Warum Bürkle & Schöck der wahre Vorreiter in Deutschlands Personalmanagement ist.

Gast-Blog von Jonas Kiefer, Digital Content Manager JANZZ.Technology

Was wäre unsere Welt schon ohne Helden. In fast jeder Sparte wird der Heldenkult zelebriert, egal ob in grossen Hollywood-Filmen, im Sport usw. Ihre Konterfeis zieren T-Shirts und sonstiges Merchandise, sie werden verehrt und es wird Ihnen nachgeeifert. Natürlich gibt es diese Helden auch in der Wirtschaft. Leader, die sich durch nichts beirren lassen und beharrlich ihren Weg verfolgen, nicht daran glauben, dass gewisse Dinge nicht gehen oder nicht möglich sind. Wer sich auf solch einem Weg befindet, der kann eben auch zum Helden werden wie die uns allen bekannten Beispiele von Steve Jobs, der mit Apple ganze Technologie-Sparten verändert und geprägt hat. Elon Musk, der der ganzen Autoindustrie gezeigt hat, was mit Elektromotoren möglich ist oder Stefan Bürkle, der mit Bürkle & Schöck zum Vorreiter in Deutschlands HR & Recruiting-Welt geworden ist. Ja, Stefan Bürkle. Sie kennen Ihn nicht? Er ist der Geschäftsführer des absolut legendären Familienunternehmens Bürkle & Schöck in Stuttgart und leitet 130 Mitarbeitende.

stefan-bürkle-foto.1024x1024Quelle Xing-Profil Bürkle

Die Website der Elektrotechnikfirma Bürkle & Schöck aber auch die Firmenzentrale in Stuttgart geben die Heldentaten auf den ersten Blick vielleicht nicht frei. Das Traditionsunternehmen überzeugt auch nicht mit hippem Grossraumbüro mit eigenen Fitnessmöglichkeiten oder stylischen Liegemöglichkeiten, in denen man einfach mal kreativ abdriften kann.

bürkleschöckQuelle Website Bürkle & Schöck

Der Braveheart des HR’s scheint also seine wahre Grösse nicht mit viel Bling Bling zeigen zu müssen. Eben ein Held zum Anfassen. Keine Attituden. Und doch ist er ein Held. Ein Held, der sich vielleicht auch ohne es zu wissen von folgendem Zitat hat inspirieren lassen: „Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat’s einfach gemacht.“ Stefan Bürkle ist eben nicht „Alle“, denn er ist aus einem anderem Holz geschnitzt. Er lässt sich nicht so schnell von seinem Weg abbringen. Denn während alle einfach nur drüber reden, hat er es gemacht. Stefan Bürkle setzt bereits seit 2013 auf das anonyme Bewerbungsverfahren. Das macht Ihn für uns zum Helden des Deutschsprachigen HR & Recruitings. Lasst Ihn uns also mit diesem Blog so
richtig zelebrieren. Er hat es einfach verdient, denn er setzt es nicht einfach nur ein, er macht es auch noch erfolgreich. Dabei haben doch alle gesagt haben, dass dies besonders für kleinere Unternehmen nicht umsetzbar ist, da der Aufwand viel zu gross ist. Sowas bringt einen Stefan Bürkle doch nicht davon ab. Von seinen Heldentaten erzählt er uns, wie wenn es nichts Spezielles wäre in einem Interview mit dem Spiegel. Mit einem Ausschnitt daraus möchten wir Dich (wir dürfen doch Du sagen, oder?), lieber Stefan, gebührend feiern.

KarriereSPIEGEL: Herr Bürkle, wer sich bei Ihnen bewirbt, soll auf keinen Fall ein Foto oder Zeugnis beilegen. Warum nicht?
Bürkle: Wir wollen dadurch mehr und andere Bewerber ansprechen. Wir suchen vor allem Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik und für Energie- und Gebäudetechnik. Jedes Jahr brauchen wir zwei bis vier gewerbliche Auszubildende. Wenn wir mal nur einen finden, stehen wir ein bisschen betröppelt da. Ich habe mir gedacht, dass wir vielleicht auch ein Scheuklappendenken haben. Man schaut ein Bild an und sagt Nein – da verschenkt man Potenziale. Deshalb haben wir gesagt: Wir versuchen es mit der anonymisierten Bewerbung.

KarriereSPIEGEL: Wie läuft die ab?
Bürkle: Die Kandidaten füllen ein Onlineformular aus, mit Angaben zu Motivation, Schulabschluss, Praktika, Ehrenamt und weiteren Kenntnissen. Seit zwei Jahren besetzen wir alle unsere Ausbildungsplätze so, aber auch weitere Stellen im kaufmännischen Bereich. Und von den Bewerbern bekommen wir immer positive Rückmeldungen.

KarriereSPIEGEL: Stellen Sie jetzt andere Kandidaten ein als früher?
Bürkle: Wir haben durchaus Leute eingeladen, die im klassischen Verfahren nicht zum Zuge gekommen wären. Zum Beispiel hatten wir eine Bewerberin mit einer Vier im Hauptschulabschlusszeugnis. In der Berufsschule hat sie dann teilweise Einsen geschrieben. Auch Frauen im mittleren Alter mit Kindern bewerben sich, das gab es früher selten. Kandidaten ausländischer Herkunft hatten wir schon vorher – mehr als 60 Prozent unserer Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund.

Halt einfach ein Held. Und wie es sich für einen richtigen Helden gehört, hat er auch ein prägnantes Motto: „Es ist nicht wichtig, woher der Mensch kommt, sondern wohin er will.“

All das macht Stefan schlicht und einfach zum Braveheart des Deutschsprachigen HR & Recruitings. Ein Vorbild für die meisten Unternehmen, vor allem aber für viele sogenannte Leader und Vorreiter in diesem Sektor. Egal, ob börsenkotiert oder Kleinstbetrieb.

Sie denken jetzt vielleicht, dass dieser Artikel durch seine Überspitztheit gar nicht ernst gemeint ist. Sie irren. Wir erlauben uns einfach die Sache, mal mit etwas Unterhaltung anzugehen. Das darf auch mal sein. In der Sache ist uns das Ganze aber sehr ernst. Das Beispiel zeigt doch eigentlich einfach nur wie schwer sich das HR mit Änderungen tut. Bis jetzt hörte man beim anonymen Bewerbungsverfahren doch immer die gleichen Ausreden. Zu teuer, zu ineffizient, nicht umsetzbar usw. tausend Mal gehört, tausend Mal ist danach wieder nichts passiert. Da braucht es eben Helden des Alltags, die es einfach machen. So einer ist Stefan. Fertig.

Anonyme Bewerbung für mehr Fairness
Was uns an dieser Geschichte gefällt ist nicht nur die Tatsache, dass es jemand gewagt hat, mal auf das anonyme Bewerbungsverfahren zu setzen, sondern dass er auch noch davon profitiert. Denn das Beispiel zeigt eben auch, dass Menschen zum Gespräch eingeladen wurden, die sonst keine Chance gehabt hätten. Das ist der springende Punkt an der ganzen Geschichte. Anonyme Bewerbungsverfahren machen den Arbeitsmarkt fairer. In unserem Blog für das HR & Leadership haben wir dies bereits ausformuliert. Anonyme und automatisierte Bewerbungsverfahren sind ein wichtiger Teil eines faireren Arbeitsmarktes. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Deutschland hat dazu bereits 2010 ein Pilotprojekt lanciert: Unternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, L’Oréal, Procter & Gamble und das Bundesfamilienministerium testeten ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Der Studie zufolge sah die Mehrheit der Personalchefs kein Problem darin, dass diese persönlichen Angaben fehlten. Einige gaben sogar zu, dass sie von Bewerbern im Vorstellungsgespräch überzeugt wurden, die sie ohne das anonymisierte Verfahren gar nicht erst eingeladen hätten. Nach dem Ende des Projektes wollten vier Unternehmen auch künftig Ihre Bewerber ohne Foto und Namen zum Bewerbungsgespräch einladen. Die grossen Unternehmen wie die Deutsche Post, L’Oréal oder die Telekom waren aber nicht dabei: „Unsere Personalstrategie richtet sich eher nach dem persönlichen Eindruck, den wir von einer Person im Vorstellungsgespräch gewinnen. Darauf legen wir mehr wert als auf einen glatten Lebenslauf oder gute Zeugnisse“, sagt Husam Azrak von der Telekom. „Eine anonyme Bewerbung ist da eher hinderlich.“ Im Sinne dieser Aussage waren anonyme Bewerbungen lange kein Thema mehr – z.B. in der Schweiz sind sie es immer noch nicht – bis die Forderung
nach faireren Bewerbungsverfahren in Grossbritannien Ende 2015 wieder aufkam.
Wir von JANZZ haben uns seit Jahren dem Kampf gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt gewidmet. Deswegen setzt die Plattform auch schon von Beginn an auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität.

Anonyme Bewerbungsverfahren
Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Stellensuchende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Diese Technologie steht den Firmen natürlich auch als Cloudlösung zur Verfügung. Doch bis ein Unternehmen eine solche einsetzt, braucht es Leader, die den Arbeitsmarkt fairer machen wollen und die Diskriminierungen am Arbeitsmarkt bekämpfen. Deswegen freut uns die Geschichte von Stefan ganz besonders (nein, bis jetzt setzt er noch nicht auf JANZZ), denn es braucht Menschen die dazu bereit sind Veränderungen voran zu treiben und es einfach zu tun. Das macht manchmal eben nicht die üblichen Verdächtigen zu Vorreitern, sondern eben solche wie Stefan. Nur wird er wohl nicht als Speaker zur nächsten HR Konferenz oder zum nächsten Recruiting-Event eingeladen (sondern halt eben die üblichen Verdächtigen). Deswegen war es an der Zeit Ihn hier mal abzufeiern. Abzufeiern, weil viele von Ihm etwas lernen können. Den Mut Dinge zu verändern. Warum tun Sie es nicht auch?

