Was kann gutes Job- und Skillsmatching eigentlich und wo unterstützt es das HR? Teil 4/10
Nachdem wir uns in den letzten Teilen angeschaut haben, wie gutes Job- und Skillsmatching definiert ist und wie es funktioniert, wollen wir uns nun den konkreten Vorteilen im HR-Alltag zuwenden. Anhand von drei Bereichen möchte ich Ihnen zeigen, wie gutes ontologiebasiertes Matching die Zusammenführung von Job Angebot und Nachfrage erleichtert und somit Jobsuchende wie auch Recruiter und HR Manager unterstützt. Durch die Automatisierung von vielen Prozessen im Human Resource trägt das Matching vor allem zur Effizienzsteigerung bei. Desweiteren erhöht es sowohl auf Seiten der Jobsuchenden, als auch der Arbeitgeber die Transparenz des Bewerbungsablaufes und bietet mehr Chancengleichheit für alle auf dem Arbeitsmarkt. Und schliesslich wollen wir uns ansehen, wie das Job- und Skillsmatching auch enorme Vorteile bei der internen Rekrutierung und Verwaltung von Mitarbeitenden mit sich bringt.
Effizienzsteigerung
Die Erwartung an Personalabteilungen ihre Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und somit Kosten und Zeit einzusparen, steigt stetig. Zudem setzen der gegenwärtige Fachkräftemangel und die zunehmende Sprunghaftigkeit von jungen Arbeitnehmern zusätzlich Druck auf. Der Tagesanzeiger berichtet, dass etwa der Hälfte der Schweizer Firmen geeignete Arbeitskräfte fehlen, und dass sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzt (siehe Hälfte der Firmen fehlen geeignete Arbeitskräfte). Das Sekretariat für Wirtschaft hat mit einer aktuellen Studie, den schweizerischen Fachkräftemangel sogar mit einem Indikatorensystem zur Beurteilung der Fachkräftenachfrage klassifizieren lassen. Das Forbes Magazine berichtet zudem, dass die Generation der Millennials viel häufiger den Job wechseln und so durchschnittlich 15-20 Jobs in ihrem Arbeitsleben haben werden. Das bedingt, dass Arbeitsplätze entsprechend häufiger besetzt werden müssen. Folglich wird der Aufwand im Human Resources in Zukunft vermehrt steigen.
Durch den Fachkräftemangel und die erhöhte Fluktuation bedingt, wird die Rekrutierung nach den perfekt passenden Mitarbeitenden zur richtigen Zeit immer schwieriger – egal ob Voll- oder Teilzeit, Schicht- oder Saisonarbeit. In diesem „War for Talent“ kann Job- und Skillsmatching Abhilfe schaffen. Wer auf den digitalen Support setzt, muss sich nicht vor der Automatisierung, die im Namen der Effizienzsteigerung immer mehr Menschen durch Maschinen ersetzt, fürchten, sondern profitiert von einem entscheidenden Marktvorteil.
Eine ontologiebasierte, semantische Suche nach passenden Bewerbern für eine ausgeschriebene Stelle funktioniert über verschiedene Sprachen hinweg, erkennt unterschiedliche Begrifflichkeiten, gleicht länderübergreifend Ausbildungen ab und führt so ausgeschriebene Stellen mit Kandidaten zusammen. Eine solche Lösung unterstützt das Globalisierungsmanagement, da mit dem gleichen Tool auch international rekrutiert werden kann. So erschliesst das HR nicht nur neue Märkte, sondern dehnt die Suche nach den besten Kandidaten über die Landesgrenzen aus – und das ohne wirklichen Mehraufwand. Einer der zukünftig gewichtigsten Erfolgsfaktoren, damit auch demografischen Gegebenheiten getrotzt werden kann. Zu diesem Schluss kommt auch die Studie „Creating People Advantage“ (auf Englisch) der Boston Consulting Group.
Daneben werden langwierige Auswahlverfahren und Entscheidungen zu einem grossen Teil maschinell übernommen und zu Bewerbungsgesprächen müssen nur noch Bewerber mit passenden Fachkenntnissen eingeladen werden. So können viel grössere Mengen an Bewerbungen mit wenigen Klicks bearbeitet werden. Es liegt auf der Hand, dass sich somit die Effizienz und die Produktivität von HR-Recruiting Abteilungen massiv erhöhen. Wer heute in solche und ähnliche Technologien investiert, kann Rekrutierungskosten langfristig senken und bleibt somit kompetitiv gegenüber Mitbewerbern. Laut Till Lohmann von PwC senken Unternehmen ihre Kosten im HR dank solcher digitalen Lösungen um 20-30% (siehe Die Cloud macht Recruiting effizienter).
Kosten und Zeit werden auch dadurch eingespart, dass Job- und Skillsmatching objektiver Top-Kandidaten für eine offene Stellen auswählt als so mancher HR Manager. Sympathie, Aussehen, Alter etc. kommen im ersten Schritt nicht zum Tragen, sondern nur jobrelevante Kriterien. So steigt die Wahrscheinlichkeit einen wirklich passenden Kandidaten einzustellen. Dies wiederum senkt Rekrutierungskosten, da Stellen weniger häufig wieder neu besetzt werden müssen und besser geeignete Kandidaten tendenziell eine weniger lange Einarbeitungszeit benötigen.
