Die Schweiz siegt im weltweiten Kampf um die besten Talente.

Im Vorfeld des jährlichen stattfindenden World Economic Forum (WEF) in Davos präsentierte der Arbeitsvermittler Adecco seinen aktuellsten Global Talent Competitiveness Index. Bereits zum dritten Mal in Folge belegt die Schweiz im Ranking den 1. Platz. Gemäss der Pressemitteilung von Adecco zeige die Studie aber auch einen leichten Abwärtstrend auf. Andere Länder wie die Tschechische Republik und Estland in Europa oder Chile oder Südkorea in der restlichen Welt holen als attraktive Destinationen auf.

Berechnet wurde der Index über den weltweiten Wettbewerb um Talente von der renommierten französischen Wirtschaftsuniversität INSEAD zusammen mit den Partnern Adecco Group und dem Human Capital Leadership Institute of Singapore. Das Thema dieses Jahres lautet „Anreize für Talente und internationale Mobilität”. Es widmet sich Erkenntnissen im Zusammenhang mit der Wechselbeziehung zwischen Talent und wirtschaftlichem Wohlstand. Mobilität spielt eine zentrale Rolle beim Schliessen von Qualifikationslücken. Ein Grossteil innovativer Menschen mit Unternehmergeist stammt aus dem Ausland oder hat dort studiert. Daher überrascht es nicht, dass sich die Staaten, die die Spitzenplätze im Index einnehmen, als attraktive Zielländer für Talente in Stellung gebracht haben.

Der Index misst die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation in Bezug darauf, wie sie Talente findet, fördert und hält. Die Forscher haben sechs Pfeiler definiert: Rahmenbedingungen, Attraktivität,
Wachstum, Mitarbeiterbindung, Berufskenntnisse und Allgemeinwissen. Die Schweiz übertrifft das europaweite Durchschnittsergebnis in jedem der sechs Pfeiler. In drei der sechs Pfeiler rangiert sie in den Top 5, was einer leichten Abnahme gegenüber des Vorjahres entspricht: Verbessert hat sie sich bei den Rahmenbedingungen (von Rang 2 auf Rang 1) und bei der Mitarbeiterbindung (von Rang 3 auf Rang 1). Die Attraktivität hat sich ebenfalls gesteigert (von Rang 9 auf Rang 7). In dieser Kategorie schneiden sechs Länder besser ab: Singapur, Australien, Luxemburg, Kanada, Neuseeland und Katar. Weniger gut abgeschnitten als im Vorjahr hat die Schweiz in den Pfeilern Wachstum (von Rang 3 auf Rang 5), Berufskenntnisse und Allgemeinwissen (zwei Mal von Rang 5 auf Rang 6). Quelle Pressemitteilung Adecco Schweiz

gtci-report-2015-2016

In der Studie wird die Mobilität als zentraler Faktor für die Entwicklung von Talenten bezeichnet. Im Umkehrschluss heisst das, dass die Schweiz von der „Talenteinwanderung“ profitieren konnte, da sie in verschiedenen Dimensionen attraktiv ist und so kluge Köpfe weltweit anzieht. Wer jetzt denkt, dass einzig und alleine der Lohn für die Attraktivität verantwortlich ist, der irrt. „Die hohe Lebensqualität, interessante Jobs, hohe Saläre und gute Karriere-Chancen, die auf den Fähigkeiten des Einzelnen beruhen, tragen ganz klar zur Attraktivität des Arbeitsortes Schweiz bei.“ so Burth.

Das deckt sich im gross und ganzen auch mit einer Studie des Beratungsunternehmens Universum. Laut einer Umfrage unter 250‘000 Fachkräften in 55 Märkten befindet sich die Schweiz im „Happyness-Index“ auf Platz 7. Sprich in der Top Ten was die glücklichsten Arbeitnehmenden angeht. Interessanterweise sind die Angestellten in der Telekommunikationsbranche besonders glücklich. Auf Rang zwei folgt die Luft-, Raumfahrt- sowie Rüstungsindustrie, danach folgen die Wirtschaftsprüfung und die Steuerberatung.

Beim Global Talent Competitiveness Index der Adecco zeigt sich aber auch ein weiterer interessanter Fakt. Auf dem Podest findet man mit der Schweiz, Singapur und Luxemburg allesamt „Zwergstaaten“.

„Kleine Länder haben eher gelernt, dass sie sich öffnen müssen, wenn sie Wohlstand schaffen wollen.“ sagt Bruno Lanvin, Studienleiter. Demzufolge haben in dem Ranking erfolgreiche Länder besonders hohe Quoten an im Ausland geborenen Arbeitnehmenden, teilweise von bis zu 50 Prozent. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Offenheit auch dafür sorgt, dass weltweit die besten Talente Ihren Weg in die besagten Nationen finden. Die Forscher gehen deswegen davon aus, dass nicht die besten Talente dahingehen, wo die beste Arbeit ist, sondern die beste Arbeit dorthin geht, wo die besten Leute sind.

Das ist eine wichtige Erkenntnis für die Unternehmen in der Schweiz. Das heisst aber auch, dass der internationale „Talentmarkt“ dauerhaft überwacht werden muss. Denn nur wer stets auf der Suche ist, hat dann auch die Möglichkeit die richtigen Kandidaten anzustellen und vor allem längerfristig zu binden. Dafür sollten Unternehmen auch technologische Hilfsmittel setzen.

