Was bedeutet eigentlich Parsing, wo findet es Anwendung und wo liegen die Grenzen? Teil 5/10

Der Ruf nach CV-Parsing wird immer grösser. Fast alle Jobplattformen werben damit, dass Bewerber auf ihrer Seite innert weniger Klicks ihren Traumjob finden und erwecken so bei Jobsuchenden den Eindruck, dass sich die Suche nach der (perfekten) Stelle beinahe im Schlaf erledigt. Einfacher geht es fast nicht: die Kontaktangaben eingeben, den Lebenslauf hochladen, fertig. Nicht zuerst tausend Felder eines Online-Formulars ausfüllen mit Angaben, die man im Lebenslauf und in vielzähligen Netzwerken und Bewerbungen bereits erfasst hat. Schuld an dieser Fehleinschätzung trägt der Mythos des CV-Parsing. Daher möchte ich in diesem Teil meiner Reihe über technologische Trends und Themen im HR gerne den Fragen auf den Grund gehen, was man von CV-Parsing eigentlich erwarten kann und wie es die Zukunft des Recruiting beeinflussen könnte.

Was ist Parsing eigentlich?

Zuerst wollen wir uns einmal anschauen, was ein CV-Parser eigentlich macht. Denn im Rahmen der Werbung von Jobplattformen wird dieser als Wundertool beschrieben, das alle Informationen, wie Erfahrung, Ausbildung und Qualifikationen, aus dem Lebenslauf herauslesen, zusammenfassen und auch richtig interpretieren kann. Eines sei daher vorausgeschickt: Beim CV-Parsing handelt es sich lediglich um das Umwandeln von Lebensläufen in Fliesstext in ein Format, welches vom Computer verarbeitet werden kann. Auch Lebensläufe in Bild oder PDF-Format können über die Integration eines Schrifterkennungsprogramms (OCR) geparst werden. Die weitere Verarbeitung jedoch, wie zum Beispiel das Finden des Traumjobs, ist dann Sache des Matchings. Um die Informationen eines Lebenslaufs richtig in ein strukturiertes Bewerberprofil abzufüllen, muss der Parser eine syntaktische Analyse durchführen, um die wichtigen Elemente, wie zum Beispiel die Fähigkeiten, Arbeitserfahrung, Ausbildung und Kontaktangaben richtig zu erkennen und zu extrahieren. Natürlich kommt Parsing auch noch in anderen Bereichen des HR zum Einsatz: zum Beispiel bei Systemen für die Bewerberverwaltung (sog. ATS) und bei der Erfassung von Stellenanzeigen. Der Parser ist überall da zu finden, wo Daten für automatisierte Prozesse gebraucht werden. Im Folgenden wollen wir uns vor allem den CV-Parser genauer anschauen. Die Erkenntnisse sind aber auch auf die anderen Anwendungsgebiete übertragbar.

parsing

Die wichtigsten Infos aus einem CV herauszugreifen klingt einfach, ist für den Computer jedoch eine höchst komplexe Aufgabe. Denn die menschliche Sprache bietet fast unendlich verschiedene Möglichkeiten eine Sache darzustellen. In unterschiedlichen Kontexten kann das gleiche Wort komplett verschiedene Bedeutungen erlangen. Wenn zum Beispiel vom „Geschäftsführer“ die Rede ist, dann kann es sowohl sein, dass der Verfasser des Lebenslauf selbst Geschäftsführer war, als auch, dass er „dem Geschäftsführer direkt unterstellt“ war. Erfahrungen oder Qualifikationen sind selten stichwortartig genannt, sondern oft nur implizit im Text beschrieben. Daher muss ein CV Kontext durch eine semantische Analyse korrekt interpretieren können. Dazu kommt, dass jeder seinen Lebenslauf gliedert wie er will, denn dieser ist ja ein Spiegelbild der eigenen Persönlichkeit. Mehrere Versuche, die Struktur des Lebenslaufs zu standardisieren, wie zum Beispiel der Europass, sind gescheitert. Ein CV-Parser orientiert sich nämlich an den üblichen Überschriften eines Lebenslaufs, die Aufschluss darüber geben, was für Informationen im folgenden Abschnitt zu finden sind. Das Parsen von Lebensläufen ist daher im Vergleich zu Begleitschreiben oder Stelleninseraten einfach, da letztere noch viel unstrukturierter sind und von viel mehr „noise“ wie Werbung umgeben sind.

Wie gut funktioniert das CV-Parsing von heute?

Gibt man „CV-Parsing“ in Google ein, so finden sich auf der ersten Seite vor allem Werbung von Anbieterfirmen wie Textkernel, Joinvision, Daxtra und Sovren. Dazu kommen noch ein zwei kritische Artikel zum Thema mit Überschriften wie „CV-Parsing: Eine Krücke oder ein Zukunfts-Tool?“. Sucht man noch etwas ausgedehnter, dann fällt einem auf, dass die meisten Artikel zum Thema vor 5 oder mehr Jahren verfasst wurden. Obwohl diese das Potenzial des Parsings für Effizienzsteigerung durchaus erkennen, sind sie dem Parsing wegen seiner vielen Mängel und „Kinderkrankheiten“ meist kritisch gegenüber eingestellt. Nun sind doch schon ein paar Jahre vergangen, doch Berichte -wenn es denn Neue gibt- folgen immer noch einem ähnlichen Schema.

Das zeigt auf der einen Seite, dass es in den letzten Jahren keine massgeblichen Weiterentwicklungen beim Parsing gegeben hat und auf der anderen Seite unterstreicht es die enorme Komplexität, die in der Aufgabe des Parsers steckt, einen Fliesstext in strukturierter Information zusammenzufassen. Jobplattformen lehnen sich also weit aus dem Fenster, wenn sie dem Bewerber versprechen, dass das Hochladen des CV sie in Sekundenschnelle zum Traumjob führt. Das zeigt sich dann auch beim Testen einiger Bewerberplattformen: Die Arbeitserfahrung wird falsch oder erst gar nicht erfasst, da der Parser entweder Mühe hat, die Zeitspanne zu erkennen, während derer man einer Tätigkeit nachgegangen ist, oder den Aufgabenbereich und den Jobtitel richtig herauszulesen. Zudem ist es oft schwierig zwischen Ausbildung und Erfahrung zu unterscheiden (z. B. bei Praktika). Bei einigen Jobplattformen sieht man erst gar nicht, welche Informationen aus dem CV herausgenommen wurden und für die Jobsuche verwendet wurden. Solche Fehler sind umso ärgerlicher, da der Bewerber, die vom Lebenslauf extrahierte Information manuell korrigieren muss. Da braucht man dann auch schnell einmal mehr Zeit, als wenn man das Profil auf einer Jobseite von Anfang an selbständig ausgefüllt hätte. So unterstreicht auch Hermann Arnold, CEO von Umantis, dass „die Zeitersparnis kritisch mit dem Zeitaufwand der manuellen Korrektur abgeglichen werden muss“.

Genauso wichtig ist aber auch, die richtigen Erwartungen beim Benutzer zu wecken. Den Parser als nützliches Tool zur Zeiteinsparung, das aber auf manuelle Hilfe angewiesen ist, zu beschreiben, ist sicher nicht falsch. Ihn aber als Wundertool, das in 5 Sekunden zum Traumjob führt, darzustellen kreiert eine überhöhte Erwartung und verärgert den Bewerber letztendlich, was zu einer schlechten Candidate Experience führt. So weist die Studie, Recruiting Trends 2015 des Jobportals Monster auch darauf hin, dass CV-Parsing immer noch nicht einwandfrei funktioniert. Denn sie hat festgestellt, dass Onlineformularbewerbungen von Arbeitgebern wegen ihrer Standardisierung und der Übersichtlichkeit geliebt, von Bewerbern jedoch wegen des Aufwands gehasst werden. Umgekehrt sieht die Situation bei den Emailbewerbungen aus. Einerseits beleuchtet dieser Gegensatz das enorme Potenzial des CV-Parsing, da es Onlineformularbewerbungen durch automatisches Einfüllen enorm vereinfachen könnte. Jedoch deutet die fortwährende Unbeliebtheit der Online-Bewerbung, darauf hin, dass CV-Parsing von vielen Benutzern immer noch als ungenügsam empfunden wird.

Um Parsing in Zukunft besser nutzen zu können, muss sich also sowohl die Technologie, als auch die Einstellung von Bewerbern weiterentwickeln. Einen passenden Job oder gar den Traumjob zu finden ist schwierig. Zu erwarten, dass mit einem Click alles erledigt ist, ist daher unrealistisch.

Wie könnte Parsing die Zukunft des Recruiting beeinflussen?