 

Können/werden Recruiting-Technologien die Arbeitsmärkte direkt und aktiv beeinflussen? Können sie die Märkte z.B. für 50+, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund fairer machen? Teil 9/10

Die Frage hier ist vor allem zwischen können und werden. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass anonyme Bewerbungsverfahren Chancengleichheit im Bewerbungsprozess fördern. Genau das könnten Ontologie basiertes Matching, Parsing und Co. Das heisst, sie könnten Bewerber und Stellen automatisch zusammenführen, ohne dass die Entscheidung über den Bewerber im ersten Schritt durch die zwar erfahrene aber eben auch oft durch Erfahrung gefärbte Sicht eines Menschen getroffen wird. Vor allem für ältere Bewerber, Frauen oder Menschen mit Migrationshintergrund kann das ein grosser Vorteil sein. Denn sie haben oft schlechte Karten bei der Bewerbung. Aber wie gesagt, die Frage ist nicht wirklich, ob Technologien, wie ich sie in meiner Reihe vorgestellt habe, den Arbeitsmarkt direkt und aktiv beeinflussen können, sondern vielmehr ob sie es auch werden. Denn das Potenzial für Veränderung ist gross, ebenso aber der Widerstand gegen jegliche Abweichung vom Status Quo im Arbeitsmarkt.

Zudem zeigt sich so etwas wie ein abnehmender Grenznutzen der digitalen Revolution. Während Computer in den 90er und Nuller Jahren zu einer enormen Produktivitätssteigerung beigetragen haben, führen heutige digitale Innovationen nur noch zu einem kleinen Produktivitätszuwachs. Robert Gordon, führender Kritiker der Technologie-Optimisten, erklärt in einem Interview, dass „die wichtigsten Veränderungen durch die Einführung von Computern schon vor langer Zeit stattgefunden haben.“ Er begründet weiter, dass der Einfluss von neuen Technologien auf das Produktivitätswachstum vorbei sei. Wenn es also um die Einführung von Technologien geht, die den Arbeitsmarkt aktiv beeinflussen könnten, wird deren Nutzen immer strikt gegen die Kosten abgewogen. Im Kontext von immer geringeren Nutzen solcher Innovationen steht die Disruption des Arbeitsmarktes durch neue Technologien auf wackeligen Beinen.

erster_schritt-550x367(Bild: istock) Die zentrale Frage: Werden wir wirklich den nächsten Schritt wagen und innovative Technologien den Arbeitsmarkt aktiv beeinflussen lassen? Oder ist der Widerstand zu gross und der zusätzliche Nutzen zu klein?

Anonyme Bewerbung für mehr Fairness

Anonyme und automatisierte Bewerbungsverfahren sind ein wichtiger Teil eines faireren Arbeitsmarktes. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Deutschland  hat dazu bereits 2010 ein Pilotprojekt lanciert: Unternehmen wie die Deutsche Post, die Deutsche Telekom, L’Oréal, Procter & Gamble und das Bundesfamilienministerium testeten ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren. Der Studie zufolge sah die Mehrheit der Personalchefs kein Problem darin, dass diese persönlichen Angaben fehlten. Einige gaben sogar zu, dass sie von Bewerbern im Vorstellungsgespräch überzeugt wurden, die sie ohne das anonymisierte Verfahren gar nicht erst eingeladen hätten. Nach dem Ende des Projektes wollten vier Unternehmen auch künftig Ihre Bewerber ohne Foto und Namen zum Bewerbungsgespräch einladen. Die grossen Unternehmen wie die Deutsche Post, L’Oréal oder die Telekom waren aber nicht dabei: „Unsere Personalstrategie richtet sich eher nach dem persönlichen Eindruck, den wir von einer Person im Vorstellungsgespräch gewinnen. Darauf legen wir mehr Wert als auf einen glatten Lebenslauf oder gute Zeugnisse“, sagt Husam Azrak von der Telekom. „Eine anonyme Bewerbung ist da eher hinderlich.“ Im Sinne dieser Aussage waren anonyme Bewerbungen lange kein Thema mehr – in der Schweiz sind sie es immer noch nicht – bis die Forderung nach faireren Bewerbungsverfahren in Grossbritannien Ende 2015 wieder aufkam.

Die Empfindung von Herr Azrak steht dabei für das heutige Paradigma im Recruiting: Es „menschelt“ eben trotz vieler guter Technologien und innovativer Ansätze immer noch sehr. Die Idee, den Menschen nicht auf ein paar Stichworte in seinem CV reduzieren zu wollen, ist ja auch lobenswert, und Maschinen sind sicher nicht in der Lage, alle Facetten einer Bewerbung zu erkennen. Doch ebenso sollten die Vorteile von automatisierten Verfahren im Arbeitsmarkt nicht aufgrund dieser Ansicht voreilig abgeschrieben werden. Carole Egger von der Hay Group erklärt in einem Interview die Ablehnung gegenüber Recruiting-Technologien zum Beispiel so: „Es fehlt das Know-how zu automatisierten Verfahren. Daraus resultiert oftmals eine skeptische Grundhaltung gegenüber innovativen Recruiting-Technologien.“ Zudem sind die Einstellungsprozesse oft nicht genügend standardisiert, um gewisse Arbeitsschritte zu automatisieren. Insofern hatten Projekte wie das Pilotprojekt in Deutschland bisher einen schweren Stand und konnten kein Umdenken im Arbeitsmarkt herbeiführen.

Chancengleichheit – ein vielschichtiges Problem

Eine offene Einstellung gegenüber solchen Technologien und innovativen Verfahren wäre aber umso wichtiger, wenn man den Einfluss von Chancengleichheit bei der Stellenbesetzung auf den Erfolg eines Unternehmens betrachtet. Klaus F. Zimmermann ist Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit und glaubt, dass Unternehmen sogar aus ökonomischer Sicht von anonymisierten Bewerbungsverfahren profitieren: „Firmen, in denen Junge und Alte in Teams zusammenarbeiten, in denen die interkulturelle Kompetenz von Einwanderern klug genutzt wird und junge Mütter mehr Förderung und Unterstützung erfahren, sind insgesamt produktiver als andere. Diese Organisationen stehen somit im Ergebnis besser da.“ Eine Studie von EY zeigte zudem auch, dass Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Frauen in der Geschäftsleitung einen um bis zu 6 Prozent höheren Reingewinn erzielen können. Mehr Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen sollte also ganz oben auf der Liste stehen und dennoch läuft der Stellenmarkt wie gewohnt weiter, von Disruption kaum etwas zu spüren.

Das mag auch daran liegen, dass es schwierig ist zu sagen, wie man denn Chancengleichheit schafft: Anonyme Bewerbungsverfahren sind nur eine Möglichkeit und werden an sich schon sehr unterschiedlich interpretiert. Eine anonyme Bewerbung meint oft einfach nur eine Bewerbung ohne Foto und Namen. Doch um wirklich ohne Vorurteile die besten Bewerber herauspicken zu können, müssten alle Informationen der offenen Stelle und der Lebensläufe miteinander abgeglichen werden. Das kann nur ein ontologiebasiertes Matching. Denn nur ein solches Vorgehen beseitigt auch tiefergreifende (unbewusste) Vorurteile. Professor Tsay vom University College London zeigt zum Beispiel, dass wir ein „Naturalness Bias“ haben, ein unbewusstes Vorurteil zugunsten von Naturtalenten und gegen Menschen, die sich Ihre Fähigkeiten durch Fleiss erarbeitet haben. Zudem gibt es auch Lösungen, die ganz woanders ansetzen. Zum Beispiel das Unternehmen Unitive von  Laura Mather, das sich für bessere Stellenanzeigen einsetzt. So haben Studien gezeigt, dass die Sprache, die in Inseraten verwendet wird, oft nur ein Geschlecht anspricht. Ihre Software bietet eine automatische Kontrolle von Stellenanzeigen, um diese ausgewogen zu formulieren und so eine möglichst diverse BewerberInnen-Gruppe anzusprechen. Unitive bietet zudem auch ein Tool, das „Unconscious Bias“ (auf Deutsch „unbewusste Vorurteile“) bei der Auswertung des Bewerbungsgespräches vermindern soll. Zum Beispiel soll verhindert werden, dass Ivy League Universitätsabschlüsse begünstigt werden. Die Ansätze, die darauf zielen, mehr Chancengleichheit zu schaffen, reichen also vom Schreiben eines Stelleninserates über eine erste Bewerberauswahl bis hin zum Bewerbungsgespräch.

Um wirkliche Chancengleichheit zu schaffen, müsste sich der Mensch eigentlich komplett aus dem Einstellungsprozess herausnehmen. Der Computer, der ohne Vorurteile bewertet, müsste den ganzen Prozess, vom Schalten der Stellenanzeige bis zur Einstellung, umspannen. Doch das soll und wird nie passieren. Über die in einer Anzeige beschriebenen Parameter hinaus macht ja auch das zwischenmenschliche Gespür und die Einschätzung eines Kandidaten, die Qualifikationen des HR aus. Der Computer könnte aber in jedem Fall eine Art „Check and Balance“ bieten, also eine Kontrolle und ein Gegengewicht gegenüber der oft unbewusst getrübten Sicht des Menschen. Wie beschrieben, sind es aber vor allem die Willigkeit des HR, solche Technologien zu nutzen und deren Grenznutzen, die darüber entscheiden, ob solche Technologien den Arbeitsmarkt auch wirklich beeinflussen werden.

Mensch gegen Maschine – Automatisierung der Bewerbungsverfahren

Die digitale Revolution hat das HR und auch das Recruiting bereits seit geraumer Zeit erfasst, ja vielleicht sogar teilweise überschwappt. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. Doch viel wichtiger als die Menge wäre der richtige Einsatz, damit aus Technologie, die Ihnen helfen sollte gewisse Schritte zu automatisieren, nicht noch mehr Aufwand resultiert. Wir möchten uns in diesem Blog auf die Automatisierung im Bewerbungsprozess beschränken.

Trotz all der Automatisierung können wir aber das Duell Mensch gegen Maschine schon vorentscheiden. Ohne Mitwirkung des Menschen wird es und soll es nicht gehen. Fakt ist aber, dass bereits heute die richtigen Technologien und Tools das HR und das Recruitment gewinnbringend unterstützen und damit die Transformation zu einer weiterreichenden Automation initiiert haben. Genau zu diesem Thema, mit dem Schwerpunkt auf die Bewerbungsverfahren, hat die Zeit ein höchst interessantes Interview mit Christoph Beck, Professor an der Hochschule Koblenz für Human Ressource Management, geführt. Wir möchten in diesem Blog gewisse Fragen aus dem Interview herausnehmen und diese noch ergänzen, respektive aus unserer Sicht kommentieren.

