Welche technologischen Trends werden in Zukunft den Alltag des HR massgeblich verändern? Teil 1/10

Die digitale Revolution hat auch das HR und hier vor allem das Recruiting bereits seit geraumer Zeit erfasst. Und beide werden ihr in Zukunft in noch viel stärkerem Masse ausgesetzt sein. Erfahrungsgemäss stellen wir uns unsere Zukunft als mehr oder weniger lineare Extrapolation aus in der Vergangenheit Gelerntem und selbst erlebter Gegenwart vor. Mehr oder weniger das Gleiche, das Bekannte, das Vertraute. Einfach schneller, grösser, besser, schöner, kleiner, günstiger. Wenn es um die fortschreitende Digitalisierung im HR geht, irren wir uns mit dieser Erwartung wohl ein weiteres Mal. Und so wird es in absehbarer Zeit zu gewaltigen Umbrüchen in der Branche und der eingesetzten Technologien kommen.

Dazu gehören meiner Ansicht nach z. B.

  • Das vollständige Verschwinden herkömmlicher, insbesondere bezahlter Job-Anzeigen (und damit verbundenen Selektions- und Einstellungsprozesse) wie wir sie seit langer Zeit kennen. Und dies nicht nur in den bereits arg gebeutelten Printmedien.
  • Oder dass künftig die Jobsuche mit Google und nicht länger auf einem dedizierten Portal oder einer der mehrheitlich unspezifischen und meist eher schlecht funktionierenden Jobseiten beginnt, sondern ganz anderen Gesetzmässigkeiten folgen wird.

Ob sich aber all die „wichtig geschriebenen“ Trends wie Mobile Recruiting (eigentlich nichts anderes als alter Wein in neuen Schläuchen, da lediglich eine logische Verlagerung längst veränderten Medienkonsums), JobSpotting oder Active Sourcing in Social Media und CV-Datenbanken etc. als wirklich so nachhaltig und wegweisend entpuppen, wird sich noch zeigen müssen.

Abwarten und Aussitzen verspricht jedoch kaum längerfristigen Erfolg. Heissen wir also die digitale Revolution respektive deren Tools freundlich willkommen, sofern sie denn uns HR Manager und Recruiting-Spezialisten im Alltag unterstützen. Am besten sollten sie die herkömmlichen Prozesse aber auch gleich noch verbessern. Was wiederum nichts anderes heisst, als Prozesse mit immer mehr, manchmal relevanten manchmal aber auch wenig aussagekräftigen Daten, schneller, einfacher und vor allem effizienter zu gestalten.

Kurz: Die Automatisierung erfasst Jahrzehnte nach Fertigung und Industrie, Dienstleitungssektor und Transport etc. nun auch als einen der letzten Bereiche das HR und seine Prozesse. Allen voran das Recruiting.

Automatisierung wird bei Wikipedia u. a. als „die mit Hilfe von Maschinen realisierte Übertragung von Arbeit vom Menschen auf Automaten, üblicherweise durch technischen Fortschritt“ definiert, bzw. nach DIN V 19233 als : „Das Ausrüsten einer Einrichtung, so daß sie ganz oder teilweise ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäß arbeitet.“

Trends im HR - Technologische Automatisierung
Quelle: istockphoto.com

Ohne Mitwirkung des Menschen? Sieht so also die perfekte HR-Abteilung der Zukunft aus? Hoffentlich nicht!

Fakt ist aber, dass bereits heute die richtigen Technologien und Tools das HR und das Recruitment gewinnbringend unterstützen und damit die Transformation zu einer weiterreichenden Automation initiiert haben. Wollen Sie ebenfalls an dieser Transformation teilhaben, müssten Sie als ersten Schritt einen neuen hochbegabten Kollegen rekrutieren: den Algorithmus. Wikipedia beschreibt ihn als: „eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen“.

Der Algorithmus ist also Ihr persönlicher Troubleshooter, den Sie sowohl strategisch als auch geschäftsorientiert 24 Std. für sich arbeiten lassen können. Ihr neuer Kollege hat einiges auf dem Kasten, doch er kann seine Fähigkeiten nur dann gewinnbringend nutzen, wenn Sie ihn konsequent anleiten und führen. Diese Leadership und Expertise sollte übrigens nicht aus Ihrer IT-Abteilung kommen, sondern muss Teil der HR-Organisation sein. Beginnen Sie mit der Implementation des Algorithmus am Besten gleich sofort, denn dann wird er schnell mit standardisierten Prozessen zur Wertschöpfung beitragen.
Ein Algorithmus kann gezielt und effizient mit Millionen von äusserst unterschiedlichen, auch asymmetrischen, vielsprachlichen, validierten und nicht validierten Daten umgehen. Solche Daten werden zum wettbewerbsrelevanten Stellhebel der Automatisierung. Aus Big (Occupation) Data kann so zum Beispiel zukünftig in Real Time der geeignete Kandidat herausgefiltert werden. Oder besser noch perfekt auf Ihre Anforderungen und Kriterien „gemacht“ werden. Dies wird aber eben nur dann möglich, wenn Ihre Daten einigermassen klassifiziert und vor allem „intelligent“ sind.

Für diese Intelligenz benötigt es (und wird im Laufe meiner Beitragsserie noch erklärt)

  1. ein präzises, stark verbessertes Parsing, welches in der Zukunft von „Big (Occupation) Data“ eine Schlüsselrolle spielen wird. Damit wird die semantische Dimension der Daten vieler Anwendungen und Applikationen erst möglich.
  2. unterschiedliche, zunehmend selbstlernende Ontologien in verschiedenen Grössen, Spezialisierungen und Ausrichtungen.

Ohne solche Ontologien wird innert nützlicher Frist im HR-Bereich eine sinnvolle und präzise Nutzung sowie Automatisierung nur ein vorübergehender Trend bleiben. Dabei ist doch gerade im HR die Komplexität in Bezug auf Strukturen der Daten (CV’s, Diplome, Assessments, Zeugnisse, Leistungs-Beurteilungen etc.), Terminologien, Sprachen, Qualifikationen, Erfahrungen, Befähigungen etc. sehr hoch.

All die vorgängig genannten Punkte und Werkzeuge der Automatisierung obliegen aber dem HR-Trendthema dieser Tage schlechthin: Dem Matching. Mehr dazu, was es genau heisst, was jeder/jede von uns darunter versteht und was es wirklich zu leisten vermag, aber in meinen nächsten Beiträgen mit den Themen:

  • Was ist der Unterschied zwischen ontologie- und Keyword basiertem Matching/Search?
  • Was kann gutes Job- und Skillmatching eigentlich und wo unterstützt es das HR?

Nun ist es an Ihnen: Wenn Sie nicht in kurzlebige Trends investieren wollen, sondern in ganzheitliche und technologiegetriebene Prozesse mit gewinnbringenden Veränderungen, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um in einer aktiven Rolle zum Innovationsleader zu werden. Kommen wird sie sowieso, die digitale Automatisierung. Und solange wir im Lead bleiben und sie bestimmen, automatisiert sie uns gemäss der Definition „…so daß sie ganz oder teilweise ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäss arbeitet.“ auch nicht gleich mit weg.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.

Dieser Artikel ist auch ein Beitrag zur Blogparade vom Human Resources Manager. #ZukunftHR