Parsing bietet die Grundlage für automatisierte Prozesse im HR, somit reicht der potenzielle Einfluss von Parsing von der Jobsuche über die Bewerberselektion bis hin zum Talentmanagement und vielem mehr. Unter anderem, könnte Parsing helfen, das Recruiting in Zukunft transparenter und chancengleicher zu gestalten. Denn der Parser liest die Fähigkeiten, Erfahrungen und Qualifikationen eines Bewerbers unabhängig von dessen Namen, Geschlecht oder Alter aus dem Lebenslauf heraus. Er kann die Daten so aufbereiten, dass diese Eigenschaften im ersten Moment keine Auswirkung auf den Erfolg oder Misserfolg bei der Bewerbung spielen. Wie wichtig der Schutz vor Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt ist, zeigt die jüngste Entscheidung von David Cameron für die anonyme Bewerbung für Uniabsolventen in Grossbritannien. Mehr zu der produktiven Beziehung zwischen berufsbezogenen Daten und Recruiting in meinem nächsten Beitrag „Können Big (Occupation) Data zukünftig helfen, die richtigen Bewerbenden zu finden? Was wird damit sonst noch möglich?“.

Der Beitrag ist Teil meiner Reihe „Was Sie schon immer über technologische Trends und Themen im HR wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“.

Ontologisches Matching: whatchado verkündet strategische Zusammenarbeit mit JANZZ. Aber was macht denn JANZZ eigentlich?

Von Jo Diercks, Recrutainment Blog. Im Grunde genommen dreht sich im Recrutainment Blog alles um die Frage, wie A (Arbeitgeber) und B (Arbeitnehmer) möglichst gut zueinander finden. Und mit „gut“ ist hierbei gemeint „möglichst gut passend“. Das kann durch die Hinzunahme von eignungsdiagnostischen Test sein – also dem Thema, mit dem wir bei CYQUEST unser Geld verdienen -, das umfasst aber auch alles, was sich um „gutes“ (also die Passgenauigkeit erhöhendes) Personalmarketing dreht.

Will sagen: Hier dreht sich im Endeffekt alles irgendwie um den „Fit“, oder um das Megabuzzword zu bemühen, um „Matching„.

Hierzu hatte ich am Jahresanfang eine Artikelreihe gestartet, die nicht nur dem Zweck dient, sukzessive einige der zahlreichen Startups vorzustellen, die aktuell die HR-Szene wachküsssen bereichern, sondern auch dem Thema Matching so etwas wie eine definitorische Struktur zu geben: Was ist alles Matching? Welche Formen des Matchings lassen sich unterscheiden? usw.

In diesem Kontext ist etwa auch der Gastartikel „Matcher als neue Facette des E-Recruitings: Implikationen für die Candidate Experience“ zu sehen, den Prof. Lars Jansen, Leiter des Masterstudiengangs „Wirtschaftspsychologie Leadership & Management“ an der SRH Fernhochschule, hierzu im Juli im Recrutainment Blog veröffentlichte.

Ich sehe aktuell drei Stoßrichtungen, entlang derer sich das Thema Matching entwickelt:

  • auf Basis eignungsdiagnostischer Befunde,
  • auf Basis von „Kennenlernen und Einblicken“

und

  • auf Basis von Big Data bzw. big data-basierten semantischen und ontologischen Algorithmen
    Arten_von_Matching

Vor ein paar Wochen hatte ich mich ja schon mit Sandra Petschar von Textkernel hierzu unterhalten und auch heute soll es um den drittgenannten Bereich gehen: Das für viele Personaler immer noch etwas mysteriöse Matching auf Basis von – ja man kann es so nennen – künstlicher Intelligenz… Es geht um sog. Ontologien

Ein sehr spannender Anbieter in diesem Bereich ist das Schweizer Unternehmen Janzz. Ich hatte bereits im Frühjahr Gelegenheit, mich im Rahmen eines Skypecalls sehr intensiv mit Janzz-CEO Stefan Winzenried auszutauschen. Seitdem steht eine Vorstellung von Janzz auf meiner Agenda.

Als nun vor ein paar Wochen offiziell wurde, dass whatchado eine strategische Kooperation mit Janzz geschlossen hat, dachte ich mir, dass doch nun spätestens das ein wunderbarer Anlass ist, einmal vorzustellen, was Janzz eigentlich macht…

Dazu hole ich ein wenig aus…

Damit A (Kandidat) und B (Unternehmen) zusammenfinden können, braucht es entweder Glück oder es bedarf gewisser Marktplätze, wo sich Angebot und Nachfrage treffen können. Früher war das die FAZ am Samstag, später waren es dann die zahllosen Jobboards im Web. Deren Problem ist aber zunehmend, dass dort so viele Jobs stehen, dass man sich diese als Nutzer natürlich unmöglich alle ansehen kann, um zu entscheiden, welcher denn für einen in Frage kommt. Je mehr Angebot, desto mehr „Noise“. Es bedarf zunehmend guter Such- und Filtermechanismen, um darin das Passende, das „Signal“ zu finden.

Ein erster Aufschlag ist dabei eine Art Kategorisierung und Suchfunktionen auf Basis von Keywords. Das Problem mit Keywords: Diese sind statisch und vorgegeben.

Ein einfaches Beispiel: Wenn eine Stellenanzeige für einen Job als Tischler mit dem Keyword „Tischler“ versehen ist, dann findet man diesen eben auch nur unter dem Suchbegriff „Tischler“. Was ist aber, wenn der Suchende unter den Schlagwort „Schreiner“ nach einem neuen Job sucht? Genau: Er findet das „Signal“ nicht.

Das ist jetzt natürlich ein sehr einfaches Beispiel, aber wenn man sich einmal überlegt, wie viele mehr oder weniger synonyme Begriffe es allein für Geschäftsführer gibt (Geschäftsleiter, CEO, Managing Director, Generaldirektor usw. usf.), wird deutlich, dass es hier eines Systems bedarf, das diese Synonymität oder zumindest Verwandtschaft (er)kennt.

Überlegt mal, in wie vielen Berufsbezeichnungen heutzutage der Begriff „Manager“ auftaucht. Ich habe mal nach einem „Manager“-Job bei Stepstone gesucht und das ganze auf mein Postleitzahlengebiet +10 km Radius begrenzt. Und? Genau, natürlich helfen einem die gefundenen 2108 Jobangebote genau Null weiter…

Manager_Stepstone

Man braucht also im Prinzip so etwas wie ein lernendes System, das Zusammenhänge, Beziehungen und Verwandtschaften von Begriffen erkennt, die beispielsweise beurteilen können, dass „Tischler“ und „Schreiner“ im Prinzip das gleiche ist, aber möglicherweise regional unterschiedlich häufig verwendet wird. Man braucht eine Art

Thesaurus für Keywords…

Und genau hier kommen sog. Ontologien ins Spiel.

Ontologien in der Informatik sind meist sprachlich gefasste und formal geordnete Darstellungen einer Menge von Begrifflichkeiten und der zwischen ihnen bestehenden Beziehungen in einem bestimmten Gegenstandsbereich.

Soweit die offizielle Definition, wie man sie auf Wikipedia findet. Und Wikipedia liefert dann auch gleich eine Grafik mit, die das ein wenig präzisiert:

ontologien

Auf unseren Fall übertragen heißt dass, dass viele verschiedene Begriffe wie Jobbezeichnungen und Skills so miteinander verknüpft werden, dass deren Beziehungen zueinander abgebildet werden. Das Ganze datenbankbasiert und vor allem lernend.

Es liegt auf der Hand, dass die Komplexität solcher Ontologien für Jobmatching-Zwecke beträchtlich ist, insbesondere dann wenn das auch noch über verschiedene Sprachen hinweg passen und funktionieren soll.

Und genau solche Ontologien entwickelt Janzz.

Janzz

Der Semantic Matching Engine („Janzz.sme“) liegen unheimlich große Ontologien zugrunde, die über Jahre mittels sog. Onotologieeditoren aufgebaut wurden und denen buchstäblich von Menschen das Denken beigebracht wurde. Diese Engine erkennt verschiedene Begrifflichkeiten über verschiedene Sprachen hinweg und gleicht verschiedenste Ausbildungen miteinander ab.

Wenn also – das Beispiel erzählte whatchado CEO Jubin Honarfar zur allgemeinen Erheiterung auf der HR-Edge im September – ein Unternehmen einen „Wildlife Operator“ sucht und sich wundert, dass sich auf diese Stelle keine passenden Kandidaten bewerben, dann war hier im Hintergrund offenbar keine Ontologie am Werk, die erkennt, dass es sich bei einem „Wildlife Operator“ schlicht um einen „Förster“ handelt.

Das könnte am Ende dann auch die Logik hinter der Zusammenarbeit von whatchado und Janzz sein. Der Erfolg von whatchado – Stand heute finden sich exakt 4247 Videos auf der Plattform – dürfte nämlich sukzessive auch zu einem Problem der Plattform werden. Denn viele Video und Lebensgeschichten sind toller Content, aber nur dann für den Nutzer hilfreich, wenn er möglichst zielgenau auch zu den für ihn bestpassenden gelangt, also in zunehmendem „Noise“ auch das „Signal“ findet. Hier könnte es durchaus sein, dass über kurz oder lang das bestehende Matching, welches letztlich momentan vor allem auf Ähnlichkeit bei den Antworten auf die 14 Fragen des whatchado-Matching-Fragebogens basiert, nicht mehr ausreicht.

whatchado_Matching

Algorithmen, die hier Passung erkennen, obwohl diese sich möglicherweise nicht so vordergründig zeigt, können hier sicherlich perspektivisch sehr hilfreich sein…

Uniabgänger – Wie Grossbritannien auf das anonyme Bewerbungsverfahren setzen will.

Wie der Tages-Anzeiger berichtet, will der britische Premierminister David Cameron zukünftig die Bewerbungen von Uni-Absolventen anonymisieren. Die Grossbank HSBC, die BBC, Deloitte und KPMG schliessen sich der Initiative Camerons an. Vor geraumer Zeit hatte er es in einer Rede als beschämend bezeichnet, dass Menschen mit „weiss klingenden“ Namen doppelt so häufig in die engere Auswahl kommen als andere. Er nennt dabei ein konkretes Beispiel eines schwarzen Mädchens, das extra den Namen ändern lassen hat, damit sie zu Jobinterviews eingeladen wurde.

Diskriminierung am Arbeitsmarkt ist leider allgegenwärtig, sei es auf Grund der Herkunft, des Alters, des Namens, der Hauptfarbe, Geschlecht, Aussehen usw. Das Problem ist altbekannt, wie bereits eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gezeigt hat. 54 Prozent erklärten, dass sie bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche schlechter behandelt würden. Dabei leiden laut der Studie besonders Einwanderer aus der Türkei und aus arabisch-muslimischen Staaten unter Diskriminierung. Bei diesen liegt der Anteil, die sich auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sehen, sogar bei 63 Prozent. Die Studie widerlegt aber auch gängige Vorurteile. Die Benachteiligungen lassen sich nämlich nicht durch Merkmale wie Bildung, Erwerbsstatus oder Einkommen begründen. Das Problem ist dabei aber nicht nur in Grossbritannien oder Deutschland bekannt, auch in der Schweiz gibt es genügend Beispiele für die offensichtliche Diskriminierung am Arbeitsmarkt. Das Portal Humanrights.ch zeigt eine Liste von Auszügen aus Studien auf der Website:

Anstellungsdiskriminierung findet sowohl auf der Ebene des Erstkontaktes zwischen Bewerber/in und dem Arbeitgebenden als auch bei der Bewertung und Selektion der Bewerbungen statt. Kommt es schliesslich doch zum Bewerbungsgespräch, so führen trotz gleichwertiger Qualifikationen rassistische Vorurteile dazu, dass Bewerber/innen, die einer Minderheit angehören, die Stelle nicht erhalten. Jugendliche «Secondos» haben in Konkurrenz mit einem jungen Schweizer, der dieselbe Schulbank gedrückt und dieselbe Lehre erfolgreich absolviert hat, weniger Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden.

Trotz den Fakten aus zahlreichen Studien zeigen sich viele Schweizer Firmen und HR-Verantwortliche immer wieder aufs Neue skeptisch gegenüber dem anonymen Bewerbungsverfahren. Der Auszug aus dem Tagi-Artikel zeigt dies deutlich:

«Hierzulande ist die Anonymisierung von Bewerbungen noch kein grosses Thema», sagt Urs Burgunder, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Human Resources Management. Er zeigt sich skeptisch. Spätestens im Bewerbungsgespräch kämen auch jene Fragen auf, die aufgrund der Anonymisierung nicht beantwortet werden konnten.
Ohnehin könne man aus einem Lebenslauf relativ viele Informationen herauslesen, auch wenn biografische Details des Bewerbers fehlten. So sei es ziemlich einfach, anhand der verschiedenen beruflichen Stationen das ungefähre Alter abzuschätzen. «Werden auch diese Informationen anonymisiert, so fehlen mir irgendwann die nötigen Informationen, um eine Auswahl zu treffen», sagt Burgunder.

Eine klare Fehleinschätzung. Das Bewerbungsgespräch ist überhaupt nicht der ausschlaggebende Touch Point. Die diskriminierten Bewerber kommen in den meisten Fällen ja gar nie erst bis zu einem Gespräch, sie sind bereits vorher aussortiert worden teilweise ohne, dass Ihre Unterlagen überhaupt geprüft wurden.
Dabei ist das wichtigste Kriterium für eine engere Auswahl ja sehr simpel. Bringt der Bewerber das gewünschte Können mit? Urs Greuter, Sprecher des Arbeitgeberverbandes, bestätigt im Artikel mit seiner Aussage, dass die Unternehmen eben nicht in erster Linie die Qualifikation berücksichtigen:

Angesichts des sich verstärkenden Fachkräftemangels sollten die Unternehmen bei einer Stellenausschreibung aber die gewünschte Qualifikation klar in den Vordergrund stellen.

Die Frage sei erlaubt: was berücksichtigen die Unternehmen dann, wenn nicht in erster Linie die gewünschte Qualifikation?

Trotz guter Bildung keine Chance

Diskriminierung am Arbeitsmarkt bedeutet, dass auch gut ausgebildete Migranten auf Grund ihrer Herkunft keine Stelle finden, was in Anbetracht des viel diskutierten Fachkräftemangels schockiert. Noch tragischer ist es für junge Menschen, die gar nicht erst eine Chance auf einen Ausbildungsplatz und somit den Einstieg ins Berufsleben haben, obwohl alleine in Deutschland im letzten Jahr über 80‘000 Ausbildungsplätze unbesetzt blieben. Dass es trotz dieser unglaublich hohen Zahl, gleichzeitig junge Migranten ohne Zukunftsperspektive gibt, stimmt einen nachdenklich. Wie sollen die Fachkräfte der Zukunft heranwachsen, wenn Sie keine Chance auf eine Ausbildung haben? Dabei darf auch nicht vergessen werden das Arbeiten mit das wichtigste Integrationskriterium ist. Um solche Missstände zu verhindern, ist das anonyme Bewerbungsverfahren definitiv eine mögliche Lösung.

Anonyme Bewerbungsverfahren

Der Vorstoss von David Cameron ist eine lobenswerte Initiative. Ein Versuch den Arbeitsmarkt fairer zu machen. Und das anonyme Bewerbungsverfahren kann diese Situation verbessern ohne, dass Recruiter auf wichtige Fakten zur Entscheidungsfindung verzichten müssen.  Wird die Bewerbung anonym eingereicht, findet der Entscheid ob ein Kandidat in die engere Auswahl kommt, lediglich auf Grund des Könnens, der Fähigkeiten und Qualifikationen statt. Das sind die einzig wichtigen Faktoren für eine erste Selektion.

Würde in einem zweiten Schritt die Anonymität aufgelöst oder kommt es zu einer Einladung für ein Bewerbungsgespräch, wäre es kaum denkbar dieses auf Grund z.B. der Herkunft einfach wieder abgesagt wird. Dies würde nicht nur die Auswahl geeigneter Bewerber einschränken, sondern auch den Recruiter in Argumentationsschwierigkeiten bringen. Denn vergessen wir nicht, dass eine engere Auswahl ja oftmals bereits intern präsentiert und begründet werden muss.
Für ein solches Bewerbungsverfahren müssen sich, wie im Beispiel von Grossbritannien, Staaten einsetzen, denn sonst wird sich kaum so schnell was ändern. Stellen der öffentlichen Hand müssten aus diesem Grunde ebenfalls mit dem anonymen Bewerbungsverfahren vergeben werden. So kann der Staat selbst auch entgegen wirken, dass die Stellen der öffentlichen Hand chancengleich vergeben werden und mit gutem Beispiel voran gehen.

Wir von JANZZ.jobs haben uns seit Jahren dem Kampf gegen die Diskriminierung am Arbeitsmarkt gewidmet. Deswegen setzt die Plattform auch schon von Beginn an auf ein anonymes Bewerbungsverfahren. Wir sehen den Schlüssel zum Erfolg in einer graduellen Anonymität.

Anonyme Bewerbungsverfahren

Eine graduelle Anonymität, welche schrittweise gegenseitig aufgelöst werden kann, ist der Schlüssel zur Verhinderung von Diskriminierungspraktiken sowie für ein effizientes und exaktes Matching von Wissen und Können, Fähigkeiten und Erfahrungen, von Arbeitssuchenden und Arbeitgeber. Dadurch bringt JANZZ.jobs nicht nur Stellensuchende und Unternehmen effizient zusammen, sondern schützt durch das integrierte Anonymitätsprinzip auch vor Vorurteilen oder heiklen Situationen in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.