Thema Bewerbungsmanagementsysteme

ZEIT Campus: Mit solchen Systemen können Bewerber automatisch vorsortiert werden, zum Beispiel in eine A-Gruppe mit vielversprechenden Kandidaten, eine B-Gruppe, aus der man Nachrücker rekrutiert, und eine C-Gruppe für Bewerber mit geringen Aussichten.

Beck: Im Grunde ist das nichts Neues, nur dass es früher Menschen gemacht haben. Wenn für eine Stelle viele Bewerbungen eingingen, wurde bei der Erstsichtung pro Mappe nicht mehr als eine Minute verwendet. Dabei hat man auf dieselben Schlüsselkriterien geachtet, die auch jetzt herangezogen werden.

ZEIT Campus: Welche Kriterien sind das?

Beck: Das kommt auf das Unternehmen und auf die Stelle an. Meist geht es um ganz grundlegende Dinge wie zum Beispiel den Studienabschluss und bestimmte Fähigkeiten wie etwa Sprachkenntnisse. Das Anforderungsprofil der Stelle wird mit dem Bewerberprofil abgeglichen. Personaler sprechen von der sogenannten Matching-Qualität. Sie sollte möglichst hoch sein.

ZEIT Campus: Ein Beispiel, bitte.

Beck: Wenn man einen Anästhesisten sucht, will man keinen Orthopäden. Wenn jemand fließend Englisch sprechen muss, weil er mit Kunden in New York verhandeln wird, reicht es nicht, wenn er das nur mäßig kann, dafür aber perfekt Spanisch beherrscht. Und wenn man für eine Stelle Erfahrungen im Projektmanagement mitbringen soll, ist es nützlich, wenn man so etwas schon einmal gemacht hat. Die Fähigkeiten, die man braucht, um den jeweiligen Job gut zu machen, sollten also so stark wie möglich mit dem zusammengehen, was der Bewerber mitbringt. Diese sogenannte Passung ist einfach enorm wichtig, damit der Bewerber hinterher im Berufsalltag gut zurechtkommt.

Herr Beck nennt eine der wichtigsten Punkte überhaupt: die Matching-Qualität. Diese stellt heute bei vielen automatisieren Prozessen ein sehr grosses Problem dar. Denn Mismatches sorgen für einen höheren Aufwand seitens der Personaler oder je nachdem auch dafür, dass geeignete Bewerber aussortiert werden. Joachim Diercks von Cyquest hat in unserer Interview-Serie JANZZ-Mindsetter die Problematik präzis ausgeführt: „Gutes Matching sorgt ja dafür, dass es weniger Friktionen gibt. Friktionen sind die Ineffizienzen, die bei der Suche nach passendem Kandidaten bzw. der Suche nach dem passenden Job und Arbeitgeber entstehen. Dieser gegenseitige Suchprozess kostet im günstigsten Fall nur Zeit und Energie auf beiden Seiten; im schlimmsten Fall jedoch kostet er sowohl viel Zeit und Energie und gelingt am Ende noch nicht einmal, weil Kandidat, Job und Unternehmen gar nicht zusammen passen – ein Fehler, der leider oft erst im Nachhinein erkannt wird oder sogar gar nicht. Das eine wäre ineffizient, das andere zudem auch noch ineffektiv.“ Genau dort liegt somit auch die grösste Gefahr der Bewerbungsmanagementsysteme zu scheitern und somit auch, dass die Unternehmen der Auswahl durch einen Algorithmus oder wie es die Zeit nennt Maschine zu vertrauen. Dabei ist der erste grosse Fehler oftmals der falsche Einsatz von Technologie. Denn Matching ist nie gleich Matching und erst, wer die Unterschiede wirklich gut kennt, kann diese auch wirklich erfolgreich und vor allem gewinnbringend einsetzen. Es gibt zwei Varianten von Matchings, doch nur eines ist wirklich wirkungsvoll.

Keywordbasiertes Matching/Search

Die keywordbasierte Suche ist die einfachste Form der Suche in grossen Datenmengen. Basis der Suche bildet das eingegebene Keyword, welches dann ohne Berücksichtigung von Bedeutung, Kontext und Synonymen abgeglichen wird. Es ist offensichtlich, dass dies nicht funktionieren kann, oder nur zu einem gewissen Grad. Denn viele Wörter können je nach Kontext komplett unterschiedlich verwendet werden. Das Wort «Manager» ist ein gutes Beispiel für solche Auswüchse: «Sales Manager», «Campaign Manager» und «Office Manager» tauchen alle bei der gleichen Suche auf, haben aber schlichtweg nicht viel miteinander zu tun.

Zudem erkennt die keywordbasierte Suche keine Synonyme oder Bezeichnungen in anderen Sprachen: so sucht sie neben dem «CEO» nicht auch z. B. nach «Geschäftsführer/-in», «Geschäftsleiter/-in» oder «Managing Director» etc. Dafür findet sie Fehltreffer wie z. B. «Assistentin des CEO» oder «Sekretärin des Geschäftsführers». Die keywordbasierte Suche übersieht somit viele potenzielle Resultate und liefert derweil zahlreiche falsche Treffer, was nicht nur Zeit sondern auch Nerven kostet. Damit die keywordbasierte Suche besser funktionieren kann, braucht sie einen Thesaurus, der ihr hilft den richtigen Kontext und passende Zusammenhänge zu erkennen. Damit wären wir aber schon fast beim ontologiebasierten Matching.

Ontologiebasiertes Matching/Search

Das ontologiebasierte Matching stellt nicht den Suchbegriff als solchen, sondern dessen Bedeutung in den Vordergrund. Dies geschieht über einen Thesaurus (Wortnetz) und eine Ontologie (Datenbank). Dort sind die Begriffe nach Bedeutung gruppiert. Bei der Suchabfrage werden so Begriffe nach der korrekten Bedeutung miteinander verknüpft, auch wenn diese nicht mit der «Zeichenkette» übereinstimmen. Zudem werden bei Suchabfragen auch Synonyme und falls gewünscht, auch Bezeichnungen und Begriffe aus anderen Sprachen miteinbezogen. So erscheinen neben dem «Doktor» auch z. B. «Arzt/Ärztin», «Mediziner», «physician» etc. aber keine Fehltreffer wie z. B. «Doktorand/in» (PhD-Student/in) oder «Arzthelfer/in» etc. Der von Herrn Beck genannte klassische Mismatch, kann so also verhindert werden, aber es kann noch mehr.
In den letzten Jahren sind sehr viele, auch traditionelle Berufe z. B. mit allenfalls zeitgemässeren, aber oft im Sprachgebrauch sperrigen und daher kaum benutzten neuen Benennungen versehen. So wurden in den letzten Jahren z. B. aus einem «Mitarbeitenden für Kopien und Archiv» ein «Executive Document Manager» oder aus der «Reinigungsfachkraft» auch einmal eine «Raumveredlerin», um nur einige seltsame Auswüchse heutiger Job- und Berufsbeschreibungen zu nennen. Die ontologiebasierte Suche erkennt beide Ausdrücke, stellt problemlos den Zusammenhang her und kann so die Anzahl der richtigen Suchresultate maximieren.

Eine solche Form des Matchings wird oftmals auch als semantische Suche bezeichnet. Die Ergebnisse und die Präzision von semantischen Such- und Matchingprozessen sind von Umfang und Tiefe, aber natürlich auch von der Qualität und Vollständigkeit des verwendeten Kontext- und Hintergrundwissens, bzw. der verwendeten Ontologie abhängig.

Zukunft: ontologiebasiertes Matching

Sicherlich wird die ontologiebasierte Suche die zukunftsweisende Form sein, weil sie schlicht und einfach viel mehr kann. Denn sie verknüpft Inhalte und nicht Worte, was die Basis für eine erfolgreiche Suche ist. Wer zukünftig auf die ontologiebasierte Suche setzt, wird sich viel Zeit mit dem Durchforsten von unpassenden Suchresultaten sparen. Denn es wird ihm nur noch das Resultat angezeigt, dass auch wirklich inhaltlich zu seiner Suche passt. Ein solches Matching ist aber nicht einfach nur Zukunftsmusik, sondern es könnte bereits heute in Ihrer Firma eingesetzt werden. Sei es als eigene Jobplattform oder eben integriert in ein Bewerbungsmanagementsystem. Sie müssen dafür auch nicht extra eine ganze IT-Abteilung neu aufbauen. Es gibt bereits eine Ontologie, die Sie einsetzen können.

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Welchen Einfluss haben Recruiting-Technologien auf die Wahrnehmung eines Unternehmens als Arbeitgeber? Teil 8/10

Weniger ist manchmal mehr, gilt meiner Meinung nach auch beim Einsatz von Recruiting-Technologien, aber nicht so wie Sie jetzt vielleicht denken. Es kommt nicht so sehr darauf an, wie viel Technologie eingesetzt wird, sondern wie gut diese Technologie ist. Denn wirklich fortschrittliche Technologie fügt sich nahtlos in den Bewerbungsprozess ein und wird so von den Bewerbenden eigentlich gar nicht wahrgenommen. Dennoch stehen viele, besonders in der Schweiz, automatisierten Anwendungen, immer noch sehr skeptisch gegenüber. Wohl auch deswegen, weil zu oft eben nicht wirklich innovative Technologie zum Einsatz kommt und diese in der Tat der Arbeitgebermarke schaden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Vor- und Nachteilen aber auch Risiken, die mit dem Einsatz solcher Technologien verbunden sind.

Lange Wartezeiten bei der Antwort auf eine Bewerbung hinterlassen bei Bewerbenden einen schlechten Eindruck. Aber ebenso der Eindruck, die Bewerbung sei wie in einer Massenabfertigung nur kurz überflogen oder gar von einer Software ausgewertet und aufgrund mangelnder Schlüsselwörter im Lebenslauf aussortiert worden. Für Firmen, die mehrere (zehn)tausend Bewerbungen pro Jahr erhalten, ist es jedoch schwierig, nicht in eines dieser Fettnäpfchen zu treten. Gemäss der Recruiting-Studie 2015 der Hay Group haben bereits 3 von 5 Firmen Schwierigkeiten, aus der Masse an Bewerbungen geeignete Kandidaten herauszufiltern, da sie schlicht zu viele Bewerbungen erhalten. Neben den hohen Kosten für Fehlbesetzungen besteht dabei die Gefahr, der eigenen Employer Brand durch schlechte Rekrutierungsprozesse nachhaltig zu schaden. Für solche Firmen bieten Technologien, wie jene, die ich in meiner Reihe über technologische Trends im HR vorgestellt habe, die Möglichkeit, Rekrutierungsprozesse durch Automatisierung effizienter zu gestalten. Meiner Meinung nach sind aber nur diejenigen Technologien wirklich fördernd, die beim Bewerbenden nicht den Eindruck hinterlassen, sie würden von einer Maschine abgefertigt. Bei wirklich guter Technologie besteht also nicht die Gefahr, der Arbeitgebermarke zu schaden.

Welche Recruiting-Technologien?

Zuerst kurz zur Frage, welche Technologien gemeint sind. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf sogenannte Applicant Tracking Systeme (ATS) oder auch Talent Management Systeme, die Rekrutierungsprozesse automatisieren, sowie Active Sourcing Tools, wie LinkedIn Recruiter. Diese Technologien gestalten die ersten Berührungspunkte zwischen Firma und Bewerbern nämlich entscheidend mit. Schliesslich ist auch bei der Bewerbung der erste Eindruck – also zum Beispiel das Einfüllen und Absenden einer Online-Bewerbung oder die Kontaktaufnahme durch ein Unternehmen – entscheidend.

Candidate Experience und Employer Brand

Meinungen zum Einsatz und Einfluss von automatisierten Rekrutierungsverfahren gehen weit auseinander. Die Münchener Karriereberaterin Madeleine Leitner berichtet der Süddeutsche Zeitung, dass „die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau mit Locken jetzt die Technik so perfekt wie möglich erledigen soll“ und es dabei nur darum gehe „möglichst viele Leute auszusortieren“, da Firmen möglichst wenig Zeit und Geld investieren wollen. Die Karriereberaterin fasst das als schlicht „unwürdig“ für die Bewerbenden zusammen. Demgegenüber kritisiert Carole Egger, Leiterin von Productized Services bei der Unternehmensberatung Hay Group, in einem Interview mit JANZZ.technology, dass das Knowhow zu automatisierten Verfahren fehle, und darum oft eine skeptische Grundhaltung gegenüber diesen bestünde. Nichtsdestotrotz würde der Einsatz solcher Verfahren anderenorts durchaus als positiv wahrgenommen:

„Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente [und andere automatisierte Verfahren] im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als „normal“ angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidaten auf faire Weise vergleichbar macht.“

Bei uns hingegen erfreuen sich solche Verfahren im Moment noch keiner sonderlichen Beliebtheit. Die Candidate Experience Studie 2014 zeigt auf, dass rund jeder 10. Bewerbende lieber ganz auf eine Bewerbung verzichtet, wenn diese nur via Online-Formular möglich ist. Dies mag allerdings, wie Frau Egger sagt, daran liegen, dass standardisierte und automatisierte Bewerbungsverfahren im Gegensatz zum Ausland bei uns noch nicht sehr verbreitet sind. Zudem kommt es natürlich auch darauf an, wie eine Technologie in den Rekrutierungsprozess eingegliedert ist.

Die Gestaltung des Rekrutierungsprozesses hat auf jeden Fall einen grossen Einfluss auf die Firmenmarke. Denn die Candidate Experience Studie 2014 zeigt, dass 80% aller Bewerber Ihre Bewerbererfahrungen im Freundeskreis mitteilen. 25% auch via soziale Medien. Bei den unter 30-jährigen kommuniziert bereits fast jeder Dritte (31,2%) die eigene Bewerbungserfahrung über soziale Medien. Unzufriedene Bewerbende können so nicht nur der Arbeitgebermarke sondern dem Firmenimage als Ganzes schaden.

Der Aktien-Crash von LinkedIn

Wie die Medien berichteten, ist die LinkedIn-Aktie Anfangs Februar an einem einzigen Tag um 44% gefallen. Dabei wurden über 10 Milliarden US-Dollar Kapital vernichtet. Grund für den Fall der Aktie war der schwache Ausblick auf das Jahr 2016, der einen Umsatz von 820 Millionen US-Dollar für das erste Quartal in Aussicht stellte. Analysten hatten im Schnitt mit 850 Millionen gerechnet. Daraufhin korrigierten viele Analysten Ihre Kaufempfehlung. Das Unternehmen, das sein Geld mit der Personalsuche für Firmen (Talent Solutions), Werbung und Gebühren für Premium-Mitgliedschaften verdient, hat seinen Ausblick auf das Jahr 2016 daraufhin nach oben korrigiert.

Doch der Eindruck, dass es mit der Vermarktung der Nutzerdaten an Unternehmen und Recruiter stockt, mag nicht so recht verschwinden. Immerhin häufen sich zunehmend die Beschwerden der Nutzer, sie würden tagtäglich von Recruitern kontaktiert. „LinkedIn hat ein echtes Candidate Experience Problem“, schreibt etwa ein Mitglied. Aber auch Recruiter sind enttäuscht vom Active Sourcing Tool, da ihre Response-Raten auf Kandidatenanfragen oft weit unter Ihren Erwartungen liegen. Auch der immer wieder auf Online-Foren und Blogs ausgetauschte Tipp, man solle die Anfragen doch personalisieren, scheint nur begrenzt zu helfen. Zudem ist es ja auch so, dass sich die Unternehmen so die Mitarbeiter gegenseitig abwerben und so unter dem Schritt wahrscheinlich am Ende nicht viel besser dastehen. So manches Unternehmen überlegt sich daher, ob es noch weiter auf sozialen und professionellen Netzwerken rekrutieren soll. Denn wie sich gezeigt hat, weicht die Effizienz des Rekrutierungstools in der Realität stark von der Theorie ab. Sicherlich sollte die Effizienz solcher Tools wie LinkedIn Recruiter genau ausgewertet und gegen die Gefahr abgewogen werden, manchen potenziellen Mitarbeiter zu verärgern und so dem eigenen Image zu schaden.

recruiting-technologien

Quelle: Getty Images. Der immens grosse LinkedIn Talentpool ist allzu verlockend. Doch auf die unpersönlichen Anfragen von Headhuntern und HR Abteilungen antworten nur wenige.

Zusammengefasst

Technologien wie Active Tracking Systems und Active Sourcing Tools können durch Automatisierung mehr Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt schaffen, menschliche Fehler reduzieren und die Bearbeitungszeit von Bewerbungen senken. Active Sourcing Tools können zudem viel mehr potenzielle Mitarbeiter auf einmal ansprechen. Dies kann, wie der Fall von LinkedIn andeutet, aber auch dazu führen, Leute durch exzessives Spammen zu verärgern. Daher steht und fällt der erfolgreiche Einsatz von Recruiting-Technologien mit deren Qualität. Um nur eines von vielen möglichen Beispielen zu nennen: Wenn eine Bewerbung auf eine Stelle als Online Marketing Assistent durch einen Keyword basierten Filter automatisch aussortiert wird, weil sie das Wort „SEO“ nicht enthält, dann ist das sowohl ärgerlich für den Bewerbenden als auch ineffizient. Denn nur weil ein Bewerber nicht die Abkürzung SEO verwendet hat, muss er nicht per se ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle sein. Ein Ontologie basiertes Matching Tool hingegen könnte das komplexe Profil des Bewerbenden mit der ausgeschriebenen Stelle abgleichen und so schon zu Beginn ein prozentgenaues Ranking der eingegangenen CVs herstellen. Sie sehen, es kommt wirklich auf die Intelligenz der verwendeten Technologien an.

Wie wird Active Sourcing effizient eingesetzt und wie können die richtigen Technologien den Rekrutierungsprozess damit vereinfachen bzw. erfolgreicher machen? Teil 7/10

Am Thema Active Sourcing scheiden sich die Gemüter. Was immer wieder als Trendthema aufgegriffen wird, ist wohl eher alter Wein in neuen Schläuchen. Darum wird es jetzt doch mal Zeit, sich dem Thema etwas ausführlicher anzunehmen. Denn Firmen haben schon immer aktiv potenzielle Mitarbeitende angesprochen. Früher hat man das halt noch meist per Telefon oder über das persönliche Netzwerk gemacht und hat es Direktansprache genannt. Nun wird auf der einen Seite Active Sourcing als Bestatter des „Post and Pray“- Zeitalters und Lösung gegen den immer grösseren Fachkräftemangel proklamiert. Auf der anderen Seite wird kritisiert, dass es dank öffentlich zugänglicher Netzwerke wie LinkedIn und Xing in den Händen von Personalabteilungen immer unprofessioneller betrieben wird, zur Verärgerung von viel gesuchten Fachkräften und zum Schaden der Firmenmarke. Zudem ist Active Sourcing omnipräsent in Fachzeitschriften und HR-Blogs, doch in der Praxis scheint es kaum eine grosse Sache zu sein. Mit über 90 Prozent sind Online-Jobportale dicht gefolgt von der eigenen Karriereseite mit über 80 Prozent die meist verwendeten Recruiting-Kanäle in der Schweiz (Statista 2015). Von den befragten Unternehmen nutzen hingegen nur knapp 30 Prozent Active Sourcing für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Das Stelleninserat, das sowohl auf Karriereseiten als auch auf Jobportalen zu Hause ist, ist somit nach über hundert Jahren immer noch die unbestrittene Nummer eins in der Jagd nach neuen Talenten. Trotz Prophezeiungen wie der von Recruiting Spezialist Jörg Buckmann im Oktober 2013:„Aus ‚Post and Pray‘ wird Active Sourcing“ oder der des Human Resource Managers: „,Post and Pray‘-Recruiting betreiben erfolgreiche Recruiter schon lange nicht mehr“ ist Active Sourcing also immer noch weit davon entfernt, das Stelleninserat zu ersetzen.

Einen Teil der Antwort auf die Frage dieses Beitrages, wie Active Sourcing effizient eingesetzt wird und wie die richtigen Technologien den Rekrutierungsprozess vereinfachen könnten, liegt darin, die Gründe zu verstehen, warum Active Sourcing sich noch nicht durchgesetzt hat und warum es Meinungen derart polarisiert. Da ich in meiner Reihe über technologische Trends im HR schon viel über das Potenzial und die Funktionsweise von neuen Technologien geschrieben habe, will ich mich in diesem Beitrag mehr auf die Rahmenbedingungen konzentrieren, auf die solche Technologien in HR- Abteilungen treffen.

Kurz zum Begriff „Active Sourcing“

Für eine Definition bediene ich mich mal bei Wikipedia: „Active Sourcing steht für alle Massnahmen der Identifizierung vielversprechender Mitarbeiter auf dem externen Arbeitsmarkt, bei denen das Unternehmen aktiv versucht, in persönlichen Kontakt mit potenziellen Bewerbenden und Mitarbeitenden zu treten und eine dauerhafte Beziehung zu den Bewerbenden aufzubauen.“ Dabei sind Social-Media-Kanäle und professionelle Netzwerke wie Xing, LinkedIn und auch Online-Bewerberdatenbanken von besonderer Wichtigkeit.

Warum hat sich Active Sourcing noch nicht durchgesetzt?

Das könnte zum einen daran liegen, dass Firmen manchmal nicht so ganz wissen, wen Sie denn genau einstellen wollen. Denn Stelleninserate werden aufgrund von Floskeln, politisch korrekter Aufgabenformulierung und immer längeren Anforderungsprofilen zunehmend unverständlicher. Wenn man zum Beispiel den Gewinner der Goldenen Runkelrübe 2015, dessen Kandidatenprofil sich über eine ganze A4-Seite erstreckt, mit einem Stelleninserat von 1900 vergleicht, das sich auf 3 Zeilen beschränkt, dann könnte man durchaus zum Schluss kommen, dass die Firmen schon gar nicht mehr wissen, wen sie denn genau suchen. Nur so am Rande, die Goldene Runkelrübe ist ein Preis der unter anderen Henner Knabenreich jedes Jahr an die schlechtesten Stelleninserate verleiht. Beim Active Sourcing ist eine schwammige Zielgruppe ein grosses Problem. Ein gutes Stelleninserat bedingt nämlich die Kürze und Präzision einer Stellenanzeige von 1900. Dies bedeutet wiederum, dass man genau wissen muss, wen man sucht, um geeignete Kandidaten ansprechen und finden und zu können.

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Aber auch wenn man seine Zielgruppe von potenziellen Bewerbenden genau definiert hat, so fehlt es an geeigneten Tools, um die Nadel im Heuhaufen zu entdecken. Zwar gibt es Angebote, wie etwa das von LinkedIn Recruiter, die behaupten, aus einem weltweiten Talentpool genau die passenden Kandidaten heraussuchen zu können. Aber die Suche scheitert bereits an unterschiedlichen Sprachen. Gibt man zum Beispiel Java Entwickler/-in und Java Developer ein, so werden komplett unterschiedliche Ergebnisse geliefert. Im Allgemeinen hat LinkedIn ja auch eher Mühe, passende Resultate zu liefern, wenn man nicht auf Englisch sucht. Auch bei anderen Anbietern wie zum Beispiel dem Talentmanager von Xing oder Online-CV-Datenbanken sieht es nicht besser aus. Könnte es echt daran liegen, dass es nicht wirklich viel Kritik im Netz über die Unzulänglichkeiten solcher Sourcing Tools gibt, weil alle durchs Band hinweg ungefähr gut oder schlecht funktionieren?

Die häufig zu beobachtende Ungewissheit der Personalabteilungen, wen Sie einstellen sollen, und die Fehlerhaftigkeit der Analysetools führen dann dazu, dass viele Mitglieder von professionellen Netzwerken so viele vermeintlich persönliche Ansprachen erhalten, dass sie diese erst gar nicht mehr öffnen, sondern direkt aus dem Posteingang löschen. Denn meistens ist die Anfrage schlicht nicht passend oder sie ist so unpersönlich formuliert, dass die Eignung des Kandidaten im Schreiben nicht zu erkennen ist. Das trifft besonders zu auf Personen mit häufig nachgefragten Fähigkeiten wie zum Beispiel aus der IT-Branche. Dass solche verfehlten Anschreiben immer mehr zunehmen, trägt dann auch massgeblich zum schlechten Ruf von Active Sourcing bei.

Dazu kommt, dass Active Sourcing eine sehr aufwendige und teure Recruiting-Methode ist, warum sie meistens wohl nur für Spezialisten und Führungskräfte verwendet wird. Aber versteckt sich manchmal hinter der Entschuldigung „Ich habe keine Zeit für eine aktive Kandidatenansprache“ auch noch etwas mehr? Bei „Post and Pray“ ist es nämlich die Sache des Kandidaten im ersten Schritt, die Passung zwischen sich und dem Unternehmen zu beurteilen, während beim Active Sourcing diese Verantwortung der Personalabteilung zukommt. Vielleicht versteckt sich hinter dieser Aussage also auch ein wenig Angst vor dem Leistungsdruck, in ein paar Klicks wertvolle Kandidatenvorschläge liefern zu können oder müssen (was bei der Qualität der Suchresultate auf Netzwerken und Plattformen ja auch durchaus verständlich ist).

Wie könnte Active Sourcing effizient eingesetzt werden?

Wie wir gesehen haben, müssten manche Personalabteilungen sich mehr Zeit nehmen, individuellere Ansprachen zu schreiben und in erster Instanz ein klares Bild haben, wen sie einstellen wollen. Ich will mich im Weiteren aber noch ein wenig mit den technologischen Möglichkeiten befassen, wie man Active Sourcing effizient einsetzen könnte.

Mit LinkedIn und Xing hat man heutzutage Zugriff auf einen weltweiten Talentpool. Viele potenzielle Kandidaten haben etliche persönliche Informationen, wie Berufserfahrung, Fähigkeiten und Diplome erfasst. Mit einer solchen Menge an Daten müsste es eigentlich möglich sein, passende Kandidaten herauszufiltern. Das würde aber ein Tool benötigen, das über die gegenwärtige Suche über Stichworte und Filter hinausgeht und stattdessen das ganze Profil der LinkedIn- oder Xing-Mitglieder mit dem Profil einer Stelle abgleicht. Zudem müsste das bei einem globalen Netzwerk wie LinkedIn auch sprachübergreifend funktionieren. Damit ein Tool die richtigen potenziellen Bewerbenden finden kann, müsste es also nicht keywordbasiert sondern ontologiebasiert funktionieren. So eine ontologiebasierte Suche erkennt nämlich alle verwandten und synonymen Bezeichnungen für Berufe, Kenntnisse und Diplome. Sie macht damit eine heterogene Masse an Profilen wie bei LinkedIn erst vergleichbar. Mehr zum Unterschied zwischen keywordbasierter und ontologiebasierter Suche, Matching von komplexen Profilen und sprachübergreifender Suche können Sie in meinem Beitrag lesen.

Um den Personalabteilungen Abhilfe zu schaffen, ein präzises Kandidatenprofil zu erstellen, hat LinkedIn für seine neue Recruiter-Anwendung (LinkedIn Recruiter), die Anfang 2016 auf den Markt kommen wird, eine Funktion gebaut, die dem Anwender erlaubt, nicht mit Stichworten zu suchen, sondern mit einem Mitgliederprofil. Wenn man also kein klares Anforderungsprofil hat, sondern einfach einen weiteren Mitarbeitenden ein bisschen so wie ein bereits bestehendes Teammitglied sucht, dann kann man in LinkedIn nach ähnlichen Personen suchen. Eine gute Idee, ich bin aber gespannt, wie relevant die Suchresultate wirklich sein werden.

Ein effizienter Einsatz von Active Sourcing – auch wenn es Stelleninserate nicht komplett ablösen würde – könnte eine viel grössere Menge an potenziellen Kandidaten erreichen. Denn es zielt auch auf diejenigen ab, die nicht aktiv auf Stellensuche sind, aber dennoch offen für eine neue Stelle wären. Und das sind gemäss Talent Trends 2014 immerhin 85% der Arbeitskräfte. Zudem ertrinkt man beim Active Sourcing nicht in einer Flut von Bewerbungen, sondern kann sich eine Handvoll Kandidaten herauspicken. Was aber, wenn alle plötzlich effizient Active Sourcing betreiben würden und Active Sourcing wirklich das „Post und Pray“-Zeitalter ablösen würde? Dann würden sich die Firmen gegenseitig immer wieder die besten Mitarbeitenden abwerben. Der Markt um die besten Fachkräfte würde viel umkämpfter werden, und man müsste versuchen, diese mit mehr Mitteln an die eigene Firma zu binden. Das würde die Kosten für Active Sourcing noch viel mehr in die Höhe treiben. Ebenso würden natürlich die Löhne steigen, da die Mitarbeitenden mehr um Ihren Wert wissen. Zum Schluss kann man darum sagen, dass es also vielleicht am effizientesten ist, wenn nicht alle Active Sourcing effizient betreiben.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.

Die Schweiz siegt im weltweiten Kampf um die besten Talente.

Im Vorfeld des jährlichen stattfindenden World Economic Forum (WEF) in Davos präsentierte der Arbeitsvermittler Adecco seinen aktuellsten Global Talent Competitiveness Index. Bereits zum dritten Mal in Folge belegt die Schweiz im Ranking den 1. Platz. Gemäss der Pressemitteilung von Adecco zeige die Studie aber auch einen leichten Abwärtstrend auf. Andere Länder wie die Tschechische Republik und Estland in Europa oder Chile oder Südkorea in der restlichen Welt holen als attraktive Destinationen auf.

Berechnet wurde der Index über den weltweiten Wettbewerb um Talente von der renommierten französischen Wirtschaftsuniversität INSEAD zusammen mit den Partnern Adecco Group und dem Human Capital Leadership Institute of Singapore. Das Thema dieses Jahres lautet „Anreize für Talente und internationale Mobilität”. Es widmet sich Erkenntnissen im Zusammenhang mit der Wechselbeziehung zwischen Talent und wirtschaftlichem Wohlstand. Mobilität spielt eine zentrale Rolle beim Schliessen von Qualifikationslücken. Ein Grossteil innovativer Menschen mit Unternehmergeist stammt aus dem Ausland oder hat dort studiert. Daher überrascht es nicht, dass sich die Staaten, die die Spitzenplätze im Index einnehmen, als attraktive Zielländer für Talente in Stellung gebracht haben.

Der Index misst die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation in Bezug darauf, wie sie Talente findet, fördert und hält. Die Forscher haben sechs Pfeiler definiert: Rahmenbedingungen, Attraktivität,
Wachstum, Mitarbeiterbindung, Berufskenntnisse und Allgemeinwissen. Die Schweiz übertrifft das europaweite Durchschnittsergebnis in jedem der sechs Pfeiler. In drei der sechs Pfeiler rangiert sie in den Top 5, was einer leichten Abnahme gegenüber des Vorjahres entspricht: Verbessert hat sie sich bei den Rahmenbedingungen (von Rang 2 auf Rang 1) und bei der Mitarbeiterbindung (von Rang 3 auf Rang 1). Die Attraktivität hat sich ebenfalls gesteigert (von Rang 9 auf Rang 7). In dieser Kategorie schneiden sechs Länder besser ab: Singapur, Australien, Luxemburg, Kanada, Neuseeland und Katar. Weniger gut abgeschnitten als im Vorjahr hat die Schweiz in den Pfeilern Wachstum (von Rang 3 auf Rang 5), Berufskenntnisse und Allgemeinwissen (zwei Mal von Rang 5 auf Rang 6). Quelle Pressemitteilung Adecco Schweiz

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In der Studie wird die Mobilität als zentraler Faktor für die Entwicklung von Talenten bezeichnet. Im Umkehrschluss heisst das, dass die Schweiz von der „Talenteinwanderung“ profitieren konnte, da sie in verschiedenen Dimensionen attraktiv ist und so kluge Köpfe weltweit anzieht. Wer jetzt denkt, dass einzig und alleine der Lohn für die Attraktivität verantwortlich ist, der irrt. „Die hohe Lebensqualität, interessante Jobs, hohe Saläre und gute Karriere-Chancen, die auf den Fähigkeiten des Einzelnen beruhen, tragen ganz klar zur Attraktivität des Arbeitsortes Schweiz bei.“ so Burth.

Das deckt sich im gross und ganzen auch mit einer Studie des Beratungsunternehmens Universum. Laut einer Umfrage unter 250‘000 Fachkräften in 55 Märkten befindet sich die Schweiz im „Happyness-Index“ auf Platz 7. Sprich in der Top Ten was die glücklichsten Arbeitnehmenden angeht. Interessanterweise sind die Angestellten in der Telekommunikationsbranche besonders glücklich. Auf Rang zwei folgt die Luft-, Raumfahrt- sowie Rüstungsindustrie, danach folgen die Wirtschaftsprüfung und die Steuerberatung.

Beim Global Talent Competitiveness Index der Adecco zeigt sich aber auch ein weiterer interessanter Fakt. Auf dem Podest findet man mit der Schweiz, Singapur und Luxemburg allesamt „Zwergstaaten“.

„Kleine Länder haben eher gelernt, dass sie sich öffnen müssen, wenn sie Wohlstand schaffen wollen.“ sagt Bruno Lanvin, Studienleiter. Demzufolge haben in dem Ranking erfolgreiche Länder besonders hohe Quoten an im Ausland geborenen Arbeitnehmenden, teilweise von bis zu 50 Prozent. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Offenheit auch dafür sorgt, dass weltweit die besten Talente Ihren Weg in die besagten Nationen finden. Die Forscher gehen deswegen davon aus, dass nicht die besten Talente dahingehen, wo die beste Arbeit ist, sondern die beste Arbeit dorthin geht, wo die besten Leute sind.

Das ist eine wichtige Erkenntnis für die Unternehmen in der Schweiz. Das heisst aber auch, dass der internationale „Talentmarkt“ dauerhaft überwacht werden muss. Denn nur wer stets auf der Suche ist, hat dann auch die Möglichkeit die richtigen Kandidaten anzustellen und vor allem längerfristig zu binden. Dafür sollten Unternehmen auch technologische Hilfsmittel setzen.

Internationales Active Sourcing
Um den Arbeitsmarkt dauerhaft zu überwachen, müssen die Unternehmen auf Active Sourcing setzen. Arbeitgeber können so dauerhaft den Arbeitsmarkt oder in diesem Fall den Talentmarkt beobachten und frühzeitig Beziehungen zu potentiellen Talenten aufbauen. Ihnen einen echten und authentischen Weg aufzuzeigen, weshalb ein Wechsel Sinn macht. Was z. B. ein echter Mehrwert in der Zukunft sein kann usw. Der Aufbau einer solchen Community oder eben eines Beziehungsnetzwerks muss aktiv seitens des Unternehmens passieren und das eben genau nicht einfach nur, wenn aktiv jemand gesucht wird.

Wie JANZZ-Technologie beim Active Sourcing eingesetzt werden kann.
Damit Unternehmen aber Active Sourcing auch effektiv zur Rekrutierung nutzen können, braucht es auch die richtigen Tools. JANZZ.technology stellt Firmen diese Tools zur Verfügung z. B. mit der Jobmatching-Plattform JANZZ.jobs. Sie bietet Firmen die Möglichkeit Arbeitsmarkt-Analysen selbst durchzuführen und ermöglicht eben dank Active Sourcing den nationalen und internationalen Markt auf potentielle Bewerbende oder Talente zu sondieren. JANZZ.jobs ist sprachübergreifend und schafft es so auch die unterschiedlichen Qualifikationen aus anderen Ländern richtig mit den Anforderungen der Firmen im jeweils anderen Land zu matchen. So können Sie mit einem Tool sowohl den Arbeitsmarkt überwachen, Beziehungen aufbauen und erst noch gleich die passenden Bewerber finden.

JANZZ Mindsetter – Interview mit Carole Egger

JANZZ Mindsetter überlässt das Wort Persönlichkeiten, die sich zu relevanten Themen rund um HR, Recruiting, Arbeitsmarkt, digitale Transformation, Diskriminierung am Arbeitsmarkt u.v.m. äussern. Mit diesem Blog wollen wir Menschen das Wort geben, die uns eine andere Sicht auf die Dinge vermitteln. Eben Mindsetter.

Carole Egger zum Thema Bewerbungsverfahren

Carole Egger ist Leiterin Productized Services bei der Unternehmensberatung Korn Ferry Hay Group in der Schweiz.

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Ihre Recruiting-Studie zeigt, dass die Bewerberauswahl immer mehr Unternehmen schwer fällt. Was für Konsequenzen kann das längerfristig haben?

Grosse Unternehmen haben nach unserer Analyse häufig mit einer Bewerbungsflut zu kämpfen und stehen vor der Herausforderung, dabei nicht die falschen Entscheidungen zu treffen. Nur wer die passenden Prozesse hat, die Masse an Bewerbungen zu bearbeiten, wird es schaffen, den richtigen Kandidaten wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Häufig jedoch werden Stellen mit Personen besetzt, die dafür nicht optimal geeignet sind. Diese Fehlentscheidungen kommen die Unternehmen teuer zu stehen – mehr als 6.000 Euro kostet durchschnittlich eine Neubesetzung. Neben höheren Rekrutierungskosten steigt in diesen Fällen häufig auch die Mitarbeiterfluktuation. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Motivation des verbleibenden Personals im Unternehmen aus. Zudem schreiben die Mitarbeiter, die kündigen, immer öfter über ihre Enttäuschung in sozialen Netzwerken und schädigen so die Marke des ehemaligen Arbeitgebers. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben dagegen ein ganz anderes Problem. Sie erhalten meist zu wenige Bewerbungen. Ihnen fällt es schwer, genügend geeignete Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Für diese Unternehmen ist es für ihren künftigen Erfolg aber entscheidend, weiterhin qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Gelingt ihnen dies nicht, steht langfristig ihre Existenz auf dem Spiel.

Wie könnte man die Selektion verbessern oder gar teilautomatisieren?

Sinnvoll ist eine Kombination der unterschiedlichen Verfahren zu einem effizienten und effektiven Prozess. Unserer Meinung nach gibt es hier noch deutliches Optimierungspotenzial in vielen Unternehmen. Vor allem am Anfang bieten sich automatisierte Methoden wie Killerfragen und psychometrische Verfahren an, welche die schnelle Bearbeitung, automatisiertes Feedback für die Kandidaten und eine Gleichbehandlung der Bewerber gewährleisten. Um Ressourcen sinnvoll einzusetzen, empfehlen wir, aufwändige Verfahren wie strukturierte Interviews, Case Studies und Assessment-Center erst nach einem gründlichen Screening-Prozess bei einem kleinen Kreis von Bewerbern einzusetzen.

Warum setzen immer noch so viele Unternehmen auf traditionelle statt automatisierte Bewerbungsverfahren?

Es fehlt das Know-how zu automatisierten Verfahren. Daraus resultiert oftmals eine skeptische Grundhaltung gegenüber automatischen Verfahren. Zum einen können Entscheider es als Verlust von Entscheidungsspielraum und Kontrolle empfinden, wenn das Verfahren „entscheidet“, wer zum Interview eingeladen wird. Zum anderen hat HR Angst vor Kompetenzverlust und Deutungshoheit. Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als „normal“ angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidaten auf faire Weise vergleichbar macht. Und HR hat ein Instrument an der Hand, mit dem man sich sehr gut als Business Partner etablieren kann.

JANZZ Highlights: Wie wir erfolgreich ins 2016 gestartet sind

2015 war ein spannendes und arbeitsreiches Jahr für uns, mit Projekten in Europa, Südostasien und dem mittleren Osten. Die Komplexität durch die vielen verschiedenen Sprachen, Kulturen und Arbeitsmärkte hat viel von unserem Datenbank Management Team abverlangt. Darum sind wir umso stolzer, diese Projekte gemeistert zu haben und so viel Knowhow rundum berufsbezogenen Daten mitgenommen zu haben. Unser Team aber auch unser zentrales Asset, unsere Ontologie JANZZon! haben viel dazugelernt.

Berufsklassifikationen

  • Wir haben einen Grossteil der Indischen Berufsklassifikation NCO-2004 integriert. Das beinhaltet viele Berufe in Englisch, aber auch in Hindi.
  • Die Erfassung von JSOC 2011 (Japan) und NOC 2011 (Kanada) ist ebenfalls bald abgeschlossen.
  • Im Holländischen sind wir daran, über 14‘000 Berufe aus der nationalen Klassifikation BO&C zu erfassen. Diese Daten werden angereichert mit Informationen aus echten Stellenanzeigen.

LinkedIn Skills

Dadurch, dass das präzise Auffinden von passenden Talenten und Jobs in LinkedIn immer wichtiger wird, nimmt die Bedeutung der Kenntnisse oder Skills, die immer mehr Mitglieder erfassen, immens zu. LinkedIn wirbt sogar damit, dass das Erfassen von Kenntnissen die Besucherzahl auf dem Profil vervierfacht. Die Skills, die Mitglieder auf ihren Profilen erfassen ermöglichen es LinkedIn Jobvorschläge, Werbung und Suchresultate genauer zu personalisieren. Umgekehrt können Firmen passende Kandidaten gemäss Jobbezeichnung oder Kenntnissen suchen.
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Unsere Ontologie enthielt bereits ca. 70% dieser auf LinkedIn erfasster Kenntnisse. Um unserem Ziel „Mastering Occupation Data“ noch näher zu kommen, haben wir begonnen, die verbliebenen 30% auch noch in unsere Wissensdatenbank zu integrieren. Denn wir wollen wirklich alle Skills der Welt kennen (das Gleiche gilt natürlich für Berufe).

Semantische Technologie

Warum ist es so wichtig, diese Klassifikationen und Kenntnisse in unserer Ontologie zu erfassen? Warum reicht es zum Beispiel nicht, dass einfach LinkedIn die Kenntnisse seiner Nutzer erfasst hat? Unsere Ontologie erfasst diese Begriffe nicht nur, sie verknüpft sie auch logisch miteinander. Im Fall von LinkedIn heisst das, dass alle Skills automatisch in durchschnittlich 10 Sprachen erfasst werden, was die Daten auf globaler Ebene vergleichbar macht. Damit bietet JANZZon! unentbehrlicher Kontext und intelligente Auswertungs-, Anreicherungs- und Nutzungsmöglichkeiten für Anwendungen wie z.B. Informationssysteme, Matching Engines, Jobportale, CV-Parser, statistischen Analyse- und Modellierungswerkzeuge und viele mehr. Die Ontologie wird zum Mittel, eine grosse Menge an Daten intelligent Nutzen zu können. Big Data wird zu Smart Data.

Können Big Data zukünftig helfen, die richtigen Bewerbenden zu finden? Was wird damit sonst noch möglich? Teil 6/10

Immer mehr Unternehmensbereiche – mit Ausnahme vielleicht des HR – beschäftigen sich ausgiebig mit der Generierung und Verwertung von riesigen Datenmengen. „Big Data“ und „Predictive Analytics“ lauten die Buzzworte der Stunde. Doch was steckt genau hinter diesem Trend? Und wie kann der Rohstoff des 21. Jahrhunderts Arbeitsabläufe im HR unterstützen und zukunftsgerichtet verändern? Das sind Fragen, die ich mit Ihnen in diesem Beitrag vertiefen möchte.

Wie die BARC-Studie 2015 über die Häufigkeit von Big-Data-Analysen in verschiedenen Unternehmensbereichen eindrucksvoll zeigt, wird Big Data momentan im Personalmanagement kaum genutzt. Während Big Data schon längst in der Kommunikations-, Marketing- und Finanzbranche angekommen ist, so tut sich das HR noch schwer, die intelligente Nutzung von Daten in bestehende Prozesse einzuflechten. Dies liegt auf der einen Seite an der grossen Vielfalt und Inkongruenz der Systeme und Daten, die im HR zum Tragen kommen, auf der anderen Seite an der Überzeugung, dass der Mensch im Zentrum steht und dieser nicht durch die Analyse von Datenpunkten erfassbar ist. Thilo Weichert vom Landeszentrum für Datenschutz sagt zum Beispiel, dass „Personalentscheidungen höchstpersönliche Dinge sind, wo es um individuelle Erwartungen und Fähigkeiten geht. Derartiges ist über Big Data nicht in den Griff zu bekommen.“ Hinter dieser Überzeugung versteckt sich natürlich auch oft die Vorliebe, Entscheidungen im HR aufgrund von Intuition zu fällen, anstatt auf einer tiefgründigen Datenanalyse. In der Tat scheint die Aversion gegen die Nutzung von Daten im HR tief verankert zu sein. So berichtet eine DGFP-Studie von 2011, dass lediglich 38% der Unternehmen die Standardkennzahl Time-to-Fill messen. Im Umkehrschluss heisst das, dass 62% der Unternehmen nicht genau wissen, wie lange eine Stellenbesetzung dauert. Der effiziente Einsatz von Big Data in HR scheint so ein Ziel in weiter Ferne.

30512_big_data1Abbildung: In welchen Bereichen eines Unternehmens werden Big -Data -Analysen gemacht bzw. geplant. (BARC Studie 2015)

Doch über die letzten Jahre hat sich Data Analytics von einem Technologiephänomen zu einem geschäftsrelevanten Leistungstreiber entwickelt. Das Vermögen eines Unternehmens, Daten intelligent zu nutzen, ist zu einem entscheidenden Marktvorteil geworden. Ein digitaler Darwinismus herrscht, in dem nicht die stärksten Firmen – die Marktführer – zu den Siegern der Zukunft gehören werden, sondern die Firmen, die sich am besten und am schnellsten dem digitalen Zeitalter anpassen können. Auch das Personalmanagement kann sich diesem Wettbewerb nicht entziehen. Eine Studie von Bersin by Deloitte zeigt zum Beispiel, dass die Nutzung unseres digitalen Fussabdrucks im HR sich messbar auf den Erfolg eines Unternehmens auswirkt: die Aktienkurse von Firmen mit ausgereifter Datenanalyse im HR übertreffen ihre Konkurrenz um über 30 Prozentpunkte. Big Data kann nicht nur zur Steigerung der Geschäftsleitung beitragen, sondern dient auch der Minderung von Risiken. Personalentscheidungen, die auf der Grundlage einer Datenanalyse gefällt werden, sind objektiver und transparenter. Unternehmen sind somit weniger anfällig für Anschuldigungen wegen Diskriminierung, die in kostspieligen Verfahren enden können.

Big Data: Rohstoff der Digitalisierung

Was aber ist Big Data nun genau? Der Schweizer Bund definiert Big Data als „eine grosse Datenmenge aus vielfältigen Quellen, die mit hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit erfasst, gespeichert und für unbestimmte Zwecke auf unbestimmte Zeit für Auswertungen und Analysen verfügbar gemacht werden“. Wer von Big Data in der Personalverwaltung spricht, der meint in der Regel alle Daten, die sich bei der Verwaltung und dem Management eines Unternehmens ansammeln. Dazu kommen aber auch Daten von sozialen Medien und E-Mails. Grundsätzlich sind alle personalbezogenen Daten und eine Vielzahl externer Daten, die zunächst scheinbar nicht mit dem Personalwesen in Verbindung stehen, für die Arbeit mit Big Data geeignet. Neben den demografischen Daten sind es alle arbeitsplatz- und leistungsbezogenen Daten, Daten über Qualifikationen und Fertigkeiten, Entgeltdaten, Daten über die Mitarbeiterentwicklung, Stammdaten, Daten aus der Zeiterfassung und aus Recruiting- Aktivitäten. Das können aber auch zum Beispiel Wetterdaten, Straßenzustandsberichte oder Rohstoffdaten sein. Je nach Fragestellung, die mithilfe von Big Data im Personalumfeld gelöst werden soll. Josh Bersin, Geschäftsführer und Gründer des auf die Erforschung innovativer HR-Themen spezialisierten Unternehmens Bersin by Deloitte, bezeichnet den Schwerpunkt des Umgangs mit Big Data innerhalb des HR deshalb treffend als „Talent Analytics oder auch „People Analytics.

Der wesentliche Beitrag, den Big Data oder eben „People Analytics“ machen kann, liegt dabei nicht im Datenvolumen selbst, sondern in einer rationaleren Entscheidungsgrundlage in verkürzter Zeit oder sogar in Echtzeit. Es geht darum, einen komplexen Sachverhalt in sehr kurzer Zeit zu bearbeiten. Big Data geht weiter als jegliches Controlling. Denn es schaut nicht zurück, sondern kann Daten ad hoc auswerten und im Idealfall sogar datenbasierte Vorhersagen über Zukunftsszenarios treffen. Adria McCarthy fasst dies im Harvard Business Review zusammen, indem sie sagt, dass das HR dank Big Data weniger „reactionary“ und mehr „predictive“ sein wird.

People Analytics und die Zukunft des HR

In der Tat ist der Fantasie für die Nutzung von Big Data im HR keine Grenzen gesetzt. Das ist sowohl die grösste Chance als auch die grösste Gefahr, die People Analytics birgt. Da Big Data so verheissungsvoll wirkt, wird das Potential des technischen Tools oft leicht überschätzt. Denn wenn die Fragestellung, die eine HR-Abteilung anhand von Big Data beantworten möchte, nicht klar ist, dann nützen die besten Daten und Analysetools nichts. Jede Initiative in Richtung People Analytics sollte daher stets von einem spezifischen Businessinteresse ausgehen. Big Data muss nicht immer ein allumfassender Ansatz sein, sondern kann pointiert auf eine gewisse Fragestellung angewendet werden. So können nicht nur grosse Konzerne sondern auch KMUs mit limitierten Ressourcen Big Data nutzen.

Anwendungsbeispiele kommen oft aus dem Bereich Personalgewinnung oder Personalauswahl. Anhand einer Performanceanalyse bestehender Mitarbeiter und Teams kann ermittelt werden, welche Kompetenzen bei Bewerbern besonders wichtig sind. Erfolgsmuster können so erkannt und repliziert werden. Xerox hat zum Beispiel erkannt, dass bei der Einstellung von Mitarbeitern in Call Centern der Faktor Erfahrung in einem ähnlichen Beruf überbewertet wurde. Zudem hat eine Datenanalyse ergeben, dass Mitarbeiter, die auf vier oder mehr sozialen Netzwerken aktiv sind, das Unternehmen schneller wieder verlassen. Durch diese Erkenntnisse konnte Xerox die Fluktuationsraten in seinen Call Centern um 20% senken. Bei durchschnittlichen Kosten von USD 5‘000 ist das eine beachtliche Ersparnis. Auch andere Firmen verwenden Big Data, um Mitarbeiterfluktuation vorauszusagen und zu reduzieren. Wal-Mart und Credit Suisse bedienen sich zum Beispiel bereits Algorithmen um zu ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Mitarbeiter im folgendem Jahr kündigen wird. So können sie Nachfolgeplanung und Kompetenzsicherung proaktiv betreiben. Doch die Möglichkeiten von Big Data gehen noch viel weiter. Finanzdienstleister analysieren, aus welchen Gründen Leute Betrug begehen und welche Arbeitsverhältnisse und Einstellungspraktiken dazu beitragen könnten. Produktunternehmen korrelieren Ausbildung und Erfahrung mit dem Erfolg ihres Verkaufspersonals und den Gründen, warum Top-Verkäufer die Firma verlassen. Und Hersteller untersuchen den E-Mailverkehr und die Kommunikation ihrer Top-Manager nach Mustern, um so herauszufinden, was für Arbeitsstile zur grössten Produktivität führen. Josh Bersin glaubt deshalb, dass People Analytics über kurz oder lang über den HR-Bereich hinauswachsen wird, da dessen Erkenntnisse sich direkt auf alle anderen Bereiche eines Unternehmens auswirken.

Wichtig dabei zu bedenken ist aber, dass der Mensch in einem Big-Data-Szenario immer den Lead behält und sicherstellt, dass die aus den Daten gewonnen Einsichten effektiv für das Unternehmen umgesetzt werden. Denn nur der Mensch kann sich im Klaren darüber sein, dass Korrelationen leicht mit Kausalitäten verwechselt werden können, und nur er kann noch einmal kritisch hinterfragen, ob die Fragestellung auch richtig formuliert wurde. Die Einsichten aus Big Data werden oft überschätzt, da sie auf einer sehr grossen Datengrundlage basieren, und sollten daher umso mehr kritisch betrachtet werden. Bei einer Demonstration eines Big-Data-Analyse-Tools zum Beispiel, wurde gezeigt, wie man mithilfe von Big Data ein verkaufsschwaches Team verbessern könnte. Dafür wurden die drei besten Sales Mitarbeiter eines anderen Teams mit ein paar Klicks herausgesucht und für einen Teamwechsel vorgeschlagen. Was aber mit dem bis anhin verkaufsstarken Team passieren würde, wenn die drei besten Mitarbeiter abgezogen würden, wurde nicht in Betracht gezogen. Datenbasiert geführte Unternehmen sind also nicht Unternehmen, die den Ergebnissen von Big-Data-Analysen blind folgen, sondern Unternehmen, die mit dem Tool Big Data gekonnt umgehen und so mehr Wissen und Transparenz um diverse Prozesse und Zusammenhänge schaffen.

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Nicht zuletzt müssen bei der Verwendung natürlich Datenschutzfragen geklärt sein. Die Sammlung und Speicherung von Daten für „unbestimmte Zwecke“ auf „unbestimmte Zeit“ sind nicht mit den Grundsätzen der Datenschutzregelungen wie etwa Zweckbindung und Datensparsamkeit vereinbar. Doch die Nutzung von personenbezogenen Daten hat längst begonnen und ist nicht mehr wegzudenken. Wie das HR muss der Datenschutz noch einiges aufholen, was die Nutzung von Big Data betrifft, um Fortschritt, Wirtschaftlichkeit und Privatsphäre miteinander zu vereinbaren.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.

Der Kampf für Lohngleichheit in Deutschland.

Die Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig hat genug. Mit einem neuen Gesetz will Sie dem Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern endlich beikommen. Nach wie vor verdienen in Deutschland Frauen 22% weniger Geld als Ihre männlichen Kollegen und auch bei vergleichbaren Qualifikationen und sonstigen Merkmalen sind es immerhin noch sieben Prozent. Die Zahlen des statistischen Bundesamtes bestärken Schwesig die Lücke zu schliessen. Das neue Gesetz soll deswegen bereits bei der Jobausschreibung greifen. In den Anzeigen soll von nun an der Lohn angegeben werden, der als Mindestentgelt zu bezahlen ist. So sollte Gerechtigkeit und mehr Transparenz geschaffen werden, damit die Frauen eine bessere Verhandlungsbasis haben. Bereits im März sagte Schwesig in einem Artikel der FAZ: „Ich bin überzeugt: Transparenz und Lohngerechtigkeit nutzen gerade den Unternehmen: Faire Löhne sind Teil eines nachhaltigen Personalmanagements und helfen, gerade weibliche Fachkräfte zu binden und Mitarbeiter zu motivieren.“

Mehr Transparenz = Lohngleichheit?
Doch ist wirklich die fehlende Transparenz das Problem? Darüber lässt sich durchaus streiten, denn der vorgeschlagene Gesetzesentwurf regelt ja nur das Mindestendgelt und lässt so, wohl immer noch zu viel Spielraum.
Doch es sind daneben noch weitere Massnahmen geplant. So sollen Arbeitnehmende künftig Anspruch darauf haben zu erfahren, wie hoch das durchschnittliche Monatsgehalt von mindestens fünf Beschäftigten in vergleichbaren Positionen ist. Zudem sollen rund 6000 Unternehmen verpflichtet werden die Lohngleichheit selbst zu überprüfen und einen Bericht veröffentlichen.
Sicherlich ein grosser Eingriff des Staates in die Wirtschaft, dies wird auch von verschiedener Seite lautstark kritisiert. Doch wenn die Wirtschaft nicht selbst für Lohngleichheit sorgt, dann muss der Staat früher oder später reagieren.
Ob ein solcher Entwurf, die Problematik aber lösen kann, darf durchaus hinterfragt werden. Denn es fehlt an etwas sehr entscheidendem: standardisierten Verfahren zur Messung. Es bräuchte ein Messverfahren, um überhaupt Mitarbeitende miteinander vergleichen zu können. Nur die Ausbildung alleine genügt da nicht. Faktoren wie Weiterbildungen, Erfahrung, Fremdsprachenkenntnisse aber auch das Arbeitspensum haben einen konkreten Einfluss auf den Lohn, ja sogar Soft Skills. Schwierig da einen gesetzlichen Standard zu definieren, damit ein solcher Abgleich passieren kann. Ob das wirklich möglich ist? Was für eine Lösung wäre bei kleineren Unternehmen denkbar?

Sicher ist aber eines, nämlich dass dieser Missstand behoben werden muss. Der Im Dezember veröffentlichte Global Gender Gap Report stellt Deutschland eine ganz schlechte Note aus. Zwar rangiert das Land insgesamt auf dem 11. Platz, doch bei der Lohngleichheit fällt Deutschland mit Platz 101 aus allen Traktanden.

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Es besteht also Handlungsbedarf. Fragt sich aber wer mit gutem Beispiel vorangeht? Der Staat in diesem Falle auch nur bedingt. Wir haben über Twitter bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nachgefragt, ob der Öffentliche Dienst ebenfalls von der Lohnungleichheit betroffen ist. Ja, ist er. Aktuellste Zahlen zu diesem Thema kommen zwar erst im März, aber die Social Media Verantwortlichen haben uns eine ältere Untersuchung zukommen lassen zu dem Thema. Im Vergleich zur Wirtschaft steht der Staat zwar besser dar, aber von Lohngleichheit kann keine Rede sein. Wir sind auf die neuesten Statistiken sehr gespannt.
Generell finden wir aber, dass gerade der Staat seine Vorbildsfunktion hier wahrnehmen und diese Lohnlücken sofort schliessen sollte. Alleine schon um Kritiker zu entwaffnen. Frage ist, warum diese Unterschiede im öffentlichen Dienst überhaupt je zustande gekommen sind? Über Twitter hat uns Manuela Schwesig aber bestätigt, dass Ihr Entwurf auch den öffentlichen Dienst miteinschliesst.

Doch wie könnten in Zukunft die Verdienstunterschiede wieder ausgeglichen und somit Diskriminierung verringert respektive verhindert werden? Fehlende Transparenz ist unserer Meinung nach, nicht der richtige Ansatzpunkt, um dies zu verhindern. Im Gegenteil. Wir finden es sollte genau in die andere Richtung gehen: Anonymität. Anonyme Bewerbungsverfahren könnten helfen solche Diskriminierungen zu verhindern. Dazu braucht es aber ein Umdenken im gesamten Rekrutierungsprozess.

Wird eine Bewerbung anonym eingereicht, so findet der Entscheid ob Bewerbende in die engere Auswahl kommen, lediglich auf Grund des Könnens, der Fähigkeiten und Qualifikationen statt. Selbst der Lohn könnte direkt ausgeschrieben werden oder die Vorstellungen noch anonym über z.B. eine Plattform diskutiert/verhandelt werden. Würde in einem zweiten Schritt die Anonymität aufgelöst oder kommt es zu einer Einladung für ein Bewerbungsgespräch wäre es kaum denkbar, dass auf Grund z.B. des Geschlechtes noch zu Lohnunterschieden kommt, geschweige denn ein Gespräch noch abgesagt werden würde (z.B. nicht nur auf Grund des Geschlechtes, sondern auch Herkunft, Alter oder Aussehen usw.). Dies würde nicht nur die Auswahl der geeigneten Bewerbenden einschränken, sondern auch den Recruiter in Argumentationsschwierigkeiten bringen. Denn vergessen wir nicht, dass eine engere Auswahl ja oftmals bereits intern präsentiert und argumentiert werden muss.
Für ein solches Bewerbungsverfahren müsste sich unserer Meinung nach auch der Staat stark machen. Stellen der öffentlichen Hand müssten aus diesem Grunde mit dem anonymen Bewerbungsverfahren vergeben werden. Indem die Jobs der öffentlichen Hand chancengleich und diskriminierungsfrei vergeben werden kann der Staat selbst auch entgegen wirken und mit gutem Beispiel voran gehen.
Wir von JANZZ.jobs haben uns seit Jahren dem Kampf gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt gewidmet. Deswegen setzt die Plattform auch schon von Beginn an auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität.

Anonyme Bewerbungsverfahren
Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken auf Grund von Geschlecht, Alter, Herkunft, Aussehen usw. sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Stellensuchende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.