einem Match werden beide Seiten automatisch – in einem ersten Schritt anonym – benachrichtigt. Durch das anonyme Matching wird auch die Altersdiskriminierung reduziert, was arbeitswilligen Senioren zusätzlich eine Hilfe sein kann.

Allen anderen Senioren, die sich mit 65 gerne aus dem Berufsalltag zurückziehen und sich an der Pension erfreuen, sei an dieser Stelle auch noch was gesagt. Geniessen Sie es in vollen Zügen 😉

JANZZ Mindsetter – Interview mit Stefan Bürkle

JANZZ Mindsetter überlässt das Wort Persönlichkeiten, die sich zu relevanten Themen rund um HR, Recruiting, Arbeitsmarkt, digitale Transformation, Diskriminierung am Arbeitsmarkt u.v.m. äussern. Mit diesem Blog wollen wir Menschen das Wort geben, die uns eine andere Sicht auf die Dinge vermitteln. Eben Mindsetter.

Stefan Bürkle zum Thema Anonyme Bewerbung

Stefan Bürkle ist geschäftsführender Gesellschafter der Elektrotechnikfirma Bürkle + Schöck. Durch die Einführung von anonymen Bewerbungsverfahren in seiner Firma ist er zum Vorreiter in Deutschlands Personalmanagement geworden.

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Sie setzen mit Bürkle & Schöck auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. In welcher Hinsicht profitieren Sie davon?

Wir profitieren insofern davon, dass wir mehr Bewerbungen bekommen. Es bewerben sich auch Personen, die ansonsten evtl. durch Ihre Noten abgeschreckt sind sich zu bewerben. Wir profitieren auch davon, dass wir keine Person bewusst oder unbewusst diskriminieren.

Was hat sich verändert seit Sie auf das anonyme Bewerbungsverfahren setzen?

Verändert hat sich – außer positiver Rückmeldungen – zumindest Aufwandstechnisch nicht viel. Der Aufwand ist für uns nahezu der gleiche, wie beim klassischen Bewerbungsverfahren. Was doch von Vorteil ist, ist die Reduzierung von sogenannten „Blindbewerbungen“, da wir ja unser Bewerbungsformular ausgefüllt haben wollen. Ein weiterer Vorteil ist eine gewisse Vergleichbarkeit und bessere Strukturierung durch unserer Bewerberformular.

Anonyme Bewerbungsverfahren sorgen für Chancengleicheit. Was müsste passieren, dass Unternehmen flächendeckend darauf setzen?

Ja was müsste passieren. Meiner Ansicht nach muss die Angst vor was neuem genommen werden. Man weiß ja selbst, dass nichts schlimmer ist, als eingefahrene Wege zu verlassen.

Weiterhin sollte erkennbar sein, dass der Aufwand nicht anders ist als bisher. Für kleine Unternehmen sollte es möglichst Stellen – z.B. bei der jeweiligen Innung oder der Handwerkskammer – geben, die den bürokratischen Aufwand händeln und somit minimieren.

Wichtig ist auch, dass die ganze Thematik von „oben“ sprich von der Geschäftsführung klar und bejahend getragen wird. Auch die Mitarbeiter müssen eine Nutzen erkennen, ansonsten ist das ganze Verfahren gleich zum sterben verurteilt.

Bei der heutigen Lage am Ausbildungsmarkt kann ein das anonymisierte Bewerbungsverfahren ein hilfreicher Baustein sein, für die Gewinnung der Fachkräfte von morgen. Auch wenn die Zeugnisse nicht optimal sind, kann doch ein gut ausgebildeter Facharbeiter/Geselle in ein paar Jahren einem gegenüber stehen.

Es gilt – zumindest bei uns – die These: „Es kommt nicht darauf an woher du kommst, sondern wohin du willst.“

JANZZ Mindsetter – Interview mit Juhani Ilmarinen

JANZZ Mindsetter überlässt das Wort Persönlichkeiten, die sich zu relevanten Themen rund um HR, Recruiting, Arbeitsmarkt, digitale Transformation, Diskriminierung am Arbeitsmarkt u.v.m. äussern. Mit diesem Blog wollen wir Menschen das Wort geben, die uns eine andere Sicht auf die Dinge vermitteln. Eben Mindsetter.

Prof. Juhani Ilmarinen zum Thema Alter(n) im Arbeitsmarkt

Juhani Ilmarinen ist Forscher und Experte für Generationen-Management. Er berät Unternehmen zu den Thematiken Alter(n), Generationen, Arbeitsfähigkeit und Wohlbefinden.

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Weshalb kommt es eigentlich überhaupt zur Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt?

Es gibt mindestens drei grosse, grundlegende Gründe für Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz, nämlich:
– Bewusstseinsmangel ums Alter und ums Altern, die weiter zu
– Einstellungsproblemen gegenüber dem/des Alter(n) und zum
– Mangel des fairen Umgangs mit älteren Beschäftigten führen
Jede Generation hat ihre Stärken und Schwächen, die ziemlich unterschiedlich sind. Diese Unterschiede wachsen mit zunehmendem Alter. Beschäftigte 50+ sind sehr heterogen im Vergleich zu 30+ im Bezug auf ihre physischen, psychischen und sozialen Eigenschaften und Fähigkeiten. Die sozialen Fähigkeiten verbessern sich zunehmend mit dem Altern, die meisten psychischen Fähigkeiten bleiben unverändert ( d.h. mentaler Zuwachs), ohne regelmässiges Training nehmen die physischen Fähigkeiten aber ab. Wir können feststellen: Fähigkeiten sind entscheidend, nicht das Alter(n).
Ein besseres Bewusstsein von altersbedingten Änderungen führt zu fairen Einstellungen und zur besseren Umsetzung der Fähigkeiten der Älteren.
Die Arbeitgeber denken bei den Älteren oftmals nur an gesundheitliche Risikos und niedrige Produktivität, dabei sind beide oft reine Mythen. Die Abwesenheitsraten sind im Vergleich zwischen den Generation ungefähr gleich resp. haben direkten keinen Zusammenhang mit dem Alter. Jede Generation kann produktiv sein wenn die Arbeit so gestaltet ist, dass die Stärken der Beschäftigten richtig eingesetzt werden.

Überall ist vom Fachkräftemangel zu lesen. Warum denken Sie, dass trotzdem viele ältere Fachkräfte keine Anstellung mehr finden?

Die Faktoren, die ich schon oben genannt habe, spielen auch hier eine grosse Rolle. Dazu kommen noch Fragen betreffend der Kompetenz. Die Globalisierung, neue Technologie und besonders die Digitalisierung ändern die Arbeitsplätze und Arbeitsprozesse schneller als vielleicht erwartet. Deswegen sind heute IT-Fähigkeiten ein Kompetenzfaktor von grosser Bedeutung, für alle Arbeitnehmenden.

Die jüngeren Generationen haben oft bessere IT-Fähigkeiten als ihre älteren Kollegen. Aus diesem Grunde haben ältere Arbeitskräfte oftmals Einstiegsprobleme in Branchen, die stark technologieorientiert sind. Es ist aber zu bemerken, dass in vielen Dienstleistungen z.B. im Gesundheitswesen oder in der Pflege andere Kompetenzen viel wichtiger sind als IT-Fähigkeiten. In solchen Tätigkeiten spielen die Erfahrung eine grosse Rolle, diese ist eine echte Stärke der Älteren.
Zum Thema Kompetenzen und Fähigkeiten gilt es auch noch zu erwähnen, dass Lernen stets unabhängig vom Altern ist. Jede Generation kann neue Fähigkeiten lernen, Wissen und Kompetenzen ausbauen, oftmals lernen die Älteren einfach anderst, als die Jüngeren.

Didaktisch und pädagogisch angepasste Lernprozesse für Ältere können den Prozess des lebenslangen Lernens aber problemlos sichern. So können auch die Älteren z.B. IT-Kenntnisse genauso beherrschen wie ihre jüngeren Kollegen.

Anonyme Bewerbungsverfahren bei denen z.B. Alter, Herkunft und Geschlecht nicht ersichtlich sind, könnten die Altersdiskriminierung wohl verhindern oder eindämmen. Warum setzen nach wie vor so wenig Unternehmen darauf?

Anonyme Bewerbungsverfahren könnten wenigstens soweit helfen, dass die Bewerber nicht im voraus z.B. wegen Alter aussortert werden. Beim Interview könnten sie ihre Stärken dann besser vorstellen.

Es ist aber offensichtlich, dass der Arbeitgeber bereits bei der Ausschreibung zumindest eine Wunschvorstellung eines Kandidaten hat, respektive was dieser mitbringen sollte. Manchmal ist diese aber aus der Stellenausschreibung nur bedingt ersichlich oder man darf es evtl. vielleicht sogar nicht ausformulieren. Trotzdem hilft es dem Personalverantwortlichen (auch aus Zeitgründen) die Bewerber schnell auszusortieren.

Für viele reicht deswegen der schriftliche Eindruck nicht aus, weil das Aussehen und Verhalten der Bewerber bei gewissen Tätigkeiten eine wichtige Rolle spielt. Die Bereitschaft einem Beruf mit Kundenkontakt nachzugehen oder teamfähig zu sein, kann man besser in einem persönlichen gespräch eruieren. So denken zumindest viele Arbeitgeber.

Insgesamt möchte ich aber klar betonen, dass die mentale Arbeitsfähigkeit der Bewerber wohl viel wichtiger ist, als die einzelnen Faktoren der unterschiedlichen Fähigkeiten. Mit arbeitsfähig meine ich, dass die eigenen Ressourcen wie Gesundheit Kompetenzen, Werte, Einstellung und Motivation gut zur ausgeschriebenen Stelle passen. Oft werden die Bewerber nur nach ihrem „Können“ (Kompetenz und Gesundheit) evaluiert. Dabei werden aber viel wichtigere Faktoren wie Werte, Einstellung und Motivation gänzlich ausser acht gelassen. Dabei können eben mit diesen Faktoren, ältere genauso produktiv und gewinnbringend wie jüngere Arbeitnehmende sein.

Mein Vorschlag wäre, dass das Bewerbungsverfahren auf das Arbeitsfähigkeits-Haus umzustellen.

Juhani Ilmarinen Arbeitsfähigkeitshaus

Prof. Juhani Ilmarinen entwickelte im Jahr 2001 das Modell „Haus der Arbeitsfähigkeit“, welches das Zusammenwirken verschiedener unternehmens-und personalpolitischer Aspekte inhaltlich im Bild eines Hauses mit verschiedenen Etagen vereint.

Warum Bürkle & Schöck der wahre Vorreiter in Deutschlands Personalmanagement ist.

Gast-Blog von Jonas Kiefer, Digital Content Manager JANZZ.Technology

Was wäre unsere Welt schon ohne Helden. In fast jeder Sparte wird der Heldenkult zelebriert, egal ob in grossen Hollywood-Filmen, im Sport usw. Ihre Konterfeis zieren T-Shirts und sonstiges Merchandise, sie werden verehrt und es wird Ihnen nachgeeifert. Natürlich gibt es diese Helden auch in der Wirtschaft. Leader, die sich durch nichts beirren lassen und beharrlich ihren Weg verfolgen, nicht daran glauben, dass gewisse Dinge nicht gehen oder nicht möglich sind. Wer sich auf solch einem Weg befindet, der kann eben auch zum Helden werden wie die uns allen bekannten Beispiele von Steve Jobs, der mit Apple ganze Technologie-Sparten verändert und geprägt hat. Elon Musk, der der ganzen Autoindustrie gezeigt hat, was mit Elektromotoren möglich ist oder Stefan Bürkle, der mit Bürkle & Schöck zum Vorreiter in Deutschlands HR & Recruiting-Welt geworden ist. Ja, Stefan Bürkle. Sie kennen Ihn nicht? Er ist der Geschäftsführer des absolut legendären Familienunternehmens Bürkle & Schöck in Stuttgart und leitet 130 Mitarbeitende.

stefan-bürkle-foto.1024x1024Quelle Xing-Profil Bürkle

Die Website der Elektrotechnikfirma Bürkle & Schöck aber auch die Firmenzentrale in Stuttgart geben die Heldentaten auf den ersten Blick vielleicht nicht frei. Das Traditionsunternehmen überzeugt auch nicht mit hippem Grossraumbüro mit eigenen Fitnessmöglichkeiten oder stylischen Liegemöglichkeiten, in denen man einfach mal kreativ abdriften kann.

bürkleschöckQuelle Website Bürkle & Schöck

Der Braveheart des HR’s scheint also seine wahre Grösse nicht mit viel Bling Bling zeigen zu müssen. Eben ein Held zum Anfassen. Keine Attituden. Und doch ist er ein Held. Ein Held, der sich vielleicht auch ohne es zu wissen von folgendem Zitat hat inspirieren lassen: „Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s einfach gemacht.“ Stefan Bürkle ist eben nicht „Alle“, denn er ist aus einem anderem Holz geschnitzt. Er lässt sich nicht so schnell von seinem Weg abbringen. Denn während alle einfach nur drüber reden, hat er es gemacht. Stefan Bürkle setzt bereits seit 2013 auf das anonyme Bewerbungsverfahren. Das macht Ihn für uns zum Helden des Deutschsprachigen HR & Recruitings. Lasst Ihn uns also mit diesem Blog so
richtig zelebrieren. Er hat es einfach verdient, denn er setzt es nicht einfach nur ein, er macht es auch noch erfolgreich. Dabei haben doch alle gesagt haben, dass dies besonders für kleinere Unternehmen nicht umsetzbar ist, da der Aufwand viel zu gross ist. Sowas bringt einen Stefan Bürkle doch nicht davon ab. Von seinen Heldentaten erzählt er uns, wie wenn es nichts Spezielles wäre in einem Interview mit dem Spiegel. Mit einem Ausschnitt daraus möchten wir Dich (wir dürfen doch Du sagen, oder?), lieber Stefan, gebührend feiern.

KarriereSPIEGEL: Herr Bürkle, wer sich bei Ihnen bewirbt, soll auf keinen Fall ein Foto oder Zeugnis beilegen. Warum nicht?
Bürkle: Wir wollen dadurch mehr und andere Bewerber ansprechen. Wir suchen vor allem Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik und für Energie- und Gebäudetechnik. Jedes Jahr brauchen wir zwei bis vier gewerbliche Auszubildende. Wenn wir mal nur einen finden, stehen wir ein bisschen betröppelt da. Ich habe mir gedacht, dass wir vielleicht auch ein Scheuklappendenken haben. Man schaut ein Bild an und sagt Nein – da verschenkt man Potenziale. Deshalb haben wir gesagt: Wir versuchen es mit der anonymisierten Bewerbung.

KarriereSPIEGEL: Wie läuft die ab?
Bürkle: Die Kandidaten füllen ein Onlineformular aus, mit Angaben zu Motivation, Schulabschluss, Praktika, Ehrenamt und weiteren Kenntnissen. Seit zwei Jahren besetzen wir alle unsere Ausbildungsplätze so, aber auch weitere Stellen im kaufmännischen Bereich. Und von den Bewerbern bekommen wir immer positive Rückmeldungen.

KarriereSPIEGEL: Stellen Sie jetzt andere Kandidaten ein als früher?
Bürkle: Wir haben durchaus Leute eingeladen, die im klassischen Verfahren nicht zum Zuge gekommen wären. Zum Beispiel hatten wir eine Bewerberin mit einer Vier im Hauptschulabschlusszeugnis. In der Berufsschule hat sie dann teilweise Einsen geschrieben. Auch Frauen im mittleren Alter mit Kindern bewerben sich, das gab es früher selten. Kandidaten ausländischer Herkunft hatten wir schon vorher – mehr als 60 Prozent unserer Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund.

Halt einfach ein Held. Und wie es sich für einen richtigen Helden gehört, hat er auch ein prägnantes Motto: „Es ist nicht wichtig, woher der Mensch kommt, sondern wohin er will.“

All das macht Stefan schlicht und einfach zum Braveheart des Deutschsprachigen HR & Recruitings. Ein Vorbild für die meisten Unternehmen, vor allem aber für viele sogenannte Leader und Vorreiter in diesem Sektor. Egal, ob börsenkotiert oder Kleinstbetrieb.

Sie denken jetzt vielleicht, dass dieser Artikel durch seine Überspitztheit gar nicht ernst gemeint ist. Sie irren. Wir erlauben uns einfach die Sache, mal mit etwas Unterhaltung anzugehen. Das darf auch mal sein. In der Sache ist uns das Ganze aber sehr ernst. Das Beispiel zeigt doch eigentlich einfach nur wie schwer sich das HR mit Änderungen tut. Bis jetzt hörte man beim anonymen Bewerbungsverfahren doch immer die gleichen Ausreden. Zu teuer, zu ineffizient, nicht umsetzbar usw. tausend Mal gehört, tausend Mal ist danach wieder nichts passiert. Da braucht es eben Helden des Alltags, die es einfach machen. So einer ist Stefan. Fertig.

Anonyme Bewerbung für mehr Fairness
Was uns an dieser Geschichte gefällt ist nicht nur die Tatsache, dass es jemand gewagt hat, mal auf das anonyme Bewerbungsverfahren zu setzen, sondern dass er auch noch davon profitiert. Denn das Beispiel zeigt eben auch, dass Menschen zum Gespräch eingeladen wurden, die sonst keine Chance gehabt hätten. Das ist der springende Punkt an der ganzen Geschichte. Anonyme Bewerbungsverfahren machen den Arbeitsmarkt fairer. In unserem Blog für das HR & Leadership haben wir dies bereits ausformuliert. Anonyme und automatisierte Bewerbungsverfahren sind ein wichtiger Teil eines faireren Arbeitsmarktes. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Deutschland hat dazu bereits 2010 ein Pilotprojekt lanciert: Unternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, L’Oréal, Procter & Gamble und das Bundesfamilienministerium testeten ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Der Studie zufolge sah die Mehrheit der Personalchefs kein Problem darin, dass diese persönlichen Angaben fehlten. Einige gaben sogar zu, dass sie von Bewerbern im Vorstellungsgespräch überzeugt wurden, die sie ohne das anonymisierte Verfahren gar nicht erst eingeladen hätten. Nach dem Ende des Projektes wollten vier Unternehmen auch künftig Ihre Bewerber ohne Foto und Namen zum Bewerbungsgespräch einladen. Die grossen Unternehmen wie die Deutsche Post, L’Oréal oder die Telekom waren aber nicht dabei: „Unsere Personalstrategie richtet sich eher nach dem persönlichen Eindruck, den wir von einer Person im Vorstellungsgespräch gewinnen. Darauf legen wir mehr wert als auf einen glatten Lebenslauf oder gute Zeugnisse“, sagt Husam Azrak von der Telekom. „Eine anonyme Bewerbung ist da eher hinderlich.“ Im Sinne dieser Aussage waren anonyme Bewerbungen lange kein Thema mehr – z.B. in der Schweiz sind sie es immer noch nicht – bis die Forderung
nach faireren Bewerbungsverfahren in Grossbritannien Ende 2015 wieder aufkam.
Wir von JANZZ haben uns seit Jahren dem Kampf gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt gewidmet. Deswegen setzt die Plattform auch schon von Beginn an auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität.

Anonyme Bewerbungsverfahren
Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Stellensuchende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Diese Technologie steht den Firmen natürlich auch als Cloudlösung zur Verfügung. Doch bis ein Unternehmen eine solche einsetzt, braucht es Leader, die den Arbeitsmarkt fairer machen wollen und die Diskriminierungen am Arbeitsmarkt bekämpfen. Deswegen freut uns die Geschichte von Stefan ganz besonders (nein, bis jetzt setzt er noch nicht auf JANZZ), denn es braucht Menschen die dazu bereit sind Veränderungen voran zu treiben und es einfach zu tun. Das macht manchmal eben nicht die üblichen Verdächtigen zu Vorreitern, sondern eben solche wie Stefan. Nur wird er wohl nicht als Speaker zur nächsten HR Konferenz oder zum nächsten Recruiting-Event eingeladen (sondern halt eben die üblichen Verdächtigen). Deswegen war es an der Zeit Ihn hier mal abzufeiern. Abzufeiern, weil viele von Ihm etwas lernen können. Den Mut Dinge zu verändern. Warum tun Sie es nicht auch?

 

Können/werden Recruiting-Technologien die Arbeitsmärkte direkt und aktiv beeinflussen? Können sie die Märkte z.B. für 50+, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund fairer machen? Teil 9/10

Die Frage hier ist vor allem zwischen können und werden. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass anonyme Bewerbungsverfahren Chancengleichheit im Bewerbungsprozess fördern. Genau das könnten Ontologie basiertes Matching, Parsing und Co. Das heisst, sie könnten Bewerber und Stellen automatisch zusammenführen, ohne dass die Entscheidung über den Bewerber im ersten Schritt durch die zwar erfahrene aber eben auch oft durch Erfahrung gefärbte Sicht eines Menschen getroffen wird. Vor allem für ältere Bewerber, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund kann das ein grosser Vorteil sein. Denn sie haben oft schlechte Karten bei der Bewerbung. Aber wie gesagt, die Frage ist nicht wirklich, ob Technologien, wie ich sie in meiner Reihe vorgestellt habe, den Arbeitsmarkt direkt und aktiv beeinflussen können, sondern vielmehr ob sie es auch werden. Denn das Potenzial für Veränderung ist gross, ebenso aber der Widerstand gegen jegliche Abweichung vom Status Quo im Arbeitsmarkt.

Zudem zeigt sich so etwas wie ein abnehmender Grenznutzen der digitalen Revolution. Während Computer in den 90er und Nuller Jahren zu einer enormen Produktivitätssteigerung beigetragen haben, führen heutige digitale Innovationen nur noch zu einem kleinen Produktivitätszuwachs. Robert Gordon, führender Kritiker der Technologie-Optimisten, erklärt in einem Interview, dass „die wichtigsten Veränderungen durch die Einführung von Computern schon vor langer Zeit stattgefunden haben.“ Er begründet weiter, dass der Einfluss von neuen Technologien auf das Produktivitätswachstum vorbei sei. Wenn es also um die Einführung von Technologien geht, die den Arbeitsmarkt aktiv beeinflussen könnten, wird deren Nutzen immer strikt gegen die Kosten abgewogen. Im Kontext von immer geringeren Nutzen solcher Innovationen steht die Disruption des Arbeitsmarktes durch neue Technologien auf wackeligen Beinen.

erster_schritt-550x367(Bild: istock) Die zentrale Frage: Werden wir wirklich den nächsten Schritt wagen und innovative Technologien den Arbeitsmarkt aktiv beeinflussen lassen? Oder ist der Widerstand zu gross und der zusätzliche Nutzen zu klein?

Anonyme Bewerbung für mehr Fairness

Anonyme und automatisierte Bewerbungsverfahren sind ein wichtiger Teil eines faireren Arbeitsmarktes. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Deutschland  hat dazu bereits 2010 ein Pilotprojekt lanciert: Unternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, L’Oréal, Procter & Gamble und das Bundesfamilienministerium testeten ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Der Studie zufolge sah die Mehrheit der Personalchefs kein Problem darin, dass diese persönlichen Angaben fehlten. Einige gaben sogar zu, dass sie von Bewerbern im Vorstellungsgespräch überzeugt wurden, die sie ohne das anonymisierte Verfahren gar nicht erst eingeladen hätten. Nach dem Ende des Projektes wollten vier Unternehmen auch künftig Ihre Bewerber ohne Foto und Namen zum Bewerbungsgespräch einladen. Die grossen Unternehmen wie die Deutsche Post, L’Oréal oder die Telekom waren aber nicht dabei: „Unsere Personalstrategie richtet sich eher nach dem persönlichen Eindruck, den wir von einer Person im Vorstellungsgespräch gewinnen. Darauf legen wir mehr Wert als auf einen glatten Lebenslauf oder gute Zeugnisse“, sagt Husam Azrak von der Telekom. „Eine anonyme Bewerbung ist da eher hinderlich.“ Im Sinne dieser Aussage waren anonyme Bewerbungen lange kein Thema mehr – in der Schweiz sind sie es immer noch nicht – bis die Forderung nach faireren Bewerbungsverfahren in Grossbritannien Ende 2015 wieder aufkam.

Die Empfindung von Herr Azrak steht dabei für das heutige Paradigma im Recruiting: Es „menschelt“ eben trotz vieler guter Technologien und innovativer Ansätze immer noch sehr. Die Idee, den Menschen nicht auf ein paar Stichworte in seinem CV reduzieren zu wollen, ist ja auch lobenswert, und Maschinen sind sicher nicht in der Lage, alle Facetten einer Bewerbung zu erkennen. Doch ebenso sollten die Vorteile von automatisierten Verfahren im Arbeitsmarkt nicht aufgrund dieser Ansicht voreilig abgeschrieben werden. Carole Egger von der Hay Group erklärt in einem Interview die Ablehnung gegenüber Recruiting-Technologien zum Beispiel so: „Es fehlt das Know-how zu automatisierten Verfahren. Daraus resultiert oftmals eine skeptische Grundhaltung gegenüber innovativen Recruiting-Technologien.“ Zudem sind die Einstellungsprozesse oft nicht genügend standardisiert, um gewisse Arbeitsschritte zu automatisieren. Insofern hatten Projekte wie das Pilotprojekt in Deutschland bisher einen schweren Stand und konnten kein Umdenken im Arbeitsmarkt herbeiführen.

Chancengleichheit – ein vielschichtiges Problem

Eine offene Einstellung gegenüber solchen Technologien und innovativen Verfahren wäre aber umso wichtiger, wenn man den Einfluss von Chancengleichheit bei der Stellenbesetzung auf den Erfolg eines Unternehmens betrachtet. Klaus F. Zimmermann ist Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit und glaubt, dass Unternehmen sogar aus ökonomischer Sicht von anonymisierten Bewerbungsverfahren profitieren: „Firmen, in denen Junge und Alte in Teams zusammenarbeiten, in denen die interkulturelle Kompetenz von Einwanderern klug genutzt wird und junge Mütter mehr Förderung und Unterstützung erfahren, sind insgesamt produktiver als andere. Diese Organisationen stehen somit im Ergebnis besser da.“ Eine Studie von EY zeigte zudem auch, dass Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Frauen in der Geschäftsleitung einen um bis zu 6 Prozent höheren Reingewinn erzielen können. Mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen sollte also ganz oben auf der Liste stehen und dennoch läuft der Stellenmarkt wie gewohnt weiter, von Disruption kaum etwas zu spüren.

Das mag auch daran liegen, dass es schwierig ist zu sagen, wie man denn Chancengleichheit schafft: Anonyme Bewerbungsverfahren sind nur eine Möglichkeit und werden an sich schon sehr unterschiedlich interpretiert. Eine anonyme Bewerbung meint oft einfach nur eine Bewerbung ohne Foto und Namen. Doch um wirklich ohne Vorurteile die besten Bewerber herauspicken zu können, müssten alle Informationen der offenen Stelle und der Lebensläufe miteinander abgeglichen werden. Das kann nur ein ontologiebasiertes Matching. Denn nur ein solches Vorgehen beseitigt auch tiefergreifende (unbewusste) Vorurteile. Professor Tsay vom University College London zeigt zum Beispiel, dass wir ein „Naturalness Bias“ haben, ein unbewusstes Vorurteil zugunsten von Naturtalenten und gegen Menschen, die sich Ihre Fähigkeiten durch Fleiss erarbeitet haben. Zudem gibt es auch Lösungen, die ganz woanders ansetzen. Zum Beispiel das Unternehmen Unitive von  Laura Mather, das sich für bessere Stellenanzeigen einsetzt. So haben Studien gezeigt, dass die Sprache, die in Inseraten verwendet wird, oft nur ein Geschlecht anspricht. Ihre Software bietet eine automatische Kontrolle von Stellenanzeigen, um diese ausgewogen zu formulieren und so eine möglichst diverse BewerberInnen-Gruppe anzusprechen. Unitive bietet zudem auch ein Tool, das „Unconscious Bias“ (auf Deutsch „unbewusste Vorurteile“) bei der Auswertung des Bewerbungsgespräches vermindern soll. Zum Beispiel soll verhindert werden, dass Ivy League Universitätsabschlüsse begünstigt werden. Die Ansätze, die darauf zielen, mehr Chancengleichheit zu schaffen, reichen also vom Schreiben eines Stelleninserates über eine erste Bewerberauswahl bis hin zum Bewerbungsgespräch.

Um wirkliche Chancengleichheit zu schaffen, müsste sich der Mensch eigentlich komplett aus dem Einstellungsprozess herausnehmen. Der Computer, der ohne Vorurteile bewertet, müsste den ganzen Prozess, vom Schalten der Stellenanzeige bis zur Einstellung, umspannen. Doch das soll und wird nie passieren. Über die in einer Anzeige beschriebenen Parameter hinaus macht ja auch das zwischenmenschliche Gespür und die Einschätzung eines Kandidaten, die Qualifikationen des HR aus. Der Computer könnte aber in jedem Fall eine Art „Check and Balance“ bieten, also eine Kontrolle und ein Gegengewicht gegenüber der oft unbewusst getrübten Sicht des Menschen. Wie beschrieben, sind es aber vor allem die Willigkeit des HR, solche Technologien zu nutzen und deren Grenznutzen, die darüber entscheiden, ob solche Technologien den Arbeitsmarkt auch wirklich beeinflussen werden.

Mensch gegen Maschine – Automatisierung der Bewerbungsverfahren

Die digitale Revolution hat das HR und auch das Recruiting bereits seit geraumer Zeit erfasst, ja vielleicht sogar teilweise überschwappt. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. Doch viel wichtiger als die Menge wäre der richtige Einsatz, damit aus Technologie, die Ihnen helfen sollte gewisse Schritte zu automatisieren, nicht noch mehr Aufwand resultiert. Wir möchten uns in diesem Blog auf die Automatisierung im Bewerbungsprozess beschränken.

Trotz all der Automatisierung können wir aber das Duell Mensch gegen Maschine schon vorentscheiden. Ohne Mitwirkung des Menschen wird es und soll es nicht gehen. Fakt ist aber, dass bereits heute die richtigen Technologien und Tools das HR und das Recruitment gewinnbringend unterstützen und damit die Transformation zu einer weiterreichenden Automation initiiert haben. Genau zu diesem Thema, mit dem Schwerpunkt auf die Bewerbungsverfahren, hat die Zeit ein höchst interessantes Interview mit Christoph Beck, Professor an der Hochschule Koblenz für Human Ressource Management, geführt. Wir möchten in diesem Blog gewisse Fragen aus dem Interview herausnehmen und diese noch ergänzen, respektive aus unserer Sicht kommentieren.

Thema Bewerbungsmanagementsysteme

ZEIT Campus: Mit solchen Systemen können Bewerber automatisch vorsortiert werden, zum Beispiel in eine A-Gruppe mit vielversprechenden Kandidaten, eine B-Gruppe, aus der man Nachrücker rekrutiert, und eine C-Gruppe für Bewerber mit geringen Aussichten.

Beck: Im Grunde ist das nichts Neues, nur dass es früher Menschen gemacht haben. Wenn für eine Stelle viele Bewerbungen eingingen, wurde bei der Erstsichtung pro Mappe nicht mehr als eine Minute verwendet. Dabei hat man auf dieselben Schlüsselkriterien geachtet, die auch jetzt herangezogen werden.

ZEIT Campus: Welche Kriterien sind das?

Beck: Das kommt auf das Unternehmen und auf die Stelle an. Meist geht es um ganz grundlegende Dinge wie zum Beispiel den Studienabschluss und bestimmte Fähigkeiten wie etwa Sprachkenntnisse. Das Anforderungsprofil der Stelle wird mit dem Bewerberprofil abgeglichen. Personaler sprechen von der sogenannten Matching-Qualität. Sie sollte möglichst hoch sein.

ZEIT Campus: Ein Beispiel, bitte.

Beck: Wenn man einen Anästhesisten sucht, will man keinen Orthopäden. Wenn jemand fließend Englisch sprechen muss, weil er mit Kunden in New York verhandeln wird, reicht es nicht, wenn er das nur mäßig kann, dafür aber perfekt Spanisch beherrscht. Und wenn man für eine Stelle Erfahrungen im Projektmanagement mitbringen soll, ist es nützlich, wenn man so etwas schon einmal gemacht hat. Die Fähigkeiten, die man braucht, um den jeweiligen Job gut zu machen, sollten also so stark wie möglich mit dem zusammengehen, was der Bewerber mitbringt. Diese sogenannte Passung ist einfach enorm wichtig, damit der Bewerber hinterher im Berufsalltag gut zurechtkommt.

Herr Beck nennt eine der wichtigsten Punkte überhaupt: die Matching-Qualität. Diese stellt heute bei vielen automatisieren Prozessen ein sehr grosses Problem dar. Denn Mismatches sorgen für einen höheren Aufwand seitens der Personaler oder je nachdem auch dafür, dass geeignete Bewerber aussortiert werden. Joachim Diercks von Cyquest hat in unserer Interview-Serie JANZZ-Mindsetter die Problematik präzis ausgeführt: „Gutes Matching sorgt ja dafür, dass es weniger Friktionen gibt. Friktionen sind die Ineffizienzen, die bei der Suche nach passendem Kandidaten bzw. der Suche nach dem passenden Job und Arbeitgeber entstehen. Dieser gegenseitige Suchprozess kostet im günstigsten Fall nur Zeit und Energie auf beiden Seiten; im schlimmsten Fall jedoch kostet er sowohl viel Zeit und Energie und gelingt am Ende noch nicht einmal, weil Kandidat, Job und Unternehmen gar nicht zusammen passen – ein Fehler, der leider oft erst im Nachhinein erkannt wird oder sogar gar nicht. Das eine wäre ineffizient, das andere zudem auch noch ineffektiv.“ Genau dort liegt somit auch die grösste Gefahr der Bewerbungsmanagementsysteme zu scheitern und somit auch, dass die Unternehmen der Auswahl durch einen Algorithmus oder wie es die Zeit nennt Maschine zu vertrauen. Dabei ist der erste grosse Fehler oftmals der falsche Einsatz von Technologie. Denn Matching ist nie gleich Matching und erst, wer die Unterschiede wirklich gut kennt, kann diese auch wirklich erfolgreich und vor allem gewinnbringend einsetzen. Es gibt zwei Varianten von Matchings, doch nur eines ist wirklich wirkungsvoll.

Keywordbasiertes Matching/Search

Die keywordbasierte Suche ist die einfachste Form der Suche in grossen Datenmengen. Basis der Suche bildet das eingegebene Keyword, welches dann ohne Berücksichtigung von Bedeutung, Kontext und Synonymen abgeglichen wird. Es ist offensichtlich, dass dies nicht funktionieren kann, oder nur zu einem gewissen Grad. Denn viele Wörter können je nach Kontext komplett unterschiedlich verwendet werden. Das Wort «Manager» ist ein gutes Beispiel für solche Auswüchse: «Sales Manager», «Campaign Manager» und «Office Manager» tauchen alle bei der gleichen Suche auf, haben aber schlichtweg nicht viel miteinander zu tun.

Zudem erkennt die keywordbasierte Suche keine Synonyme oder Bezeichnungen in anderen Sprachen: so sucht sie neben dem «CEO» nicht auch z. B. nach «Geschäftsführer/-in», «Geschäftsleiter/-in» oder «Managing Director» etc. Dafür findet sie Fehltreffer wie z. B. «Assistentin des CEO» oder «Sekretärin des Geschäftsführers». Die keywordbasierte Suche übersieht somit viele potenzielle Resultate und liefert derweil zahlreiche falsche Treffer, was nicht nur Zeit sondern auch Nerven kostet. Damit die keywordbasierte Suche besser funktionieren kann, braucht sie einen Thesaurus, der ihr hilft den richtigen Kontext und passende Zusammenhänge zu erkennen. Damit wären wir aber schon fast beim ontologiebasierten Matching.

Ontologiebasiertes Matching/Search

Das ontologiebasierte Matching stellt nicht den Suchbegriff als solchen, sondern dessen Bedeutung in den Vordergrund. Dies geschieht über einen Thesaurus (Wortnetz) und eine Ontologie (Datenbank). Dort sind die Begriffe nach Bedeutung gruppiert. Bei der Suchabfrage werden so Begriffe nach der korrekten Bedeutung miteinander verknüpft, auch wenn diese nicht mit der «Zeichenkette» übereinstimmen. Zudem werden bei Suchabfragen auch Synonyme und falls gewünscht, auch Bezeichnungen und Begriffe aus anderen Sprachen miteinbezogen. So erscheinen neben dem «Doktor» auch z. B. «Arzt/Ärztin», «Mediziner», «physician» etc. aber keine Fehltreffer wie z. B. «Doktorand/in» (PhD-Student/in) oder «Arzthelfer/in» etc. Der von Herrn Beck genannte klassische Mismatch, kann so also verhindert werden, aber es kann noch mehr.
In den letzten Jahren sind sehr viele, auch traditionelle Berufe z. B. mit allenfalls zeitgemässeren, aber oft im Sprachgebrauch sperrigen und daher kaum benutzten neuen Benennungen versehen. So wurden in den letzten Jahren z. B. aus einem «Mitarbeitenden für Kopien und Archiv» ein «Executive Document Manager» oder aus der «Reinigungsfachkraft» auch einmal eine «Raumveredlerin», um nur einige seltsame Auswüchse heutiger Job- und Berufsbeschreibungen zu nennen. Die ontologiebasierte Suche erkennt beide Ausdrücke, stellt problemlos den Zusammenhang her und kann so die Anzahl der richtigen Suchresultate maximieren.

Eine solche Form des Matchings wird oftmals auch als semantische Suche bezeichnet. Die Ergebnisse und die Präzision von semantischen Such- und Matchingprozessen sind von Umfang und Tiefe, aber natürlich auch von der Qualität und Vollständigkeit des verwendeten Kontext- und Hintergrundwissens, bzw. der verwendeten Ontologie abhängig.

Zukunft: ontologiebasiertes Matching

Sicherlich wird die ontologiebasierte Suche die zukunftsweisende Form sein, weil sie schlicht und einfach viel mehr kann. Denn sie verknüpft Inhalte und nicht Worte, was die Basis für eine erfolgreiche Suche ist. Wer zukünftig auf die ontologiebasierte Suche setzt, wird sich viel Zeit mit dem Durchforsten von unpassenden Suchresultaten sparen. Denn es wird ihm nur noch das Resultat angezeigt, dass auch wirklich inhaltlich zu seiner Suche passt. Ein solches Matching ist aber nicht einfach nur Zukunftsmusik, sondern es könnte bereits heute in Ihrer Firma eingesetzt werden. Sei es als eigene Jobplattform oder eben integriert in ein Bewerbungsmanagementsystem. Sie müssen dafür auch nicht extra eine ganze IT-Abteilung neu aufbauen. Es gibt bereits eine Ontologie, die Sie einsetzen können.

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Welchen Einfluss haben Recruiting-Technologien auf die Wahrnehmung eines Unternehmens als Arbeitgeber? Teil 8/10

Weniger ist manchmal mehr, gilt meiner Meinung nach auch beim Einsatz von Recruiting-Technologien, aber nicht so wie Sie jetzt vielleicht denken. Es kommt nicht so sehr darauf an, wie viel Technologie eingesetzt wird, sondern wie gut diese Technologie ist. Denn wirklich fortschrittliche Technologie fügt sich nahtlos in den Bewerbungsprozess ein und wird so von den Bewerbenden eigentlich gar nicht wahrgenommen. Dennoch stehen viele, besonders in der Schweiz, automatisierten Anwendungen, immer noch sehr skeptisch gegenüber. Wohl auch deswegen, weil zu oft eben nicht wirklich innovative Technologie zum Einsatz kommt und diese in der Tat der Arbeitgebermarke schaden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Vor- und Nachteilen aber auch Risiken, die mit dem Einsatz solcher Technologien verbunden sind.

Lange Wartezeiten bei der Antwort auf eine Bewerbung hinterlassen bei Bewerbenden einen schlechten Eindruck. Aber ebenso der Eindruck, die Bewerbung sei wie in einer Massenabfertigung nur kurz überflogen oder gar von einer Software ausgewertet und aufgrund mangelnder Schlüsselwörter im Lebenslauf aussortiert worden. Für Firmen, die mehrere (zehn)tausend Bewerbungen pro Jahr erhalten, ist es jedoch schwierig, nicht in eines dieser Fettnäpfchen zu treten. Gemäss der Recruiting-Studie 2015 der Hay Group haben bereits 3 von 5 Firmen Schwierigkeiten, aus der Masse an Bewerbungen geeignete Kandidaten herauszufiltern, da sie schlicht zu viele Bewerbungen erhalten. Neben den hohen Kosten für Fehlbesetzungen besteht dabei die Gefahr, der eigenen Employer Brand durch schlechte Rekrutierungsprozesse nachhaltig zu schaden. Für solche Firmen bieten Technologien, wie jene, die ich in meiner Reihe über technologische Trends im HR vorgestellt habe, die Möglichkeit, Rekrutierungsprozesse durch Automatisierung effizienter zu gestalten. Meiner Meinung nach sind aber nur diejenigen Technologien wirklich fördernd, die beim Bewerbenden nicht den Eindruck hinterlassen, sie würden von einer Maschine abgefertigt. Bei wirklich guter Technologie besteht also nicht die Gefahr, der Arbeitgebermarke zu schaden.

Welche Recruiting-Technologien?

Zuerst kurz zur Frage, welche Technologien gemeint sind. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf sogenannte Applicant Tracking Systeme (ATS) oder auch Talent Management Systeme, die Rekrutierungsprozesse automatisieren, sowie Active Sourcing Tools, wie LinkedIn Recruiter. Diese Technologien gestalten die ersten Berührungspunkte zwischen Firma und Bewerbern nämlich entscheidend mit. Schliesslich ist auch bei der Bewerbung der erste Eindruck – also zum Beispiel das Einfüllen und Absenden einer Online-Bewerbung oder die Kontaktaufnahme durch ein Unternehmen – entscheidend.

Candidate Experience und Employer Brand

Meinungen zum Einsatz und Einfluss von automatisierten Rekrutierungsverfahren gehen weit auseinander. Die Münchener Karriereberaterin Madeleine Leitner berichtet der Süddeutsche Zeitung, dass „die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau mit Locken jetzt die Technik so perfekt wie möglich erledigen soll“ und es dabei nur darum gehe „möglichst viele Leute auszusortieren“, da Firmen möglichst wenig Zeit und Geld investieren wollen. Die Karriereberaterin fasst das als schlicht „unwürdig“ für die Bewerbenden zusammen. Demgegenüber kritisiert Carole Egger, Leiterin von Productized Services bei der Unternehmensberatung Hay Group, in einem Interview mit JANZZ.technology, dass das Knowhow zu automatisierten Verfahren fehle, und darum oft eine skeptische Grundhaltung gegenüber diesen bestünde. Nichtsdestotrotz würde der Einsatz solcher Verfahren anderenorts durchaus als positiv wahrgenommen:

„Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente [und andere automatisierte Verfahren] im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als „normal“ angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidaten auf faire Weise vergleichbar macht.“

Bei uns hingegen erfreuen sich solche Verfahren im Moment noch keiner sonderlichen Beliebtheit. Die Candidate Experience Studie 2014 zeigt auf, dass rund jeder 10. Bewerbende lieber ganz auf eine Bewerbung verzichtet, wenn diese nur via Online-Formular möglich ist. Dies mag allerdings, wie Frau Egger sagt, daran liegen, dass standardisierte und automatisierte Bewerbungsverfahren im Gegensatz zum Ausland bei uns noch nicht sehr verbreitet sind. Zudem kommt es natürlich auch darauf an, wie eine Technologie in den Rekrutierungsprozess eingegliedert ist.

Die Gestaltung des Rekrutierungsprozesses hat auf jeden Fall einen grossen Einfluss auf die Firmenmarke. Denn die Candidate Experience Studie 2014 zeigt, dass 80% aller Bewerber Ihre Bewerbererfahrungen im Freundeskreis mitteilen. 25% auch via soziale Medien. Bei den unter 30-jährigen kommuniziert bereits fast jeder Dritte (31,2%) die eigene Bewerbungserfahrung über soziale Medien. Unzufriedene Bewerbende können so nicht nur der Arbeitgebermarke sondern dem Firmenimage als Ganzes schaden.

Der Aktien-Crash von LinkedIn

Wie die Medien berichteten, ist die LinkedIn-Aktie Anfangs Februar an einem einzigen Tag um 44% gefallen. Dabei wurden über 10 Milliarden US-Dollar Kapital vernichtet. Grund für den Fall der Aktie war der schwache Ausblick auf das Jahr 2016, der einen Umsatz von 820 Millionen US-Dollar für das erste Quartal in Aussicht stellte. Analysten hatten im Schnitt mit 850 Millionen gerechnet. Daraufhin korrigierten viele Analysten Ihre Kaufempfehlung. Das Unternehmen, das sein Geld mit der Personalsuche für Firmen (Talent Solutions), Werbung und Gebühren für Premium-Mitgliedschaften verdient, hat seinen Ausblick auf das Jahr 2016 daraufhin nach oben korrigiert.

Doch der Eindruck, dass es mit der Vermarktung der Nutzerdaten an Unternehmen und Recruiter stockt, mag nicht so recht verschwinden. Immerhin häufen sich zunehmend die Beschwerden der Nutzer, sie würden tagtäglich von Recruitern kontaktiert. „LinkedIn hat ein echtes Candidate Experience Problem“, schreibt etwa ein Mitglied. Aber auch Recruiter sind enttäuscht vom Active Sourcing Tool, da ihre Response-Raten auf Kandidatenanfragen oft weit unter Ihren Erwartungen liegen. Auch der immer wieder auf Online-Foren und Blogs ausgetauschte Tipp, man solle die Anfragen doch personalisieren, scheint nur begrenzt zu helfen. Zudem ist es ja auch so, dass sich die Unternehmen so die Mitarbeiter gegenseitig abwerben und so unter dem Schritt wahrscheinlich am Ende nicht viel besser dastehen. So manches Unternehmen überlegt sich daher, ob es noch weiter auf sozialen und professionellen Netzwerken rekrutieren soll. Denn wie sich gezeigt hat, weicht die Effizienz des Rekrutierungstools in der Realität stark von der Theorie ab. Sicherlich sollte die Effizienz solcher Tools wie LinkedIn Recruiter genau ausgewertet und gegen die Gefahr abgewogen werden, manchen potenziellen Mitarbeiter zu verärgern und so dem eigenen Image zu schaden.

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Quelle: Getty Images. Der immens grosse LinkedIn Talentpool ist allzu verlockend. Doch auf die unpersönlichen Anfragen von Headhuntern und HR Abteilungen antworten nur wenige.

Zusammengefasst

Technologien wie Active Tracking Systems und Active Sourcing Tools können durch Automatisierung mehr Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt schaffen, menschliche Fehler reduzieren und die Bearbeitungszeit von Bewerbungen senken. Active Sourcing Tools können zudem viel mehr potenzielle Mitarbeiter auf einmal ansprechen. Dies kann, wie der Fall von LinkedIn andeutet, aber auch dazu führen, Leute durch exzessives Spammen zu verärgern. Daher steht und fällt der erfolgreiche Einsatz von Recruiting-Technologien mit deren Qualität. Um nur eines von vielen möglichen Beispielen zu nennen: Wenn eine Bewerbung auf eine Stelle als Online Marketing Assistent durch einen Keyword basierten Filter automatisch aussortiert wird, weil sie das Wort „SEO“ nicht enthält, dann ist das sowohl ärgerlich für den Bewerbenden als auch ineffizient. Denn nur weil ein Bewerber nicht die Abkürzung SEO verwendet hat, muss er nicht per se ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle sein. Ein Ontologie basiertes Matching Tool hingegen könnte das komplexe Profil des Bewerbenden mit der ausgeschriebenen Stelle abgleichen und so schon zu Beginn ein prozentgenaues Ranking der eingegangenen CVs herstellen. Sie sehen, es kommt wirklich auf die Intelligenz der verwendeten Technologien an.

Absurde Jobbezeichnung – Doch der Vision Clearance Engineer sorgt für Durchblick

In regelmässigen Abständen kursieren im Internet immer wieder die absurdesten Jobbezeichnungen. Spontan kann sich aus diesen Titeln aber wohl kaum jemand was vorstellen oder wissen Sie, was ein Revenue Protection Officer, ein Head of Verbal Communications oder ein Vision Clearance Engineer genau macht?

Sie kennen sie auf alle Fälle, denn mit den meisten werden wir im Alltag doch fast täglich konfrontiert, wie uns dieses kleine Beispiel kurz aufzeigen soll:
Maria ist Domestic Engineer und startet gerne in den Tag mit einer kurzen Unterhaltung mit dem Media Distribution Officer. Heute fällt diese aber ein wenig kürzer aus als sonst, da sie einen Termin mit dem Technical Horticultural Maintenance Officer hat. Noch schnell den Container an die Strasse gestellt, damit es nicht zu spät für den Waste Removal Engineer ist und dann die Kinder zu Ihrem Knowledge Navigator schicken. Nun aber los Richtung Einkaufscenter, denn Sie muss rechtzeitig zurück sein, wenn der Vision Clearance Engineer und die Environment Improvement Technician kommen. In der Tram wird Sie noch vom Revenue Protection Officer kontrolliert und kommt dann endlich im Supermarkt an. Da wartet aber eine böse Überraschung. Viele Regale sind noch leer. Wo sind nur die Stock Replenishment Advisers, wenn man sie braucht, denkt sie sich. Die wenigen Einkäufe schnell einpacken und wieder zurück nach Hause. Sie ruft kurz in der Firma Ihres Mannes an. Die Head of Verbal Communications leitet sie nach einem kurzen Schwätzchen auf sein Mobiltelefon weiter. Er komme über Mittag nicht nach Hause, meint er. Er wäre bereits in der Schlange der Kantine, aber es ginge nur schleppend voran, weil Sie eine neue Nourishment Production Assistant hätten.

Mal ganz im ernst? Unterhalten wir uns bald tatsächlich so? Ich hoffe nicht. Das Beispiel zeigt, dass Englische Jobbezeichnungen durchaus auch verwirren können. Zudem bleibt die Arbeit die Gleiche 😉 Nun möchten wir aber mal die Verwirrung kurz auflösen und den kleinen Text „übersetzen“.

Maria ist Hausfrau und startet gerne in den Tag mit einer kurzen Unterhaltung mit dem Postboten. Heute fällt diese aber ein wenig kürzer aus als sonst, da sie einen Termin mit dem Gärtner hat. Noch schnell den Container an die Strasse gestellt, damit es nicht zu spät für den Müllmann ist und dann die Kinder zu ihrem Lehrer schicken. Nun aber los Richtung Einkaufscenter, denn sie muss rechtzeitig zurück sein, wenn der Fensterputzer und die Putzfrau kommt. In der Tram wird sie noch vom Kontrolleur kontrolliert und kommt dann endlich im Supermarkt an. Da wartet aber eine böse Überraschung. Viele Regale sind noch leer. Wo sind nur die Regalauffüller, wenn man sie braucht, denkt sie sich. Die wenigen Einkäufe schnell einpacken und wieder zurück nach Hause. Sie ruft kurz in der Firma Ihres Mannes an. Die Sekretärin leitet sie nach einem kurzen Schwätzchen auf sein Mobiltelefon weiter. Er komme über Mittag nicht nach Hause, meint er. Er wäre bereits in der Schlange der Kantine, aber es ginge nur schleppend voran, weil sie eine neue Kantinenhilfe hätten.

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Bildquelle srf.ch

Hand aufs Herz. Hätten Sie alle gewusst? Also wir hätten es nicht geschafft. Nun könnte man meinen, dass dies auch nicht wichtig ist, aber es ist es eben doch. Viele Jobs haben heutzutage mehrere Bezeichnungen, obwohl es ein und dieselbe Tätigkeit ist. SRF 3 hat sich in einem Bericht auch dem Thema angenommen.

Es gibt Zehntausende von Jobs auf der Welt schräge und weniger schräge. Doch was heisst schon schräg. Manchmal wird auch einfach nur die Englische Bezeichnung verwendet und diese ist allenfalls nicht so geläufig oder es wird viel weniger danach gesucht. Wird nicht danach gesucht, dann findet man auch niemanden. Denn hier kommen klassische Suchen schlicht an Ihre Grenzen. Wie soll eine Suchmaschine, wenn jemand nach Fensterputzer sucht wirklich wissen, dass es sich um einen Fensterputzer handelt? Das kann Sie nicht. Deswegen brauchen Sie eine intelligente Lösung, die das kann. Genau daran arbeiten wir. Nicht wegen dem Vision Clearance Engineer, denn das sucht wohl so oder so niemand. Nur möchten sie eine technische Lösung haben, die verschiedene Jobbezeichnungen matchen kann, wenn es sich um die gleiche Tätigkeit handelt, auch wenn sie diese manchmal anders genannt wird.

Deswegen finden wir, dass Datenbanken den Anspruch haben müssten möglichst komplett zu sein und somit möglichst viele relevante Parameter beinhalten sollten. Ansonsten erfüllen diese nicht die Anforderungen an den heutigen dynamischen Arbeitsmarkt. Es dürfen also auch solche Tätigkeiten nicht fehlen.

Millionen von Begriffen – eine Datenbank

JANZZon! ist die Ontologie von JANZZ.technology. Diese findet auch Ihre Anwendung auf der Jobmatching-Plattform JANZZ.jobs. Sie ist die heute grösste, mehrsprachige enzyklopädische Wissensdatenbank im Bereich Occupation Data (insbesondere Berufe, Berufsklassifikationen, Fähigkeiten/Kompetenzen, Ausbildungen/Qualifikationen etc.).

Die Datenbank umfasst mehr als 19 Millionen Begriffe, darunter über 100‘000 Berufe/Tätigkeiten. Doch diese Datenbank steht nicht einfach nur den Usern von JANZZ.jobs zur Verfügung. Sie kann von Unternehmen und Organisationen als Cloud-Lösungen genutzt werden. Denn eine immer wiederkehrende und auch wesentliche Frage im Bereich Taxonomien und Ontologien lautet, ob eine eigene Ontologie aufgebaut und unterhalten werden soll oder ob es Sinn macht, eine solche zu einem Zeitpunkt zu kaufen oder einfach nur zu «nutzen». Doch einmal gekaufte Ontologien sind mehrheitlich schon am gleichen Tag bereits wieder veraltet und nicht mehr aktuell. Vor allem wenn sie extrem heterogene und dynamische Wissensgebiete, wie z.B. Berufsdaten abdecken sollen. Die meisten Lösungen sind zudem nicht einmal z.B. für zeitgemässe Anwendungen wir z.B. Job- und/oder Skills-Matching geeignet.

Darum sprechen in fast allen Fällen alle Gründe für eine Lösung wie JANZZon! Mit JANZZon! setzen Sie auf eine sichere, nachhaltige und kosteneffiziente Cloud-Lösung, die Ihnen trotzdem fast alle Optionen für die gewünschten Anwendungen und Einsatzgebiete ermöglicht. Zudem profitieren Sie vom «Wisdom of crowds», von den vielen anderen Nutzern von JANZZon! in unterschiedlichen Sprachen, Branchen und Fachgebieten. Und von deren laufenden Anreicherungen, Updates und Aktualisierungen. Ohne selbst dafür meist umfangreiche Ressourcen bereitstellen zu müssen. Alles innerhalb klar strukturierter Preispläne und abgestimmt auf das Volumen und den Umfang Ihrer Nutzung. Und natürlich arbeitet das mehrsprachige JANZZ-Team täglich daran, neue Begriffe zu erfassen und zu klassifizieren.

Deswegen sind auch alle die obengenannten Bezeichnungen auf JANZZ zu finden, wurden in unserer Datenbank erfasst und mit Ihnen noch viele weitere „schräge“ Berufe. Überzeugen Sie sich am besten selbst vom Potential von JANZZon!

Wie wird Active Sourcing effizient eingesetzt und wie können die richtigen Technologien den Rekrutierungsprozess damit vereinfachen bzw. erfolgreicher machen? Teil 7/10

Am Thema Active Sourcing scheiden sich die Gemüter. Was immer wieder als Trendthema aufgegriffen wird, ist wohl eher alter Wein in neuen Schläuchen. Darum wird es jetzt doch mal Zeit, sich dem Thema etwas ausführlicher anzunehmen. Denn Firmen haben schon immer aktiv potenzielle Mitarbeitende angesprochen. Früher hat man das halt noch meist per Telefon oder über das persönliche Netzwerk gemacht und hat es Direktansprache genannt. Nun wird auf der einen Seite Active Sourcing als Bestatter des „Post and Pray“- Zeitalters und Lösung gegen den immer grösseren Fachkräftemangel proklamiert. Auf der anderen Seite wird kritisiert, dass es dank öffentlich zugänglicher Netzwerke wie LinkedIn und Xing in den Händen von Personalabteilungen immer unprofessioneller betrieben wird, zur Verärgerung von viel gesuchten Fachkräften und zum Schaden der Firmenmarke. Zudem ist Active Sourcing omnipräsent in Fachzeitschriften und HR-Blogs, doch in der Praxis scheint es kaum eine grosse Sache zu sein. Mit über 90 Prozent sind Online-Jobportale dicht gefolgt von der eigenen Karriereseite mit über 80 Prozent die meist verwendeten Recruiting-Kanäle in der Schweiz (Statista 2015). Von den befragten Unternehmen nutzen hingegen nur knapp 30 Prozent Active Sourcing für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Das Stelleninserat, das sowohl auf Karriereseiten als auch auf Jobportalen zu Hause ist, ist somit nach über hundert Jahren immer noch die unbestrittene Nummer eins in der Jagd nach neuen Talenten. Trotz Prophezeiungen wie der von Recruiting Spezialist Jörg Buckmann im Oktober 2013:„Aus ‚Post and Pray‘ wird Active Sourcing“ oder der des Human Resource Managers: „,Post and Pray‘-Recruiting betreiben erfolgreiche Recruiter schon lange nicht mehr“ ist Active Sourcing also immer noch weit davon entfernt, das Stelleninserat zu ersetzen.

Einen Teil der Antwort auf die Frage dieses Beitrages, wie Active Sourcing effizient eingesetzt wird und wie die richtigen Technologien den Rekrutierungsprozess vereinfachen könnten, liegt darin, die Gründe zu verstehen, warum Active Sourcing sich noch nicht durchgesetzt hat und warum es Meinungen derart polarisiert. Da ich in meiner Reihe über technologische Trends im HR schon viel über das Potenzial und die Funktionsweise von neuen Technologien geschrieben habe, will ich mich in diesem Beitrag mehr auf die Rahmenbedingungen konzentrieren, auf die solche Technologien in HR- Abteilungen treffen.

Kurz zum Begriff „Active Sourcing“

Für eine Definition bediene ich mich mal bei Wikipedia: „Active Sourcing steht für alle Massnahmen der Identifizierung vielversprechender Mitarbeiter auf dem externen Arbeitsmarkt, bei denen das Unternehmen aktiv versucht, in persönlichen Kontakt mit potenziellen Bewerbenden und Mitarbeitenden zu treten und eine dauerhafte Beziehung zu den Bewerbenden aufzubauen.“ Dabei sind Social-Media-Kanäle und professionelle Netzwerke wie Xing, LinkedIn und auch Online-Bewerberdatenbanken von besonderer Wichtigkeit.

Warum hat sich Active Sourcing noch nicht durchgesetzt?

Das könnte zum einen daran liegen, dass Firmen manchmal nicht so ganz wissen, wen Sie denn genau einstellen wollen. Denn Stelleninserate werden aufgrund von Floskeln, politisch korrekter Aufgabenformulierung und immer längeren Anforderungsprofilen zunehmend unverständlicher. Wenn man zum Beispiel den Gewinner der Goldenen Runkelrübe 2015, dessen Kandidatenprofil sich über eine ganze A4-Seite erstreckt, mit einem Stelleninserat von 1900 vergleicht, das sich auf 3 Zeilen beschränkt, dann könnte man durchaus zum Schluss kommen, dass die Firmen schon gar nicht mehr wissen, wen sie denn genau suchen. Nur so am Rande, die Goldene Runkelrübe ist ein Preis der unter anderen Henner Knabenreich jedes Jahr an die schlechtesten Stelleninserate verleiht. Beim Active Sourcing ist eine schwammige Zielgruppe ein grosses Problem. Ein gutes Stelleninserat bedingt nämlich die Kürze und Präzision einer Stellenanzeige von 1900. Dies bedeutet wiederum, dass man genau wissen muss, wen man sucht, um geeignete Kandidaten ansprechen und finden und zu können.

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Aber auch wenn man seine Zielgruppe von potenziellen Bewerbenden genau definiert hat, so fehlt es an geeigneten Tools, um die Nadel im Heuhaufen zu entdecken. Zwar gibt es Angebote, wie etwa das von LinkedIn Recruiter, die behaupten, aus einem weltweiten Talentpool genau die passenden Kandidaten heraussuchen zu können. Aber die Suche scheitert bereits an unterschiedlichen Sprachen. Gibt man zum Beispiel Java Entwickler/-in und Java Developer ein, so werden komplett unterschiedliche Ergebnisse geliefert. Im Allgemeinen hat LinkedIn ja auch eher Mühe, passende Resultate zu liefern, wenn man nicht auf Englisch sucht. Auch bei anderen Anbietern wie zum Beispiel dem Talentmanager von Xing oder Online-CV-Datenbanken sieht es nicht besser aus. Könnte es echt daran liegen, dass es nicht wirklich viel Kritik im Netz über die Unzulänglichkeiten solcher Sourcing Tools gibt, weil alle durchs Band hinweg ungefähr gut oder schlecht funktionieren?

Die häufig zu beobachtende Ungewissheit der Personalabteilungen, wen Sie einstellen sollen, und die Fehlerhaftigkeit der Analysetools führen dann dazu, dass viele Mitglieder von professionellen Netzwerken so viele vermeintlich persönliche Ansprachen erhalten, dass sie diese erst gar nicht mehr öffnen, sondern direkt aus dem Posteingang löschen. Denn meistens ist die Anfrage schlicht nicht passend oder sie ist so unpersönlich formuliert, dass die Eignung des Kandidaten im Schreiben nicht zu erkennen ist. Das trifft besonders zu auf Personen mit häufig nachgefragten Fähigkeiten wie zum Beispiel aus der IT-Branche. Dass solche verfehlten Anschreiben immer mehr zunehmen, trägt dann auch massgeblich zum schlechten Ruf von Active Sourcing bei.

Dazu kommt, dass Active Sourcing eine sehr aufwendige und teure Recruiting-Methode ist, warum sie meistens wohl nur für Spezialisten und Führungskräfte verwendet wird. Aber versteckt sich manchmal hinter der Entschuldigung „Ich habe keine Zeit für eine aktive Kandidatenansprache“ auch noch etwas mehr? Bei „Post and Pray“ ist es nämlich die Sache des Kandidaten im ersten Schritt, die Passung zwischen sich und dem Unternehmen zu beurteilen, während beim Active Sourcing diese Verantwortung der Personalabteilung zukommt. Vielleicht versteckt sich hinter dieser Aussage also auch ein wenig Angst vor dem Leistungsdruck, in ein paar Klicks wertvolle Kandidatenvorschläge liefern zu können oder müssen (was bei der Qualität der Suchresultate auf Netzwerken und Plattformen ja auch durchaus verständlich ist).

Wie könnte Active Sourcing effizient eingesetzt werden?

Wie wir gesehen haben, müssten manche Personalabteilungen sich mehr Zeit nehmen, individuellere Ansprachen zu schreiben und in erster Instanz ein klares Bild haben, wen sie einstellen wollen. Ich will mich im Weiteren aber noch ein wenig mit den technologischen Möglichkeiten befassen, wie man Active Sourcing effizient einsetzen könnte.

Mit LinkedIn und Xing hat man heutzutage Zugriff auf einen weltweiten Talentpool. Viele potenzielle Kandidaten haben etliche persönliche Informationen, wie Berufserfahrung, Fähigkeiten und Diplome erfasst. Mit einer solchen Menge an Daten müsste es eigentlich möglich sein, passende Kandidaten herauszufiltern. Das würde aber ein Tool benötigen, das über die gegenwärtige Suche über Stichworte und Filter hinausgeht und stattdessen das ganze Profil der LinkedIn- oder Xing-Mitglieder mit dem Profil einer Stelle abgleicht. Zudem müsste das bei einem globalen Netzwerk wie LinkedIn auch sprachübergreifend funktionieren. Damit ein Tool die richtigen potenziellen Bewerbenden finden kann, müsste es also nicht keywordbasiert sondern ontologiebasiert funktionieren. So eine ontologiebasierte Suche erkennt nämlich alle verwandten und synonymen Bezeichnungen für Berufe, Kenntnisse und Diplome. Sie macht damit eine heterogene Masse an Profilen wie bei LinkedIn erst vergleichbar. Mehr zum Unterschied zwischen keywordbasierter und ontologiebasierter Suche, Matching von komplexen Profilen und sprachübergreifender Suche können Sie in meinem Beitrag lesen.

Um den Personalabteilungen Abhilfe zu schaffen, ein präzises Kandidatenprofil zu erstellen, hat LinkedIn für seine neue Recruiter-Anwendung (LinkedIn Recruiter), die Anfang 2016 auf den Markt kommen wird, eine Funktion gebaut, die dem Anwender erlaubt, nicht mit Stichworten zu suchen, sondern mit einem Mitgliederprofil. Wenn man also kein klares Anforderungsprofil hat, sondern einfach einen weiteren Mitarbeitenden ein bisschen so wie ein bereits bestehendes Teammitglied sucht, dann kann man in LinkedIn nach ähnlichen Personen suchen. Eine gute Idee, ich bin aber gespannt, wie relevant die Suchresultate wirklich sein werden.

Ein effizienter Einsatz von Active Sourcing – auch wenn es Stelleninserate nicht komplett ablösen würde – könnte eine viel grössere Menge an potenziellen Kandidaten erreichen. Denn es zielt auch auf diejenigen ab, die nicht aktiv auf Stellensuche sind, aber dennoch offen für eine neue Stelle wären. Und das sind gemäss Talent Trends 2014 immerhin 85% der Arbeitskräfte. Zudem ertrinkt man beim Active Sourcing nicht in einer Flut von Bewerbungen, sondern kann sich eine Handvoll Kandidaten herauspicken. Was aber, wenn alle plötzlich effizient Active Sourcing betreiben würden und Active Sourcing wirklich das „Post und Pray“-Zeitalter ablösen würde? Dann würden sich die Firmen gegenseitig immer wieder die besten Mitarbeitenden abwerben. Der Markt um die besten Fachkräfte würde viel umkämpfter werden, und man müsste versuchen, diese mit mehr Mitteln an die eigene Firma zu binden. Das würde die Kosten für Active Sourcing noch viel mehr in die Höhe treiben. Ebenso würden natürlich die Löhne steigen, da die Mitarbeitenden mehr um Ihren Wert wissen. Zum Schluss kann man darum sagen, dass es also vielleicht am effizientesten ist, wenn nicht alle Active Sourcing effizient betreiben.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.