Um die besten Kandidaten anzuziehen, wird es für Firmen zudem immer wichtiger, eine gute Candidate Experience zu bieten. Hier kann eine Effizienzsteigerung auch helfen. Denn die Candidate Experience beinhaltet alle Erfahrungen und Wahrnehmungen, die potentielle Kandidaten im Laufe des Bewerbungsprozesses sammeln – angefangen mit der Rückmeldung zu den Bewerbungsunterlagen. Laut der Candidate Experience Studie 2014 besteht bei vielen Unternehmen Aufholbedarf, da sie schon zu Beginn einen schlechten Eindruck bei den Kandidaten hinterlassen, vor allem durch unnötig komplizierte und lange Bewerbungsprozesse und dadurch, dass Kandidaten wochenlang, zum Teil sogar vergebens auf eine Rückmeldung zu ihren Bewerbungsunterlagen warten. Gutes Job- und Skillsmatching kann diese Prozesse vereinfachen und beschleunigen und schafft so klare Verhältnisse, Transparenz und mehr Zufriedenheit auf dem Arbeitsmarkt.
Transparenz im Bewerbungsprozes
Ontologiebasiertes Matching hat aber nicht nur Potenzial für die Effizienzsteigerung von HR Abteilungen, sondern bietet auch dem Jobsuchenden einige Vorteile. Es ermöglicht zum Beispiel eine (graduelle) Anonymität zwischen Jobsuchenden und Unternehmen. Somit kann Vorurteilen zum Beispiel aufgrund von Äusserlichkeit, Nationalität, Alter oder Geschlecht vorgebeugt werden. Dadurch, dass Arbeitnehmer und –geber sich im ersten Schritt anonym begegnen, sind nur die für einen Job relevanten Kriterien „matchentscheidend“. Auch unbewusste Vorurteile werden durch das ontologiebasierte Matching ausgeschaltet. Die Jobsuche verläuft nicht mehr über traditionelle Stelleninserate oder –postings sondern vielmehr über den Abgleich von Profilen. Laut einer Studie der TU München bewirbt sich zum Beispiel die Mehrheit der Frauen nicht auf eine Stelle für die sie eigentlich geeignet wären, weil ihnen die Sprache und Formulierung eines Inserates unterbewusst nicht zusagt. Das Job- und Skillsmatching umgeht diese Hürde, da es nur mit strukturierten Profilen arbeitet. Auch für Unternehmen hat die Anonymität Vorteile. Z. B. ein gutes Employer-Branding kann sich bei der Suche nach Fachspezialisten ausserhalb der eigentlichen Firmen-Kerntätigkeit zum Nachteil auswirken. Dies ist unter anderem mit ein Grund, warum sich der gesamte Rekrutierungsprozess auch für bekannte und etablierte Unternehmen jeder Grösse immer schwieriger gestaltet.
Interne Rekrutierung
Kommen wir nun zu den Vorteilen für die Rekrutierung innerhalb der eigenen Firma, deren Wichtigkeit oft unterschätzt wird. Trotz aufwändiger Prozesse werden Synergien gar nicht oder nicht ausreichend genutzt und bereits vorhandene Ressourcen, Kompetenzen und Qualifikationen intern kaum effizient ausgeschöpft. Durch gutes Job- und Skillsmatching könnten in einer globalen Organisation so z. B. länderübergreifend die richtigen Mitarbeitenden gefunden werden, um Projekte optimal umzusetzen, die sonst allenfalls mit Freelancern oder externen Partnern realisiert worden wären.
Doch die möglichen Anwendungen und deren Nutzen sind noch wesentlich vielseitiger. Sie haben z. B. im Verkauf einen besonders erfolgreichen Mitarbeitenden oder ein herausragendes Team? Machen Sie mit wenigen Klicks eine (Gap-)Analyse der relevanten Skills und Erfolgsfaktoren und bilden Sie andere Mitarbeitende auf dieser Basis weiter. Bzw. rekrutieren solche mit gleichem Profil im Markt oder stellen weitere ähnliche Teams mit vergleichbaren Skills-Sets zusammen.
Potenzial und Grenzen des Job- und Skillsmatching
Zu gut um wahr zu sein? Der Mehrwert, welcher durch das Job-und Skillsmatching erreicht werden kann, bedingt ein technisches und organisatorisches Umdenken. Viele Jobangebote, wie sie heute auf Jobplattformen und Social Media ausgeschrieben sind, enthalten nicht genügend Information über einen Job, um erkennen zu können, welche Mitarbeitenden ein Unternehmen eigentlich sucht. Der Job-Titel „Executive Manager“ klingt zwar professionell, sagt aber nichts aus über das Arbeitsfeld geschweige denn die Ausbildung oder Erfahrung, die nötig ist, um diesen Job zu bewältigen. Das ontologiebasierte Matching kann mit einer enorm grossen Menge an komplexen Daten umgehen, setzt aber dafür ein Minimum an Information über einen Job voraus. Wie solche Daten zukünftig automatisiert zur Verfügung gestellt werden können, zeigen wir Ihnen mit unserem nächsten Beitrag zum Thema Parsing auf.
Sie sehen Job- und Skillsmatching ist ein sehr effizientes Tool, das einen HR Manager beim Besetzen von Stellen unterstützen und die Jobsuche für Arbeitssuchende erleichtern kann. Denken nimmt es einem jedoch nicht ab. HR Experten brauchen also kein Unbehagen zu verspüren angesichts dieser technischen Innovation. Die Erfahrung und Expertise eines HR Managers verbunden mit der Intelligenz und der Datenbank des ontologiebasierten Matchings ergibt aber dennoch eine unschlagbare Kombination.
Der Beitrag ist Teil meiner Reihe Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten.