Mensch gegen Maschine – Automatisierung der Bewerbungsverfahren

Die digitale Revolution hat das HR und auch das Recruiting bereits seit geraumer Zeit erfasst, ja vielleicht sogar teilweise überschwappt. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. Doch viel wichtiger als die Menge wäre der richtige Einsatz, damit aus Technologie, die Ihnen helfen sollte gewisse Schritte zu automatisieren, nicht noch mehr Aufwand resultiert. Wir möchten uns in diesem Blog auf die Automatisierung im Bewerbungsprozess beschränken.

Trotz all der Automatisierung können wir aber das Duell Mensch gegen Maschine schon vorentscheiden. Ohne Mitwirkung des Menschen wird es und soll es nicht gehen. Fakt ist aber, dass bereits heute die richtigen Technologien und Tools das HR und das Recruitment gewinnbringend unterstützen und damit die Transformation zu einer weiterreichenden Automation initiiert haben. Genau zu diesem Thema, mit dem Schwerpunkt auf die Bewerbungsverfahren, hat die Zeit ein höchst interessantes Interview mit Christoph Beck, Professor an der Hochschule Koblenz für Human Ressource Management, geführt. Wir möchten in diesem Blog gewisse Fragen aus dem Interview herausnehmen und diese noch ergänzen, respektive aus unserer Sicht kommentieren.

Thema Bewerbungsmanagementsysteme

ZEIT Campus: Mit solchen Systemen können Bewerber automatisch vorsortiert werden, zum Beispiel in eine A-Gruppe mit vielversprechenden Kandidaten, eine B-Gruppe, aus der man Nachrücker rekrutiert, und eine C-Gruppe für Bewerber mit geringen Aussichten.

Beck: Im Grunde ist das nichts Neues, nur dass es früher Menschen gemacht haben. Wenn für eine Stelle viele Bewerbungen eingingen, wurde bei der Erstsichtung pro Mappe nicht mehr als eine Minute verwendet. Dabei hat man auf dieselben Schlüsselkriterien geachtet, die auch jetzt herangezogen werden.

ZEIT Campus: Welche Kriterien sind das?

Beck: Das kommt auf das Unternehmen und auf die Stelle an. Meist geht es um ganz grundlegende Dinge wie zum Beispiel den Studienabschluss und bestimmte Fähigkeiten wie etwa Sprachkenntnisse. Das Anforderungsprofil der Stelle wird mit dem Bewerberprofil abgeglichen. Personaler sprechen von der sogenannten Matching-Qualität. Sie sollte möglichst hoch sein.

ZEIT Campus: Ein Beispiel, bitte.

Beck: Wenn man einen Anästhesisten sucht, will man keinen Orthopäden. Wenn jemand fließend Englisch sprechen muss, weil er mit Kunden in New York verhandeln wird, reicht es nicht, wenn er das nur mäßig kann, dafür aber perfekt Spanisch beherrscht. Und wenn man für eine Stelle Erfahrungen im Projektmanagement mitbringen soll, ist es nützlich, wenn man so etwas schon einmal gemacht hat. Die Fähigkeiten, die man braucht, um den jeweiligen Job gut zu machen, sollten also so stark wie möglich mit dem zusammengehen, was der Bewerber mitbringt. Diese sogenannte Passung ist einfach enorm wichtig, damit der Bewerber hinterher im Berufsalltag gut zurechtkommt.