Internationales Active Sourcing
Um den Arbeitsmarkt dauerhaft zu überwachen, müssen die Unternehmen auf Active Sourcing setzen. Arbeitgeber können so dauerhaft den Arbeitsmarkt oder in diesem Fall den Talentmarkt beobachten und frühzeitig Beziehungen zu potentiellen Talenten aufbauen. Ihnen einen echten und authentischen Weg aufzuzeigen, weshalb ein Wechsel Sinn macht. Was z. B. ein echter Mehrwert in der Zukunft sein kann usw. Der Aufbau einer solchen Community oder eben eines Beziehungsnetzwerks muss aktiv seitens des Unternehmens passieren und das eben genau nicht einfach nur, wenn aktiv jemand gesucht wird.

Wie JANZZ-Technologie beim Active Sourcing eingesetzt werden kann.
Damit Unternehmen aber Active Sourcing auch effektiv zur Rekrutierung nutzen können, braucht es auch die richtigen Tools. JANZZ.technology stellt Firmen diese Tools zur Verfügung z. B. mit der Jobmatching-Plattform JANZZ.jobs. Sie bietet Firmen die Möglichkeit Arbeitsmarkt-Analysen selbst durchzuführen und ermöglicht eben dank Active Sourcing den nationalen und internationalen Markt auf potentielle Bewerbende oder Talente zu sondieren. JANZZ.jobs ist sprachübergreifend und schafft es so auch die unterschiedlichen Qualifikationen aus anderen Ländern richtig mit den Anforderungen der Firmen im jeweils anderen Land zu matchen. So können Sie mit einem Tool sowohl den Arbeitsmarkt überwachen, Beziehungen aufbauen und erst noch gleich die passenden Bewerber finden.

JANZZ Mindsetter – Interview mit Carole Egger

JANZZ Mindsetter überlässt das Wort Persönlichkeiten, die sich zu relevanten Themen rund um HR, Recruiting, Arbeitsmarkt, digitale Transformation, Diskriminierung am Arbeitsmarkt u.v.m. äussern. Mit diesem Blog wollen wir Menschen das Wort geben, die uns eine andere Sicht auf die Dinge vermitteln. Eben Mindsetter.

Carole Egger zum Thema Bewerbungsverfahren

Carole Egger ist Leiterin Productized Services bei der Unternehmensberatung Korn Ferry Hay Group in der Schweiz.

janzz_mindsetter_egger

Ihre Recruiting-Studie zeigt, dass die Bewerberauswahl immer mehr Unternehmen schwer fällt. Was für Konsequenzen kann das längerfristig haben?

Grosse Unternehmen haben nach unserer Analyse häufig mit einer Bewerbungsflut zu kämpfen und stehen vor der Herausforderung, dabei nicht die falschen Entscheidungen zu treffen. Nur wer die passenden Prozesse hat, die Masse an Bewerbungen zu bearbeiten, wird es schaffen, den richtigen Kandidaten wie eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Häufig jedoch werden Stellen mit Personen besetzt, die dafür nicht optimal geeignet sind. Diese Fehlentscheidungen kommen die Unternehmen teuer zu stehen – mehr als 6.000 Euro kostet durchschnittlich eine Neubesetzung. Neben höheren Rekrutierungskosten steigt in diesen Fällen häufig auch die Mitarbeiterfluktuation. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Motivation des verbleibenden Personals im Unternehmen aus. Zudem schreiben die Mitarbeiter, die kündigen, immer öfter über ihre Enttäuschung in sozialen Netzwerken und schädigen so die Marke des ehemaligen Arbeitgebers. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben dagegen ein ganz anderes Problem. Sie erhalten meist zu wenige Bewerbungen. Ihnen fällt es schwer, genügend geeignete Bewerber auf sich aufmerksam zu machen. Für diese Unternehmen ist es für ihren künftigen Erfolg aber entscheidend, weiterhin qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Gelingt ihnen dies nicht, steht langfristig ihre Existenz auf dem Spiel.

Wie könnte man die Selektion verbessern oder gar teilautomatisieren?

Sinnvoll ist eine Kombination der unterschiedlichen Verfahren zu einem effizienten und effektiven Prozess. Unserer Meinung nach gibt es hier noch deutliches Optimierungspotenzial in vielen Unternehmen. Vor allem am Anfang bieten sich automatisierte Methoden wie Killerfragen und psychometrische Verfahren an, welche die schnelle Bearbeitung, automatisiertes Feedback für die Kandidaten und eine Gleichbehandlung der Bewerber gewährleisten. Um Ressourcen sinnvoll einzusetzen, empfehlen wir, aufwändige Verfahren wie strukturierte Interviews, Case Studies und Assessment-Center erst nach einem gründlichen Screening-Prozess bei einem kleinen Kreis von Bewerbern einzusetzen.

Warum setzen immer noch so viele Unternehmen auf traditionelle statt automatisierte Bewerbungsverfahren?

Es fehlt das Know-how zu automatisierten Verfahren. Daraus resultiert oftmals eine skeptische Grundhaltung gegenüber automatischen Verfahren. Zum einen können Entscheider es als Verlust von Entscheidungsspielraum und Kontrolle empfinden, wenn das Verfahren „entscheidet“, wer zum Interview eingeladen wird. Zum anderen hat HR Angst vor Kompetenzverlust und Deutungshoheit. Dabei sind zum Beispiel in Skandinavien und im gesamten angelsächsischen Raum eignungsdiagnostische Instrumente im Auswahlverfahren viel verbreiteter und werden folglich von Kandidaten als „normal“ angesehen. Wenn die Stärken solcher Verfahren, zum Beispiel Objektivität und Gleichbehandlung, erstmal erkannt werden, liegen die Vorteile auf der Hand: Subjektive Entscheidungen von den am Auswahlprozess Beteiligten werden ergänzt, in dem man Kandidaten auf faire Weise vergleichbar macht. Und HR hat ein Instrument an der Hand, mit dem man sich sehr gut als Business Partner etablieren kann.

JANZZ Highlights: Wie wir erfolgreich ins 2016 gestartet sind

2015 war ein spannendes und arbeitsreiches Jahr für uns, mit Projekten in Europa, Südostasien und dem mittleren Osten. Die Komplexität durch die vielen verschiedenen Sprachen, Kulturen und Arbeitsmärkte hat viel von unserem Datenbank Management Team abverlangt. Darum sind wir umso stolzer, diese Projekte gemeistert zu haben und so viel Knowhow rundum berufsbezogenen Daten mitgenommen zu haben. Unser Team aber auch unser zentrales Asset, unsere Ontologie JANZZon! haben viel dazugelernt.

Berufsklassifikationen

  • Wir haben einen Grossteil der Indischen Berufsklassifikation NCO-2004 integriert. Das beinhaltet viele Berufe in Englisch, aber auch in Hindi.
  • Die Erfassung von JSOC 2011 (Japan) und NOC 2011 (Kanada) ist ebenfalls bald abgeschlossen.
  • Im Holländischen sind wir daran, über 14‘000 Berufe aus der nationalen Klassifikation BO&C zu erfassen. Diese Daten werden angereichert mit Informationen aus echten Stellenanzeigen.

LinkedIn Skills

Dadurch, dass das präzise Auffinden von passenden Talenten und Jobs in LinkedIn immer wichtiger wird, nimmt die Bedeutung der Kenntnisse oder Skills, die immer mehr Mitglieder erfassen, immens zu. LinkedIn wirbt sogar damit, dass das Erfassen von Kenntnissen die Besucherzahl auf dem Profil vervierfacht. Die Skills, die Mitglieder auf ihren Profilen erfassen ermöglichen es LinkedIn Jobvorschläge, Werbung und Suchresultate genauer zu personalisieren. Umgekehrt können Firmen passende Kandidaten gemäss Jobbezeichnung oder Kenntnissen suchen.
linkedinskills
Unsere Ontologie enthielt bereits ca. 70% dieser auf LinkedIn erfasster Kenntnisse. Um unserem Ziel „Mastering Occupation Data“ noch näher zu kommen, haben wir begonnen, die verbliebenen 30% auch noch in unsere Wissensdatenbank zu integrieren. Denn wir wollen wirklich alle Skills der Welt kennen (das Gleiche gilt natürlich für Berufe).

Semantische Technologie

Warum ist es so wichtig, diese Klassifikationen und Kenntnisse in unserer Ontologie zu erfassen? Warum reicht es zum Beispiel nicht, dass einfach LinkedIn die Kenntnisse seiner Nutzer erfasst hat? Unsere Ontologie erfasst diese Begriffe nicht nur, sie verknüpft sie auch logisch miteinander. Im Fall von LinkedIn heisst das, dass alle Skills automatisch in durchschnittlich 10 Sprachen erfasst werden, was die Daten auf globaler Ebene vergleichbar macht. Damit bietet JANZZon! unentbehrlicher Kontext und intelligente Auswertungs-, Anreicherungs- und Nutzungsmöglichkeiten für Anwendungen wie z.B. Informationssysteme, Matching Engines, Jobportale, CV-Parser, statistischen Analyse- und Modellierungswerkzeuge und viele mehr. Die Ontologie wird zum Mittel, eine grosse Menge an Daten intelligent Nutzen zu können. Big Data wird zu Smart Data.

Können Big Data zukünftig helfen, die richtigen Bewerbenden zu finden? Was wird damit sonst noch möglich? Teil 6/10

Immer mehr Unternehmensbereiche – mit Ausnahme vielleicht des HR – beschäftigen sich ausgiebig mit der Generierung und Verwertung von riesigen Datenmengen. „Big Data“ und „Predictive Analytics“ lauten die Buzzworte der Stunde. Doch was steckt genau hinter diesem Trend? Und wie kann der Rohstoff des 21. Jahrhunderts Arbeitsabläufe im HR unterstützen und zukunftsgerichtet verändern? Das sind Fragen, die ich mit Ihnen in diesem Beitrag vertiefen möchte.

Wie die BARC-Studie 2015 über die Häufigkeit von Big-Data-Analysen in verschiedenen Unternehmensbereichen eindrucksvoll zeigt, wird Big Data momentan im Personalmanagement kaum genutzt. Während Big Data schon längst in der Kommunikations-, Marketing- und Finanzbranche angekommen ist, so tut sich das HR noch schwer, die intelligente Nutzung von Daten in bestehende Prozesse einzuflechten. Dies liegt auf der einen Seite an der grossen Vielfalt und Inkongruenz der Systeme und Daten, die im HR zum Tragen kommen, auf der anderen Seite an der Überzeugung, dass der Mensch im Zentrum steht und dieser nicht durch die Analyse von Datenpunkten erfassbar ist. Thilo Weichert vom Landeszentrum für Datenschutz sagt zum Beispiel, dass „Personalentscheidungen höchstpersönliche Dinge sind, wo es um individuelle Erwartungen und Fähigkeiten geht. Derartiges ist über Big Data nicht in den Griff zu bekommen.“ Hinter dieser Überzeugung versteckt sich natürlich auch oft die Vorliebe, Entscheidungen im HR aufgrund von Intuition zu fällen, anstatt auf einer tiefgründigen Datenanalyse. In der Tat scheint die Aversion gegen die Nutzung von Daten im HR tief verankert zu sein. So berichtet eine DGFP-Studie von 2011, dass lediglich 38% der Unternehmen die Standardkennzahl Time-to-Fill messen. Im Umkehrschluss heisst das, dass 62% der Unternehmen nicht genau wissen, wie lange eine Stellenbesetzung dauert. Der effiziente Einsatz von Big Data in HR scheint so ein Ziel in weiter Ferne.

30512_big_data1Abbildung: In welchen Bereichen eines Unternehmens werden Big -Data -Analysen gemacht bzw. geplant. (BARC Studie 2015)

Doch über die letzten Jahre hat sich Data Analytics von einem Technologiephänomen zu einem geschäftsrelevanten Leistungstreiber entwickelt. Das Vermögen eines Unternehmens, Daten intelligent zu nutzen, ist zu einem entscheidenden Marktvorteil geworden. Ein digitaler Darwinismus herrscht, in dem nicht die stärksten Firmen – die Marktführer – zu den Siegern der Zukunft gehören werden, sondern die Firmen, die sich am besten und am schnellsten dem digitalen Zeitalter anpassen können. Auch das Personalmanagement kann sich diesem Wettbewerb nicht entziehen. Eine Studie von Bersin by Deloitte zeigt zum Beispiel, dass die Nutzung unseres digitalen Fussabdrucks im HR sich messbar auf den Erfolg eines Unternehmens auswirkt: die Aktienkurse von Firmen mit ausgereifter Datenanalyse im HR übertreffen ihre Konkurrenz um über 30 Prozentpunkte. Big Data kann nicht nur zur Steigerung der Geschäftsleitung beitragen, sondern dient auch der Minderung von Risiken. Personalentscheidungen, die auf der Grundlage einer Datenanalyse gefällt werden, sind objektiver und transparenter. Unternehmen sind somit weniger anfällig für Anschuldigungen wegen Diskriminierung, die in kostspieligen Verfahren enden können.

Big Data: Rohstoff der Digitalisierung

Was aber ist Big Data nun genau? Der Schweizer Bund definiert Big Data als „eine grosse Datenmenge aus vielfältigen Quellen, die mit hoher Verarbeitungsgeschwindigkeit erfasst, gespeichert und für unbestimmte Zwecke auf unbestimmte Zeit für Auswertungen und Analysen verfügbar gemacht werden“. Wer von Big Data in der Personalverwaltung spricht, der meint in der Regel alle Daten, die sich bei der Verwaltung und dem Management eines Unternehmens ansammeln. Dazu kommen aber auch Daten von sozialen Medien und E-Mails. Grundsätzlich sind alle personalbezogenen Daten und eine Vielzahl externer Daten, die zunächst scheinbar nicht mit dem Personalwesen in Verbindung stehen, für die Arbeit mit Big Data geeignet. Neben den demografischen Daten sind es alle arbeitsplatz- und leistungsbezogenen Daten, Daten über Qualifikationen und Fertigkeiten, Entgeltdaten, Daten über die Mitarbeiterentwicklung, Stammdaten, Daten aus der Zeiterfassung und aus Recruiting- Aktivitäten. Das können aber auch zum Beispiel Wetterdaten, Straßenzustandsberichte oder Rohstoffdaten sein. Je nach Fragestellung, die mithilfe von Big Data im Personalumfeld gelöst werden soll. Josh Bersin, Geschäftsführer und Gründer des auf die Erforschung innovativer HR-Themen spezialisierten Unternehmens Bersin by Deloitte, bezeichnet den Schwerpunkt des Umgangs mit Big Data innerhalb des HR deshalb treffend als „Talent Analytics oder auch „People Analytics.

Der wesentliche Beitrag, den Big Data oder eben „People Analytics“ machen kann, liegt dabei nicht im Datenvolumen selbst, sondern in einer rationaleren Entscheidungsgrundlage in verkürzter Zeit oder sogar in Echtzeit. Es geht darum, einen komplexen Sachverhalt in sehr kurzer Zeit zu bearbeiten. Big Data geht weiter als jegliches Controlling. Denn es schaut nicht zurück, sondern kann Daten ad hoc auswerten und im Idealfall sogar datenbasierte Vorhersagen über Zukunftsszenarios treffen. Adria McCarthy fasst dies im Harvard Business Review zusammen, indem sie sagt, dass das HR dank Big Data weniger „reactionary“ und mehr „predictive“ sein wird.

People Analytics und die Zukunft des HR

In der Tat ist der Fantasie für die Nutzung von Big Data im HR keine Grenzen gesetzt. Das ist sowohl die grösste Chance als auch die grösste Gefahr, die People Analytics birgt. Da Big Data so verheissungsvoll wirkt, wird das Potential des technischen Tools oft leicht überschätzt. Denn wenn die Fragestellung, die eine HR-Abteilung anhand von Big Data beantworten möchte, nicht klar ist, dann nützen die besten Daten und Analysetools nichts. Jede Initiative in Richtung People Analytics sollte daher stets von einem spezifischen Businessinteresse ausgehen. Big Data muss nicht immer ein allumfassender Ansatz sein, sondern kann pointiert auf eine gewisse Fragestellung angewendet werden. So können nicht nur grosse Konzerne sondern auch KMUs mit limitierten Ressourcen Big Data nutzen.

Anwendungsbeispiele kommen oft aus dem Bereich Personalgewinnung oder Personalauswahl. Anhand einer Performanceanalyse bestehender Mitarbeiter und Teams kann ermittelt werden, welche Kompetenzen bei Bewerbern besonders wichtig sind. Erfolgsmuster können so erkannt und repliziert werden. Xerox hat zum Beispiel erkannt, dass bei der Einstellung von Mitarbeitern in Call Centern der Faktor Erfahrung in einem ähnlichen Beruf überbewertet wurde. Zudem hat eine Datenanalyse ergeben, dass Mitarbeiter, die auf vier oder mehr sozialen Netzwerken aktiv sind, das Unternehmen schneller wieder verlassen. Durch diese Erkenntnisse konnte Xerox die Fluktuationsraten in seinen Call Centern um 20% senken. Bei durchschnittlichen Kosten von USD 5‘000 ist das eine beachtliche Ersparnis. Auch andere Firmen verwenden Big Data, um Mitarbeiterfluktuation vorauszusagen und zu reduzieren. Wal-Mart und Credit Suisse bedienen sich zum Beispiel bereits Algorithmen um zu ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Mitarbeiter im folgendem Jahr kündigen wird. So können sie Nachfolgeplanung und Kompetenzsicherung proaktiv betreiben. Doch die Möglichkeiten von Big Data gehen noch viel weiter. Finanzdienstleister analysieren, aus welchen Gründen Leute Betrug begehen und welche Arbeitsverhältnisse und Einstellungspraktiken dazu beitragen könnten. Produktunternehmen korrelieren Ausbildung und Erfahrung mit dem Erfolg ihres Verkaufspersonals und den Gründen, warum Top-Verkäufer die Firma verlassen. Und Hersteller untersuchen den E-Mailverkehr und die Kommunikation ihrer Top-Manager nach Mustern, um so herauszufinden, was für Arbeitsstile zur grössten Produktivität führen. Josh Bersin glaubt deshalb, dass People Analytics über kurz oder lang über den HR-Bereich hinauswachsen wird, da dessen Erkenntnisse sich direkt auf alle anderen Bereiche eines Unternehmens auswirken.

Wichtig dabei zu bedenken ist aber, dass der Mensch in einem Big-Data-Szenario immer den Lead behält und sicherstellt, dass die aus den Daten gewonnen Einsichten effektiv für das Unternehmen umgesetzt werden. Denn nur der Mensch kann sich im Klaren darüber sein, dass Korrelationen leicht mit Kausalitäten verwechselt werden können, und nur er kann noch einmal kritisch hinterfragen, ob die Fragestellung auch richtig formuliert wurde. Die Einsichten aus Big Data werden oft überschätzt, da sie auf einer sehr grossen Datengrundlage basieren, und sollten daher umso mehr kritisch betrachtet werden. Bei einer Demonstration eines Big-Data-Analyse-Tools zum Beispiel, wurde gezeigt, wie man mithilfe von Big Data ein verkaufsschwaches Team verbessern könnte. Dafür wurden die drei besten Sales Mitarbeiter eines anderen Teams mit ein paar Klicks herausgesucht und für einen Teamwechsel vorgeschlagen. Was aber mit dem bis anhin verkaufsstarken Team passieren würde, wenn die drei besten Mitarbeiter abgezogen würden, wurde nicht in Betracht gezogen. Datenbasiert geführte Unternehmen sind also nicht Unternehmen, die den Ergebnissen von Big-Data-Analysen blind folgen, sondern Unternehmen, die mit dem Tool Big Data gekonnt umgehen und so mehr Wissen und Transparenz um diverse Prozesse und Zusammenhänge schaffen.

30152_big_data2-300x205

Nicht zuletzt müssen bei der Verwendung natürlich Datenschutzfragen geklärt sein. Die Sammlung und Speicherung von Daten für „unbestimmte Zwecke“ auf „unbestimmte Zeit“ sind nicht mit den Grundsätzen der Datenschutzregelungen wie etwa Zweckbindung und Datensparsamkeit vereinbar. Doch die Nutzung von personenbezogenen Daten hat längst begonnen und ist nicht mehr wegzudenken. Wie das HR muss der Datenschutz noch einiges aufholen, was die Nutzung von Big Data betrifft, um Fortschritt, Wirtschaftlichkeit und Privatsphäre miteinander zu vereinbaren.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.

Der Kampf für Lohngleichheit in Deutschland.

Die Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig hat genug. Mit einem neuen Gesetz will Sie dem Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern endlich beikommen. Nach wie vor verdienen in Deutschland Frauen 22% weniger Geld als Ihre männlichen Kollegen und auch bei vergleichbaren Qualifikationen und sonstigen Merkmalen sind es immerhin noch sieben Prozent. Die Zahlen des statistischen Bundesamtes bestärken Schwesig die Lücke zu schliessen. Das neue Gesetz soll deswegen bereits bei der Jobausschreibung greifen. In den Anzeigen soll von nun an der Lohn angegeben werden, der als Mindestentgelt zu bezahlen ist. So sollte Gerechtigkeit und mehr Transparenz geschaffen werden, damit die Frauen eine bessere Verhandlungsbasis haben. Bereits im März sagte Schwesig in einem Artikel der FAZ: „Ich bin überzeugt: Transparenz und Lohngerechtigkeit nutzen gerade den Unternehmen: Faire Löhne sind Teil eines nachhaltigen Personalmanagements und helfen, gerade weibliche Fachkräfte zu binden und Mitarbeiter zu motivieren.“

Mehr Transparenz = Lohngleichheit?
Doch ist wirklich die fehlende Transparenz das Problem? Darüber lässt sich durchaus streiten, denn der vorgeschlagene Gesetzesentwurf regelt ja nur das Mindestendgelt und lässt so, wohl immer noch zu viel Spielraum.
Doch es sind daneben noch weitere Massnahmen geplant. So sollen Arbeitnehmende künftig Anspruch darauf haben zu erfahren, wie hoch das durchschnittliche Monatsgehalt von mindestens fünf Beschäftigten in vergleichbaren Positionen ist. Zudem sollen rund 6000 Unternehmen verpflichtet werden die Lohngleichheit selbst zu überprüfen und einen Bericht veröffentlichen.
Sicherlich ein grosser Eingriff des Staates in die Wirtschaft, dies wird auch von verschiedener Seite lautstark kritisiert. Doch wenn die Wirtschaft nicht selbst für Lohngleichheit sorgt, dann muss der Staat früher oder später reagieren.
Ob ein solcher Entwurf, die Problematik aber lösen kann, darf durchaus hinterfragt werden. Denn es fehlt an etwas sehr entscheidendem: standardisierten Verfahren zur Messung. Es bräuchte ein Messverfahren, um überhaupt Mitarbeitende miteinander vergleichen zu können. Nur die Ausbildung alleine genügt da nicht. Faktoren wie Weiterbildungen, Erfahrung, Fremdsprachenkenntnisse aber auch das Arbeitspensum haben einen konkreten Einfluss auf den Lohn, ja sogar Soft Skills. Schwierig da einen gesetzlichen Standard zu definieren, damit ein solcher Abgleich passieren kann. Ob das wirklich möglich ist? Was für eine Lösung wäre bei kleineren Unternehmen denkbar?

Sicher ist aber eines, nämlich dass dieser Missstand behoben werden muss. Der Im Dezember veröffentlichte Global Gender Gap Report stellt Deutschland eine ganz schlechte Note aus. Zwar rangiert das Land insgesamt auf dem 11. Platz, doch bei der Lohngleichheit fällt Deutschland mit Platz 101 aus allen Traktanden.

gender
Es besteht also Handlungsbedarf. Fragt sich aber wer mit gutem Beispiel vorangeht? Der Staat in diesem Falle auch nur bedingt. Wir haben über Twitter bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nachgefragt, ob der Öffentliche Dienst ebenfalls von der Lohnungleichheit betroffen ist. Ja, ist er. Aktuellste Zahlen zu diesem Thema kommen zwar erst im März, aber die Social Media Verantwortlichen haben uns eine ältere Untersuchung zukommen lassen zu dem Thema. Im Vergleich zur Wirtschaft steht der Staat zwar besser dar, aber von Lohngleichheit kann keine Rede sein. Wir sind auf die neuesten Statistiken sehr gespannt.
Generell finden wir aber, dass gerade der Staat seine Vorbildsfunktion hier wahrnehmen und diese Lohnlücken sofort schliessen sollte. Alleine schon um Kritiker zu entwaffnen. Frage ist, warum diese Unterschiede im öffentlichen Dienst überhaupt je zustande gekommen sind? Über Twitter hat uns Manuela Schwesig aber bestätigt, dass Ihr Entwurf auch den öffentlichen Dienst miteinschliesst.

Doch wie könnten in Zukunft die Verdienstunterschiede wieder ausgeglichen und somit Diskriminierung verringert respektive verhindert werden? Fehlende Transparenz ist unserer Meinung nach, nicht der richtige Ansatzpunkt, um dies zu verhindern. Im Gegenteil. Wir finden es sollte genau in die andere Richtung gehen: Anonymität. Anonyme Bewerbungsverfahren könnten helfen solche Diskriminierungen zu verhindern. Dazu braucht es aber ein Umdenken im gesamten Rekrutierungsprozess.

Wird eine Bewerbung anonym eingereicht, so findet der Entscheid ob Bewerbende in die engere Auswahl kommen, lediglich auf Grund des Könnens, der Fähigkeiten und Qualifikationen statt. Selbst der Lohn könnte direkt ausgeschrieben werden oder die Vorstellungen noch anonym über z.B. eine Plattform diskutiert/verhandelt werden. Würde in einem zweiten Schritt die Anonymität aufgelöst oder kommt es zu einer Einladung für ein Bewerbungsgespräch wäre es kaum denkbar, dass auf Grund z.B. des Geschlechtes noch zu Lohnunterschieden kommt, geschweige denn ein Gespräch noch abgesagt werden würde (z.B. nicht nur auf Grund des Geschlechtes, sondern auch Herkunft, Alter oder Aussehen usw.). Dies würde nicht nur die Auswahl der geeigneten Bewerbenden einschränken, sondern auch den Recruiter in Argumentationsschwierigkeiten bringen. Denn vergessen wir nicht, dass eine engere Auswahl ja oftmals bereits intern präsentiert und argumentiert werden muss.
Für ein solches Bewerbungsverfahren müsste sich unserer Meinung nach auch der Staat stark machen. Stellen der öffentlichen Hand müssten aus diesem Grunde mit dem anonymen Bewerbungsverfahren vergeben werden. Indem die Jobs der öffentlichen Hand chancengleich und diskriminierungsfrei vergeben werden kann der Staat selbst auch entgegen wirken und mit gutem Beispiel voran gehen.
Wir von JANZZ.jobs haben uns seit Jahren dem Kampf gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt gewidmet. Deswegen setzt die Plattform auch schon von Beginn an auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität.

Anonyme Bewerbungsverfahren
Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken auf Grund von Geschlecht, Alter, Herkunft, Aussehen usw. sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Stellensuchende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.

JANZZ Mindsetter – Interview mit Joachim Diercks

JANZZ Mindsetter überlässt das Wort Persönlichkeiten, die sich zu relevanten Themen rund um HR, Recruiting, Arbeitsmarkt, digitale Transformation, Diskriminierung am Arbeitsmarkt u.v.m. äussern. Mit diesem Blog wollen wir Menschen das Wort geben, die uns eine andere Sicht auf die Dinge vermitteln. Eben Mindsetter.

Joachim Diercks zum Thema Matching

Diercks ist Geschäftsführer der CYQUEST GmbH mit Sitz in Hamburg. CYQUEST ist unter dem Oberbegriff Recrutainment spezialisiert auf die unternehmens- und hochschulspezifische Erstellung von Lösungen aus den Bereichen Eignungsdiagnostik (Online-Assessment) sowie Berufs- und Studienorientierung. Diercks ist Herausgeber des Buchs „Recrutainment“ (2014), Autor einer Reihe von Fachartikeln zu verschiedenen eRecruiting- und Employer Branding Themen sowie regelmäßiger Referent bei Fachkongressen. Mit dem Recrutainment Blog zeichnet er für einen der meistgelesenen deutschsprachigen HR-Blogs verantwortlich.

mindsetter_diercks

Sie bezeichnen Matching als das Trendthema. Weshalb?

Nun ja, „eigentlich“ ist Matching ja nichts neues, ging es doch in der Personalgewinnung im Prinzip immer schon darum, den richtigen Kandidaten für den passenden Job beim richtigen Unternehmen zu finden. Aber es ist nicht zu übersehen, dass in den letzten 2-3 Jahren eine ungeheure Dynamik in dieses Thema gekommen ist: Jede Menge neue Startups, die alle irgendein „Matching-Versprechen“ im Banner tragen und auch die etablierten Plattformen, allen voran die großen Business-Netzwerke LinkedIn und XING, gehen alle auf dieses Thema.

Für mich sind hierfür fünf Gründe ursächlich:

  1. Die Arbeitsmärkte haben sich dramatisch verändert. Zumindest in Deutschland, Österreich und der Schweiz kann man beobachten, dass sich viel in Richtung „Bewerbermarkt“ verschiebt. In Deutschland ist gerade die niedrigste Arbeitslosenquote seit 24 Jahren verzeichnet worden. Damit einher geht eine gewisse „Machtverschiebung“ in Richtung Kandidat. Die Unternehmen müssen sich also tendenziell mehr einfallen lassen. Matching ist hier oft eine Option.
  2. Diese Veränderung in den Arbeitsmärkten geht zudem einher mit einem neuen Auswahl-Paradigma: Es geht im Gegensatz zu früher heute viel mehr um „Passung“ statt um „Eignung“. Man sucht nicht mehr nach dem „Besten“, sondern dem „Bestpassenden“. Und das meint nicht nur die Unternehmen. Auch Arbeitnehmer wollen wissen, ob ein Arbeitgeber „in Gänze“ zu ihnen passt, nicht nur fachlich… Viele Matchingansätze drehen sich daher auch gar nicht (nur) um Hardfacts, sondern vor allem weiche Passungsfaktoren.
  3. Die nachwachsenden Bewerberzielgruppen, man spricht hier ja oft von GenY und GenZ ticken in vielerlei Hinsicht etwas anders. Hier liest man zwar auch viel Mist, aber ein Merkmal ist vollkommen unbestritten: Beide Generationen haben einen unbedingten Transparenzanspruch. Sie wollen wissen, was sich hinter der Fassade verbirgt. Personalmarketing-Phrasen überzeugen nicht mehr. Matching-Ansätze – allerdings nur gute – helfen Kandidaten oder denjenigen, die überlegen, ob sie überhaupt Kandidaten werden, vorab zu beurteilen, ob das Unternehmen und/oder der Beruf zu ihnen passen könnte.
  4. App-Economy…Man geht heute auf Reisen, ohne vorab die Reiseroute auf der Landkarte ausgekundschaftet zu haben; man hat ja Google Maps dabei. Für alle möglichen Lebensbereiche gibt es diese kleinen digitalen Helferlein. Und diese Entwicklung hat natürlich auch die Berufs- oder Jobfindung nicht ausgespart. Statt sich also durch alle möglichen Stellenanzeigen zu klicken, will man gern nur wenige passende angezeigt bekommen. Statt 100 Kandidaten zum Interview einladen zu müssen, um dann mühsam herauszufinden, ob einer davon passen könnte, wollen die Unternehmen nach Möglichkeit nur noch fünf Kandidaten einladen. Das heißt beide Seiten suchen irgendwie nach automatisierten Vorauswahlhilfen. Der Anspruch (auf beiden Seiten): „Gibt´s da nicht ´ne App für?“
  5. Und schließlich ist da natürlich die technologische Entwicklung, sowohl im eignungsdiagnostischen Assessment, vor allem aber rund um die Möglichkeiten, in großen Datenmengen auch sinnvoll Strukturen erkennen zu können. „Big Data“ eben. Heute können lernende Algorithmen mehr oder weniger intelligent große Mengen an Daten durchforsten, bewerten, sortieren und daraus sinnvolle Vorschläge ableiten – sowohl für suchende Unternehmen als auch (latent) suchende Kandidaten…

Dabei gibt es für mich aktuell drei große Stoßrichtungen im Matching:

  1. Matching durch den Einsatz mehr oder weniger eignungsdiagnostischer Instrumente wie (Selbst-)Tests,
  2. Matching durch den Einsatz von (lernenden) Algorithmen auf Basis von Big Data und/oder semantischen und ontologischen Technologien
  3. Matching durch ein verbessertes Kennenlernen bzw. realistische Einblicke.

Man kann eigentlich alles, was man aktuell im Markt unter der Überschrift Matching zu sehen bekommt, irgendwo in diesem Dreieck einsortieren, wie ich ja auch in meiner Artikelreihe zum „Megatrend Matching“ im Recrutainment Blog aufgezeigt habe.

Was für eine Transformation muss das HR oder Recruiting machen, damit es erfolgreich Matching einsetzen kann?

Das ist eigentlich ganz einfach (und gleichzeitig unglaublich schwierig…): Die Unternehmen müssen sich ehrlich machen. Wenn nicht ganz klar ist, worauf denn gematcht werden soll, dann wird Matching auch nicht gelingen können. Das setzt erstens voraus, dass die Unternehmen – und hier sehe ich eigentlich vor allem HR in der Pflicht – noch besser verstehen, wer sie eigentlich sind, wofür sie stehen und dadurch letztlich auch, was für Mitarbeiter sie eigentlich suchen. Die ganz klare Definition der eigenen Werte und Unternehmenskultur, abseits der blumigen Agenturformulierungen, muss der Anfang sein. Das ist nicht ganz einfach, aber es ist auch nicht unmöglich. Wir haben hierfür z.B. ein Testverfahren zur Messung unternehmenskultureller Merkmale entwickelt. Darauf ließe sich so etwas dann aufbauen.

Zweitens: Ehrlichkeit, und vor allem auch der „Mut zur Ehrlichkeit“. Es hilft niemandem, wenn das Unternehmen entweder alles irgendwie sein will oder sich hinter schönen Phrasen versteckt. Wenn das Unternehmen eine Ellenbogenkultur hat, dann hilft es keinem, wenn man dann auf der Karriere-Website oder in der Stellenanzeige was von Teamkultur schreibt, nur weil das vermeintlich besser klingt. Jedes Matching ist am Ende nur so gut, wie die Schablone Kontur hat…

Kann Matching überhaupt einen Mehrwert darstellen, in einem Arbeitsmarkt der immer umkämpfter wird?

Nun, ich halte gerade die Tatsache, dass viele Arbeitsmärkte – zumindest in Deutschland, Österreich und der Schweiz – umkämpfter geworden sind, für eine DER Ursachen, warum das Thema Matching so stark trendet. Um es mal akademisch auszudrücken: Gutes Matching sorgt ja dafür, dass es weniger Friktionen gibt. Friktionen sind die Ineffizienzen, die bei der Suche nach passendem Kandidaten bzw. der Suche nach dem passenden Job und Arbeitgeber entstehen. Dieser gegenseitige Suchprozess kostet im günstigsten Fall nur Zeit und Energie auf beiden Seiten; im schlimmsten Fall jedoch kostet er sowohl viel Zeit und Energie und gelingt am Ende noch nicht einmal, weil Kandidat, Job und Unternehmen gar nicht zusammen passen – ein Fehler, der leider oft erst im Nachhinein erkannt wird oder sogar gar nicht. Das eine wäre ineffizient, das andere zudem auch noch ineffektiv. Je umkämpfter Arbeitsmärkte sind, desto größer ist die Gefahr von Friktionen. An dieser Stelle wirkt Matching – egal über welche Art von Matching wir sprechen -, weil es beiden Seiten, also suchenden Unternehmen und Kandidaten, dabei hilft, das gegenseitige Suchen und Finden zu verbessern.