Herr Beck nennt eine der wichtigsten Punkte überhaupt: die Matching-Qualität. Diese stellt heute bei vielen automatisieren Prozessen ein sehr grosses Problem dar. Denn Mismatches sorgen für einen höheren Aufwand seitens der Personaler oder je nachdem auch dafür, dass geeignete Bewerber aussortiert werden. Joachim Diercks von Cyquest hat in unserer Interview-Serie JANZZ-Mindsetter die Problematik präzis ausgeführt: „Gutes Matching sorgt ja dafür, dass es weniger Friktionen gibt. Friktionen sind die Ineffizienzen, die bei der Suche nach passendem Kandidaten bzw. der Suche nach dem passenden Job und Arbeitgeber entstehen. Dieser gegenseitige Suchprozess kostet im günstigsten Fall nur Zeit und Energie auf beiden Seiten; im schlimmsten Fall jedoch kostet er sowohl viel Zeit und Energie und gelingt am Ende noch nicht einmal, weil Kandidat, Job und Unternehmen gar nicht zusammen passen – ein Fehler, der leider oft erst im Nachhinein erkannt wird oder sogar gar nicht. Das eine wäre ineffizient, das andere zudem auch noch ineffektiv.“ Genau dort liegt somit auch die grösste Gefahr der Bewerbungsmanagementsysteme zu scheitern und somit auch, dass die Unternehmen der Auswahl durch einen Algorithmus oder wie es die Zeit nennt Maschine zu vertrauen. Dabei ist der erste grosse Fehler oftmals der falsche Einsatz von Technologie. Denn Matching ist nie gleich Matching und erst, wer die Unterschiede wirklich gut kennt, kann diese auch wirklich erfolgreich und vor allem gewinnbringend einsetzen. Es gibt zwei Varianten von Matchings, doch nur eines ist wirklich wirkungsvoll.

Keywordbasiertes Matching/Search

Die keywordbasierte Suche ist die einfachste Form der Suche in grossen Datenmengen. Basis der Suche bildet das eingegebene Keyword, welches dann ohne Berücksichtigung von Bedeutung, Kontext und Synonymen abgeglichen wird. Es ist offensichtlich, dass dies nicht funktionieren kann, oder nur zu einem gewissen Grad. Denn viele Wörter können je nach Kontext komplett unterschiedlich verwendet werden. Das Wort «Manager» ist ein gutes Beispiel für solche Auswüchse: «Sales Manager», «Campaign Manager» und «Office Manager» tauchen alle bei der gleichen Suche auf, haben aber schlichtweg nicht viel miteinander zu tun.

Zudem erkennt die keywordbasierte Suche keine Synonyme oder Bezeichnungen in anderen Sprachen: so sucht sie neben dem «CEO» nicht auch z. B. nach «Geschäftsführer/-in», «Geschäftsleiter/-in» oder «Managing Director» etc. Dafür findet sie Fehltreffer wie z. B. «Assistentin des CEO» oder «Sekretärin des Geschäftsführers». Die keywordbasierte Suche übersieht somit viele potenzielle Resultate und liefert derweil zahlreiche falsche Treffer, was nicht nur Zeit sondern auch Nerven kostet. Damit die keywordbasierte Suche besser funktionieren kann, braucht sie einen Thesaurus, der ihr hilft den richtigen Kontext und passende Zusammenhänge zu erkennen. Damit wären wir aber schon fast beim ontologiebasierten Matching.

Ontologiebasiertes Matching/Search

Das ontologiebasierte Matching stellt nicht den Suchbegriff als solchen, sondern dessen Bedeutung in den Vordergrund. Dies geschieht über einen Thesaurus (Wortnetz) und eine Ontologie (Datenbank). Dort sind die Begriffe nach Bedeutung gruppiert. Bei der Suchabfrage werden so Begriffe nach der korrekten Bedeutung miteinander verknüpft, auch wenn diese nicht mit der «Zeichenkette» übereinstimmen. Zudem werden bei Suchabfragen auch Synonyme und falls gewünscht, auch Bezeichnungen und Begriffe aus anderen Sprachen miteinbezogen. So erscheinen neben dem «Doktor» auch z. B. «Arzt/Ärztin», «Mediziner», «physician» etc. aber keine Fehltreffer wie z. B. «Doktorand/in» (PhD-Student/in) oder «Arzthelfer/in» etc. Der von Herrn Beck genannte klassische Mismatch, kann so also verhindert werden, aber es kann noch mehr.
In den letzten Jahren sind sehr viele, auch traditionelle Berufe z. B. mit allenfalls zeitgemässeren, aber oft im Sprachgebrauch sperrigen und daher kaum benutzten neuen Benennungen versehen. So wurden in den letzten Jahren z. B. aus einem «Mitarbeitenden für Kopien und Archiv» ein «Executive Document Manager» oder aus der «Reinigungsfachkraft» auch einmal eine «Raumveredlerin», um nur einige seltsame Auswüchse heutiger Job- und Berufsbeschreibungen zu nennen. Die ontologiebasierte Suche erkennt beide Ausdrücke, stellt problemlos den Zusammenhang her und kann so die Anzahl der richtigen Suchresultate maximieren.

Eine solche Form des Matchings wird oftmals auch als semantische Suche bezeichnet. Die Ergebnisse und die Präzision von semantischen Such- und Matchingprozessen sind von Umfang und Tiefe, aber natürlich auch von der Qualität und Vollständigkeit des verwendeten Kontext- und Hintergrundwissens, bzw. der verwendeten Ontologie abhängig.

Zukunft: ontologiebasiertes Matching

Sicherlich wird die ontologiebasierte Suche die zukunftsweisende Form sein, weil sie schlicht und einfach viel mehr kann. Denn sie verknüpft Inhalte und nicht Worte, was die Basis für eine erfolgreiche Suche ist. Wer zukünftig auf die ontologiebasierte Suche setzt, wird sich viel Zeit mit dem Durchforsten von unpassenden Suchresultaten sparen. Denn es wird ihm nur noch das Resultat angezeigt, dass auch wirklich inhaltlich zu seiner Suche passt. Ein solches Matching ist aber nicht einfach nur Zukunftsmusik, sondern es könnte bereits heute in Ihrer Firma eingesetzt werden. Sei es als eigene Jobplattform oder eben integriert in ein Bewerbungsmanagementsystem. Sie müssen dafür auch nicht extra eine ganze IT-Abteilung neu aufbauen. Es gibt bereits eine Ontologie, die Sie einsetzen können.

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Welchen Einfluss haben Recruiting-Technologien auf die Wahrnehmung eines Unternehmens als Arbeitgeber? Teil 8/10

Weniger ist manchmal mehr, gilt meiner Meinung nach auch beim Einsatz von Recruiting-Technologien, aber nicht so wie Sie jetzt vielleicht denken. Es kommt nicht so sehr darauf an, wie viel Technologie eingesetzt wird, sondern wie gut diese Technologie ist. Denn wirklich fortschrittliche Technologie fügt sich nahtlos in den Bewerbungsprozess ein und wird so von den Bewerbenden eigentlich gar nicht wahrgenommen. Dennoch stehen viele, besonders in der Schweiz, automatisierten Anwendungen, immer noch sehr skeptisch gegenüber. Wohl auch deswegen, weil zu oft eben nicht wirklich innovative Technologie zum Einsatz kommt und diese in der Tat der Arbeitgebermarke schaden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Vor- und Nachteilen aber auch Risiken, die mit dem Einsatz solcher Technologien verbunden sind.

Lange Wartezeiten bei der Antwort auf eine Bewerbung hinterlassen bei Bewerbenden einen schlechten Eindruck. Aber ebenso der Eindruck, die Bewerbung sei wie in einer Massenabfertigung nur kurz überflogen oder gar von einer Software ausgewertet und aufgrund mangelnder Schlüsselwörter im Lebenslauf aussortiert worden. Für Firmen, die mehrere (zehn)tausend Bewerbungen pro Jahr erhalten, ist es jedoch schwierig, nicht in eines dieser Fettnäpfchen zu treten. Gemäss der Recruiting-Studie 2015 der Hay Group haben bereits 3 von 5 Firmen Schwierigkeiten, aus der Masse an Bewerbungen geeignete Kandidaten herauszufiltern, da sie schlicht zu viele Bewerbungen erhalten. Neben den hohen Kosten für Fehlbesetzungen besteht dabei die Gefahr, der eigenen Employer Brand durch schlechte Rekrutierungsprozesse nachhaltig zu schaden. Für solche Firmen bieten Technologien, wie jene, die ich in meiner Reihe über technologische Trends im HR vorgestellt habe, die Möglichkeit, Rekrutierungsprozesse durch Automatisierung effizienter zu gestalten. Meiner Meinung nach sind aber nur diejenigen Technologien wirklich fördernd, die beim Bewerbenden nicht den Eindruck hinterlassen, sie würden von einer Maschine abgefertigt. Bei wirklich guter Technologie besteht also nicht die Gefahr, der Arbeitgebermarke zu schaden.

Welche Recruiting-Technologien?

Zuerst kurz zur Frage, welche Technologien gemeint sind. Denn wie der Web Service Capterra eindrücklich aufzeigt, gibt es eine immer grössere Vielfalt an HR-Anwendungen: Rund 547 HR-Softwareprodukte in 17 unterschiedlichen Kategorien listet der Onlinedienst auf. Da gibt es von Zeitmanagement, über Performance Ratings bis zu Talent Management so ziemlich für jede Aufgabe im HR eine passende Software-Lösung. In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf sogenannte Applicant Tracking Systeme (ATS) oder auch Talent Management Systeme, die Rekrutierungsprozesse automatisieren, sowie Active Sourcing Tools, wie LinkedIn Recruiter. Diese Technologien gestalten die ersten Berührungspunkte zwischen Firma und Bewerbern nämlich entscheidend mit. Schliesslich ist auch bei der Bewerbung der erste Eindruck – also zum Beispiel das Einfüllen und Absenden einer Online-Bewerbung oder die Kontaktaufnahme durch ein Unternehmen – entscheidend.

Candidate Experience und Employer Brand

Meinungen zum Einsatz und Einfluss von automatisierten Rekrutierungsverfahren gehen weit auseinander. Die Münchener Karriereberaterin Madeleine Leitner berichtet der Süddeutsche Zeitung, dass „die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau mit Locken jetzt die Technik so perfekt wie möglich erledigen soll“ und es dabei nur darum gehe „möglichst viele Leute auszusortieren“, da Firmen möglichst wenig Zeit und Geld investieren wollen. Die Karriereberaterin fasst das als schlicht „unwürdig“ für die Bewerbenden zusammen. Demgegenüber kritisiert Carole Egger, Leiterin von Productized Services bei der Unternehmensberatung Hay Group, in einem Interview mit JANZZ.technology, dass das Knowhow zu automatisierten Verfahren fehle, und darum oft eine skeptische Grundhaltung gegenüber diesen bestünde. Nichtsdestotrotz würde der Einsatz solcher Verfahren anderenorts durchaus als positiv wahrgenommen:

„Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente [und andere automatisierte Verfahren] im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als „normal“ angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidaten auf faire Weise vergleichbar macht.“

Bei uns hingegen erfreuen sich solche Verfahren im Moment noch keiner sonderlichen Beliebtheit. Die Candidate Experience Studie 2014 zeigt auf, dass rund jeder 10. Bewerbende lieber ganz auf eine Bewerbung verzichtet, wenn diese nur via Online-Formular möglich ist. Dies mag allerdings, wie Frau Egger sagt, daran liegen, dass standardisierte und automatisierte Bewerbungsverfahren im Gegensatz zum Ausland bei uns noch nicht sehr verbreitet sind. Zudem kommt es natürlich auch darauf an, wie eine Technologie in den Rekrutierungsprozess eingegliedert ist.

Die Gestaltung des Rekrutierungsprozesses hat auf jeden Fall einen grossen Einfluss auf die Firmenmarke. Denn die Candidate Experience Studie 2014 zeigt, dass 80% aller Bewerber Ihre Bewerbererfahrungen im Freundeskreis mitteilen. 25% auch via soziale Medien. Bei den unter 30-jährigen kommuniziert bereits fast jeder Dritte (31,2%) die eigene Bewerbungserfahrung über soziale Medien. Unzufriedene Bewerbende können so nicht nur der Arbeitgebermarke sondern dem Firmenimage als Ganzes schaden.

Der Aktien-Crash von LinkedIn

Wie die Medien berichteten, ist die LinkedIn-Aktie Anfangs Februar an einem einzigen Tag um 44% gefallen. Dabei wurden über 10 Milliarden US-Dollar Kapital vernichtet. Grund für den Fall der Aktie war der schwache Ausblick auf das Jahr 2016, der einen Umsatz von 820 Millionen US-Dollar für das erste Quartal in Aussicht stellte. Analysten hatten im Schnitt mit 850 Millionen gerechnet. Daraufhin korrigierten viele Analysten Ihre Kaufempfehlung. Das Unternehmen, das sein Geld mit der Personalsuche für Firmen (Talent Solutions), Werbung und Gebühren für Premium-Mitgliedschaften verdient, hat seinen Ausblick auf das Jahr 2016 daraufhin nach oben korrigiert.

Doch der Eindruck, dass es mit der Vermarktung der Nutzerdaten an Unternehmen und Recruiter stockt, mag nicht so recht verschwinden. Immerhin häufen sich zunehmend die Beschwerden der Nutzer, sie würden tagtäglich von Recruitern kontaktiert. „LinkedIn hat ein echtes Candidate Experience Problem“, schreibt etwa ein Mitglied. Aber auch Recruiter sind enttäuscht vom Active Sourcing Tool, da ihre Response-Raten auf Kandidatenanfragen oft weit unter Ihren Erwartungen liegen. Auch der immer wieder auf Online-Foren und Blogs ausgetauschte Tipp, man solle die Anfragen doch personalisieren, scheint nur begrenzt zu helfen. Zudem ist es ja auch so, dass sich die Unternehmen so die Mitarbeiter gegenseitig abwerben und so unter dem Schritt wahrscheinlich am Ende nicht viel besser dastehen. So manches Unternehmen überlegt sich daher, ob es noch weiter auf sozialen und professionellen Netzwerken rekrutieren soll. Denn wie sich gezeigt hat, weicht die Effizienz des Rekrutierungstools in der Realität stark von der Theorie ab. Sicherlich sollte die Effizienz solcher Tools wie LinkedIn Recruiter genau ausgewertet und gegen die Gefahr abgewogen werden, manchen potenziellen Mitarbeiter zu verärgern und so dem eigenen Image zu schaden.

recruiting-technologien

Quelle: Getty Images. Der immens grosse LinkedIn Talentpool ist allzu verlockend. Doch auf die unpersönlichen Anfragen von Headhuntern und HR Abteilungen antworten nur wenige.

Zusammengefasst

Technologien wie Active Tracking Systems und Active Sourcing Tools können durch Automatisierung mehr Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt schaffen, menschliche Fehler reduzieren und die Bearbeitungszeit von Bewerbungen senken. Active Sourcing Tools können zudem viel mehr potenzielle Mitarbeiter auf einmal ansprechen. Dies kann, wie der Fall von LinkedIn andeutet, aber auch dazu führen, Leute durch exzessives Spammen zu verärgern. Daher steht und fällt der erfolgreiche Einsatz von Recruiting-Technologien mit deren Qualität. Um nur eines von vielen möglichen Beispielen zu nennen: Wenn eine Bewerbung auf eine Stelle als Online Marketing Assistent durch einen Keyword basierten Filter automatisch aussortiert wird, weil sie das Wort „SEO“ nicht enthält, dann ist das sowohl ärgerlich für den Bewerbenden als auch ineffizient. Denn nur weil ein Bewerber nicht die Abkürzung SEO verwendet hat, muss er nicht per se ungeeignet für die ausgeschriebene Stelle sein. Ein Ontologie basiertes Matching Tool hingegen könnte das komplexe Profil des Bewerbenden mit der ausgeschriebenen Stelle abgleichen und so schon zu Beginn ein prozentgenaues Ranking der eingegangenen CVs herstellen. Sie sehen, es kommt wirklich auf die Intelligenz der verwendeten Technologien an.